Seit Montagabend nimmt die Rotkreuzklinik in Wertheim keine neuen Patienten mehr auf. Dieser Schritt kommt früher als erwartet, eigentlich sollte die Notaufnahme der insolventen Klinik noch bis 15. Juni vom Rettungsdienst angefahren werden können. Bereits Mitte April hatte sich das Krankenhaus kurzzeitig wegen fehlenden Personals von der Notfallversorgung abgemeldet.
Auch Paul Justice, Geschäftsführer des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in Würzburg, war von der kurzfristigen Bekanntgabe am Montag überrascht. Justice ist auch für die Koordination der Rettungseinsätze in Main-Spessart zuständig und wurde deshalb am Montag vom Chefarzt der Rotkreuzklinik in Wertheim informiert, dass diese ab sofort aus der Notfallversorgung fällt. "Wir hätten natürlich gerne eher von der Schließung gewusst, denn je eher wir das wissen, desto besser können wir planen", sagt Justice.
Bereits vor einigen Wochen hat der Zweckverband ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, welche Auswirkungen die Schließung der Rotkreuzklinik für den südlichen Landkreis Main-Spessart und den westlichen Landkreis Würzburg hätte. Denn für Notfallpatienten aus diesem Raum war das Krankenhaus häufig die erste Anlaufstelle des Rettungsdienstes.
Wege für die Rettungswägen werden deutlich länger
Das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement in München hat deshalb eine Simulation erstellt. Diese soll laut Justice zeigen, wie viel länger die Rettungswägen nun unterwegs sind, wenn sie statt nach Wertheim nach Würzburg oder Lohr fahren müssen. Außerdem soll geklärt werden, wie lange die Fahrzeuge durch den weiteren Weg "gebunden" sind, also für weitere Einsätze nicht zur Verfügung stehen, da zum Beispiel auch der Rückweg länger als vorher dauert.
"Wenn ein Wagen fehlt, weil er statt nach Wertheim nach Würzburg fährt, muss der nächste Wagen von woanders kommen", erklärt Justice. Die Kernfrage laute also: "Brauchen wir einen zweiten Rettungswagen in diesem Raum, um die gesetzlichen Hilfsfristen einhalten zu können?", so Justice.
Die Ergebnisse der Simulation werden noch in dieser Woche erwartet. Sollte das Gutachten zu einem weiteren Wagen raten, müsse man natürlich auch weiteres Personal einstellen. "Notfallsanitäter zu bekommen, ist die große Schwierigkeit", sagt Justice. Man sei hier aber bereits in Gesprächen mit dem Bayerischen Roten Kreuz in Main-Spessart.
Klinikum Main-Spessart hat sich personell verstärkt
Auch das Klinikum Main-Spessart in Lohr stellt sich seit Bekanntwerden der Insolvenz auf mehr Patienten ein. Die Notfallversorgung sei personell verstärkt worden, auch über ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Rotkreuzklinik, erklärt Kliniksprecherin Lisa Schmitt. "Die restlichen Kapazitäten sind bereits vorher in der Lage gewesen, einem erhöhten Aufkommen Stand zu halten", so Schmitt. Generell erwarte man in Lohr eine Zunahme im stationären, vor allem aber im ambulanten Bereich.
Mitarbeitende aus fast allen Bereichen aus Wertheim sind laut Schmitt in Lohr neu eingestellt worden, unter anderem auch hoch qualifizierte Spezialisten. Viele Beschäftigte hatten dort bereits vor Monaten wegen der unsicheren Zukunft des Krankenhauses gekündigt.
Im Juli soll aus dem Krankenhaus eine Fachklinik werden
Doch nicht nur Notfall-Behandlungen, auch geplante Eingriffe finden ab sofort nicht mehr in Wertheim statt. Kann dieser Wegfall durch Lohr kompensiert werden? Schmitt bejaht dies. "Dieser sogenannte elektive Bereich war in der Rotkreuzklinik so dimensioniert, dass das Klinikum Main-Spessart die Eingriffe zumeist wird auffangen können", erklärt die Sprecherin. Vereinzelt könne es dabei zu Wartezeiten kommen.
Mitte April sind die Verhandlungen der Stadt Wertheim mit dem insolventen Träger, der Rotkreuzschwesternschaft in München, gescheitert. Zum 1. Juli soll aus dem Krankenhaus eine Fachklinik für Amputationsnachsorge werden. Wie unter diesem Konzept in Zukunft eine Notfallversorgung aussehen könnte, ist noch offen.