
Erneut steht pro familia im Fokus. Kürzlich war die Kooperation mit dem Bistum Würzburg bei der Beratung von Missbrauchsbetroffenen der Anlass. Nun bereitet ein vom Landratsamt Aschaffenburg angefragter Vortrag über Sexualerziehung im Kindergartenalter der dortigen pro familia-Beratungsstelle Ärger.
"Bislang gab es nie Probleme", sagt die betroffene pro familia-Mitarbeiterin. Die Sozial- und Sexualpädagogin hat den Vortrag "Körper, Liebe, Doktorspiele" schon oft gehalten - und wird jetzt heftig in sozialen Medien angegriffen, vor allem beim Nachrichtendienst Twitter. Sie hat Anzeige bei der Polizei erstattet – wegen Diffamierung, Bedrohung, Beleidigung.
Grundlage ihres Vortrags sei die Broschüre "Liebevoll begleiten" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln, sagt die Aschaffenburger pro familia-Beraterin. Es gehe darin um Themen der psychosexuellen Entwicklung von Kindern im Vorschulalter, die bei Erzieherinnen und Erziehern und auch bei Eltern "manchmal Ratlosigkeit und Unsicherheit auslösen".
Die Ankündigung des Vortrags für 20. Juli dagegen löste im Internet üble Beschimpfungen aus. Als "pädophiles Dreckspack" wird pro familia bezeichnet. Die Arbeit der Fachberatungsstelle für Partnerschaft, Schwangerschaft, Familienplanung, Sexualität sei "krank und widerlich". Zudem heißt es: "Und das Landratsamt zieht da mit … da ist alles versifft."
Landratsamt Aschaffenburg löschte Termin-Ankündigung wieder
Das Landratsamt Aschaffenburg habe in der Beratungsstelle "bereits vor Monaten wegen des Vortrags angefragt", sagt die Pädagogin. Dass die Behörde die Ankündigung online nach den Angriffen schnell wieder entfernt, habe sie "zufällig entdeckt". Auf ihre Nachfrage habe sie die Antwort erhalten, die Absage sei wegen der Hetzkampagne zu ihrem Schutz und dem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt erfolgt. Der Vortrag könne im Herbst stattfinden – unter einem neuen Titel.
Die pro familia-Beraterin ist von dieser Lösung "nicht überzeugt". Dadurch werde vermittelt, "die Twitter-Leute haben Recht" und das Landratsamt "ducke sich weg". Statt den Vortrag von der Homepage zu nehmen, hätte sie es für angemessen gehalten, "sich als Auftraggeber hinter die beauftragte Referentin zu stellen".
Sven Simon, Leiter der Pressestelle im Büro des Landrats, versichert auf Nachfrage dieser Redaktion: "Das Landratsamt spricht sich weiterhin für pro familia aus und wird deren bedeutende Arbeit wie auch in der Vergangenheit weiterhin unterstützen."
Das Team der präventiven Jugendhilfe im Geschäftsbereich für Jugend, Familie und Soziales organisiere eine Vielzahl von Bildungsangeboten für Erziehende, sagt Simon. Auch der Vortrag "Körper, Liebe, Doktorspiele" habe in diesem Rahmen stattfinden sollen. "Die Ankündigung wurde allerdings unglücklich formuliert", sagt Simon. "Die Reaktionen in den sozialen Medien lassen erkennen, dass die Formulierung den tatsächlichen Inhalt des Vortrags nicht richtig zu verstehen gibt."
pro familia-Bezirksverband: "Falsche, nicht wissenschaftliche Kommentare" und Diffamierungen
Martina Schneider vom pro familia Bezirksverband Unterfranken zeigt sich "in höchstem Maße irritiert" darüber, "dass falsche, nicht wissenschaftliche Kommentare, Diffamierungen und massive Bedrohungen durch eine Minderheit in sozialen Netzwerken dazu führen können, dass das Recht der Eltern auf Information und Aufklärung in diesem Bereich verwehrt wird".
Aus dem Landratsamt heißt es dazu: "Um einem Vortrag zu diesem wichtigen Thema zu einem besseren Start zu verhelfen, möchte das Landratsamt einen neuen Termin finden und auch treffender kommunizieren."
Bettina S. betont: "Unsere Arbeit ist Kinderschutz!" Es gehe auch darum, sexuellen Übergriffe zu verhindern. Bislang habe es auf Elternabenden in Kitas und Grundschulen und bei Vorträgen durchweg positive Rückmeldungen gegeben. "Wer in dem Titel eines Elternvortrags Pädophilie und Perversion liest, wird dies immer lesen, egal wie der Vortrag heißt und egal welche Schwerpunkte gesetzt werden."
pro familia und Bistum Würzburg: Betroffenenbeirat spricht sich gegen Zusammenarbeit aus
Erst vor wenigen Wochen holte pro familia das Thema "Pädophilie" ein. Der Betroffenenbeirat im Bistum Würzburg sprach sich gegen eine Zusammenarbeit der Würzburger Beratungsstelle mit dem Bistum aus. Der Beirat wirft dem pro familia-Bundesverband vor, er habe sich nicht deutlich genug von bestimmten "Pädophilie-freundlichen Aussagen" aus früheren Jahren distanziert. Daraufhin kündigte Bischof Franz Jung das baldmöglichste Ende der Zusammenarbeit an. Pro familia wehrte sich gegen den Vorwurf, verwies auf eine "klare Distanz zu Organisationen mit pädophilen Ideologien" aus dem Jahr 2016.
Und nun wird in den Twitter-Kommentaren zum angedachten Vortrag in Aschaffenburg pro familia erneut Pädophilie-Nähe vorgeworfen. Zugleich gibt es in den Kommentaren Hinweise auf den Umgang der Partei Die Grünen mit diesem Thema. So sind Filmausschnitte mit entsprechenden Aussagen des Publizisten und Grünen-Politikers Daniel Cohn-Bendit von 1982 verlinkt.
Bettina S. vermutet, dass die Kommentare vor allem von Verschwörungsanhängern stammen. Die pro familia-Beraterin macht das an Formulierungen fest wie: Der Staat greife immer mehr nach den Kindern. "Freu dich auf den Kampf". Es gebe auch direkte Bezüge zu Querdenkern im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen. Ebenso zur Kirche und dem Thema "Kindesmissbrauch".
Die kennen sich damit aus;-)
Dass hier die Eltern, und die Erzieher weitergebildet werden sollen, kommt in dem Artikel nicht deutlich genug raus!
Da steht nichts schlimmes drin. Aber ob man das alles so detailliert wissen muss (z. B. warum das Glied von Säuglingen auch mal steif ist, ob es schlimmist, wenn jungs gerne Kleideranziehen...).....?
Geplant ist keine Sexualkunde für die KiTa-Kinder, sondern eine Info-Veranstaltung für Eltern und ErzieherInnen, die offenbar gelegentlich etwas ratlos sind, wenn Kinder einfach nur (Doktorspiele) spielen.