Bei den Mitarbeitenden waren die Reaktionen auf die Nachricht, dass die insolvente Rotkreuzklinik in eine Fachklinik für Amputationsmedizin umgewandelt wird, am Donnerstag gemischt. Es seien "Seufzer der Erleichterung, aber auch der Enttäuschung" zu hören gewesen, berichtet die Betriebsratsvorsitzende Birgit Väth. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters mache sicherlich nicht alle glücklich, so Väth.
Der Großteil, inklusive sie selbst, habe auf eine Trägerschaft durch die Stadt Wertheim und damit den Erhalt der Grund- und Regelversorgung gehofft. Dennoch zähle für sie die Tatsache, dass es überhaupt Zukunft für die Klinik gibt. "Ich bin froh, dass es hier weitergeht", sagt sie. Als Datum für die Umwandlung werde der 1. Juli angestrebt, der Übergang soll fließend sein.
Alle Mitarbeitenden sollen ein Angebot zur Übernahme erhalten
Alle Beschäftigten der Klinik sollen auch für die neue Fachklinik ein Angebot bekommen, sagte Insolvenzverwalter Dr. Mark Boddenberg am Donnerstag in der Betriebsversammlung. Ob sie dieses annehmen, müsse jeder selbst entscheiden, so Birgit Väth. Natürlich könne es für spezialisiertes Personal wie eine Intensiv-Krankenschwester weniger attraktiv sein, als "normale" Pflegekraft zu arbeiten. Doch Faktoren wie den Arbeitsplatz vor Ort in einer gewohnten Umgebung behalten zu können, seien auch wichtig, findet Väth. Entscheidend sei jetzt, dass Klarheit über die Zukunft der Klinik besteht, sodass nicht noch mehr Mitarbeiter aus Unsicherheit kündigen oder sich zumindest extern bewerben würden.
Auch was die Notfallversorgung betrifft, ist Väth optimistisch. Der Investor, Dr. Josef Oswald, hat Bereitschaft signalisiert, die Notfallmedizin aufrecht zu erhalten, wenn auch in abgespeckter Form. Diese zu garantieren sei auch nicht Oswalds Aufgabe, sondern die des Landkreises, erklärt Väth. Für den Kreis sei das in einer bestehenden Klinik jedoch deutlich einfacher umzusetzen, als wenn es gar kein Krankenhaus mehr gäbe.
Landkreis Main-Tauber will sich für Erhalt der Notfallversorgung in Wertheim einsetzen
Der Landkreis Main-Tauber hat bereits am Donnerstag ein klares Bekenntnis abgegeben, auch mit einer Fachklinik die Notfallversorgung aufrecht erhalten zu wollen. "Wir sind bislang davon ausgegangen, dass der Stadt Wertheim die Rekommunalisierung ihres früheren städtischen Krankenhauses gelingen wird", heißt es in einem Statement des Landrats Christoph Schauder. Der Landkreis hatte Unterstützung durch die Gesundheitsholding Tauberfranken, an der er als Gesellschafter beteiligt ist, angeboten.
"Wenn es nun zur Fachklinik-Lösung kommen sollte, dann ist der klare Wunsch des Landkreises und von mir persönlich, dass es in der Region Wertheim dennoch auch zukünftig eine angemessene Notfallversorgung geben wird", wird Schauder zitiert. Das Kooperationsangebot mit der Gesundheitsholding Tauberfranken gelte deshalb auch für den Betreiber der Fachklinik.
Dr. Christina Gläser: "Katastrophe für Wertheim und Umgebung"
Die Wertheimer Allgemeinärztin Dr. Christina Gläser bezeichnet die Entscheidung für die Fachklinik als eine "Katastrophe für Wertheim und die Umgebung". Mit einem Aktionsbündnis hatte sich die Wertheimer Ärzteschaft für den Erhalt des Hauses als Grund- und Regelversorger eingesetzt und konkrete Unterstützung angeboten. Angesichts des großen Engagements ist Gläser "maximal enttäuscht", dass es jetzt nicht klappt.
Wie eine Notfallversorgung in einer Fachklinik aussehen soll, so wie es sich der Landkreis wünscht, kann die Ärztin sich noch nicht vorstellen. "So etwas gibt es eigentlich nicht in unserem Gesundheitssystem", sagt sie. Klar sei, dass die Rettungswagen mit Fachpersonal das Krankenhaus nicht mehr anfahren werden, sondern über die Leitstelle direkt an ein anderes – weit entferntes – Haus verwiesen werden.
Ob jemand, der am Wochenende mit einem eitrigen Finger nicht weiterwisse, in die Klinik kommen könne und von dort behandelt oder weitergeschickt werde, müsse sich zeigen. Die Wertheimer Ärzteschaft sei jedenfalls weiter bereit, Unterstützung für die Versorgung der Bevölkerung zu leisten, auch mit einer Fachklinik.