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Würzburg
Beratung von Missbrauchsbetroffenen: Bistum Würzburg irritiert pro familia mit Ende der Zusammenarbeit
Wegen früherer Positionen zum Thema Pädophilie gab es Kritik an pro familia. Daher kündigte das Bistum an, die Kooperation zu beenden. Die Fachberatungsstelle kann das nicht nachvollziehen.
Das Bistum Würzburg will die Zusammenarbeit mit pro familia beenden. Die Fachberatungsstelle äußert sich dazu und empfindet die Kritik als nicht nachvollziehbar.
Foto: Christine Jeske | Das Bistum Würzburg will die Zusammenarbeit mit pro familia beenden. Die Fachberatungsstelle äußert sich dazu und empfindet die Kritik als nicht nachvollziehbar.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:56 Uhr

Die Würzburger pro familia-Fachberatungsstelle reagiert auf die vom Bistum Würzburg aufgekündigte Zusammenarbeit. Seit gut vier Wochen berät pro familia als kirchenunabhängige Einrichtung Betroffene, die sexuellen Missbrauch durch Mitarbeitende der katholischen Kirche erfahren haben. Damit soll demnächst Schluss sein.

Die Entscheidung stützt das Bistum Würzburg auf ein Votum des Betroffenenbeirats, in dem sich dieser gegen diese Zusammenarbeit mit pro familia ausgesprochen habe. Dies nehme Bischof Franz Jung sehr ernst. Der Beirat stößt sich an alten Anschuldigungen gegen pro familia bezüglich einer "Entkriminalisierung von Pädosexualität".

Laut einer pro familia-Mitteilung von Donnerstag hatte das Bistum bei Vorgesprächen informiert, dass der Betroffenenbeirat über die Kooperation informiert sei. Und dass er ihr zugestimmt habe. Die Kehrtwende des Beirats irritiert Martina Schneider von der Geschäftsführung des pro familia-Bezirksverbands Unterfranken. Ebenso den Sexualpädagogen Hans-Peter Breuner. Der Würzburger pro familia-Mitarbeiter ist einer der Ansprechpartner für Betroffene – nun auf Abruf.

Auf Nachfrage betonen Schneider und Breuner: "Der Betroffenenbeirat hätte sich an uns wenden können." Einem Gespräch mit pro familia werde der Betroffenenbeirat nicht ausweichen, sagt Sprecher Matthias Wimmer. Am ablehnenden Votum würde sich aber nichts ändern.

Betroffenenbeirat Würzburg stimmte zuerst der Zusammenarbeit mit pro familia zu

Wimmer bestätigt, dass der Bischof die Mitglieder des Beirats bei einem Treffen über die Zusammenarbeit mit pro familia in Kenntnis gesetzt hatte. Die Mitglieder hätten von Anfang an Bedenken gehabt, sie aber nicht gleich thematisiert. Erst als Medien vor vier Wochen über die Kritik an dieser Zusammenarbeit berichteten, habe sich Wimmer näher damit befasst.

Die Kritik stammt von Johannes Heibel. Er ist der Vorsitzende der rheinland-pfälzischen, aber bundesweit tätigen Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen.

Matthias Wimmer, Sprecher des Betroffenenbeirats im Bistum Würzburg
Foto: Christine Jeske | Matthias Wimmer, Sprecher des Betroffenenbeirats im Bistum Würzburg

Wimmer und Heibel beziehen sich auf die Pädophilie-Vorwürfe aus den 1970er und 1990er Jahren sowie auf den Handel mit jugendgefährdenden Schriften. Der Betroffenenbeiratssprecher habe zudem auch aus jüngerer Zeit Berichte gefunden, in denen es vom pro familia-Bundesverband keine klare Abgrenzung gegeben habe. Zudem habe er Gespräche mit Johannes Heibel geführt und von ihm weitere Informationen erhalten.

Die Distanzierung des pro familia-Bundesverbands aus dem Jahr 2016, auf die auch die Würzburger Fachberatungsstelle in ihrer Pressemitteilung verweist, genügt Wimmer nicht. Pro familia sei nicht genügend transparent. Deshalb sei es besser, "sich von solchen Leuten zu trennen".

Pro familia-Berater Hans-Peter Breuner kann Kritik nicht nachvollziehen

Matthias Wimmer und Johannes Heibel würden jedoch nicht die Würzburger pro familia-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter kritisieren. "Sie können nichts für die Vergangenheit des Dachverbands", so Heibel.

Diese Zustimmung und gleichzeitige Ablehnung ist für pro familia-Berater Breuner "ambivalent". Das sei nicht nachvollziehbar. "Sie wollen uns nicht diffamieren, aber es fühlt sich sehr danach an." Er fragt sich: "Worauf zielt deren Kritik eigentlich ab?" Und: "Cui bono. Wem nützt diese Aktion?" Sicher nicht erwachsenen Männern, die als Minderjährige sexualisierte Gewalt innerhalb der katholischen Kirche erlitten haben – und für die nun bald ein kirchenunabhängiges Beratungsangebot wegfällt, so Breuner.

Pro familia verweist auf ihr langes Engagement für den Kinderschutz im Raum Würzburg

Die pro familia-Fachberatungsstelle verweist in ihrer Mitteilung auf ihr langes Engagement "für den Kinderschutz im Raum Würzburg in Form von Prävention, Beratung, Therapie und Öffentlichkeitsarbeit". Ebenso darauf, dass sie regional mit anderen Beratungsstellen und Institutionen aus Stadt und Landkreis Würzburg in der "Berufsgruppe gegen sexuelle Gewalt" eng vernetzt sei. "Vor diesem Hintergrund entstand auch die Zusammenarbeit mit dem Bistum, durch die das Beratungsangebot für Betroffene erweitert werden kann und Betroffene die Möglichkeit haben, sich an eine unabhängige Fachstelle zu wenden, um Beratung zu erhalten."

 
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  • BernhardRasche
    Es ist schon spannend. Eine Organisation, die Sonntags „Moral“ gepredigt hat oder predigt, und Montags Sexualstraftäter übelster Provnienz gedeckt hat und dafür gesorgt hart, dass diese Verbrecher weiter ungestört Verbrechen begehen konnten und offensichtlich auch durften, meint Pro Familia abstrafen zu dürfen weil diese was genau gemacht haben? Pro Familia hat zu keinem Zeitpunkt, anders als Kirche, Verbrecher gedeckt oder Verbrechen ermöglicht. Dass Pro Familia für eine Änderung des Strafrechts war und eine falsche Vorstellung von Pädophilie hatte wurde immer offen und öffentlich kommuniziert. Die Zustimmung der Kirche zu Verbrechen, deren Duldung, deren Vertuschung und die Diskreditierung der Opfer war jedoch systemisch, organisationsweit und heimlich. Dass sich hier jetzt für sogenannte „Betroffenenbeirat“, zwei Religionslehrer, dem Votum des Bischofs anschließt macht dagegen deutlich, dass sich dieser Beirat nicht um Betroffene kümmert, sondern um „die Kirche“.
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  • kerstin.celina@gmx.de
    Manchmal ist es einfach so, dass man nicht zueinander kommen kann, und das ist so ein Fall. Ich kann alle Seiten gut verstehen, zurück bleibt eine Situation, für die es aktuell einfach keine Lösung geben kann. Wenn die Betroffenen, die jahrelang nicht angehörten Mißbrauchsopfer, mit "Pro Familia" nicht an einem Tisch sitzen können, ist das zu akzeptieren, da hat die Kirche auch gar keine Wahl, wenn sie hier - endlich - glaubhaft
    aufarbeiten möchte. Das ist auch nicht als Herabwürdigung der Arbeit von "Pro Familia"zu verstehen, deren Aufarbeitung ihrer Positionen zu Pädophilie in dem angesprochenen Gutachten ich für nachvollziehbar und klar halte. Letztendlich bleibt vielleicht der Versuch einer Zusammenarbeit und die Beendigung einer Zusammenarbeit der Instiutionen auf saubere Weise, ohne persönliche Verletzungen, die einzige, aktuell mögliche Lösung. Die Tatsache, wenigstens kurz miteinander gesprochen zu haben, ist am Ende positiv zu sehen, auch wenn man erstmal gescheitert ist.
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  • gowell70@yahoo.de
    Wer will denn heutzutage noch mit dem Bi-stum Würzburg zusammen arbeiten? Seid doch froh, Pro Familia, daß ihr diesen Klotz vom Bein habt!
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