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LOHR
Rexroth streicht Hunderte Stellen, allein 250 in Lohr
Am Donnerstag war die Belegschaft der Bosch Rexroth AG zur Versammlung in die Spessarttorhalle eingeladen.
Foto: Björn Kohlhepp | Am Donnerstag war die Belegschaft der Bosch Rexroth AG zur Versammlung in die Spessarttorhalle eingeladen.
Björn Kohlhepp
 und  Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:06 Uhr

Die Bosch Rexroth AG mit Stammsitz in Lohr (Lkr. Main-Spessart) streicht als Reaktion auf anhaltend schwache Absatzzahlen 500 Arbeitsplätze in der Sparte Industriehydraulik.
250 Stellen entfallen bis Ende 2018 allein in Lohr. Der 100 Mitarbeiter zählende Produktionsstandort in Fellbach bei Stuttgart soll bis Ende 2017 komplett aufgelöst werden. Ein ähnliches Schicksal droht bis Ende 2018 dem Werk im hessischen Ober-Ramstadt, wo Rexroth 150 Menschen beschäftigt.

Die Abbaupläne verkündete das Unternehmen am Donnerstag gegenüber Mitarbeitern und der Öffentlichkeit. Zuvor hatte es bereits länger Spekulationen gegeben.
Der Betriebsrat des Unternehmens hatte sich erst am Montag unzufrieden darüber geäußert, nicht in die Umstrukturierungspläne involviert zu sein. Standortsprecher König erklärte jedoch gegenüber der Presse, dass man aus Sicht des Unternehmens eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeite. Allerdings wurde der Beriebsrat erst am Mittwoch über die am Donnerstag verkündeten Abbaupläne informiert. Das Konzept der Umstrukturierung sei allerdings auch erst Anfang der Woche von der Bosch-Konzernspitze in Stuttgart abgesegnet worden.
Er habe das Gefühl, so Standortsprecher Thomas König, dass die Rexroth-Mitarbeiter einsehen und erwarten, dass etwas passieren müsse. Wettbewerber im Markt hätten bereits deutlich früher mit Stellenstreichungen reagiert.

Schweinfurt und Augsfeld nicht betroffen

Am Stammsitz in Lohr arbeiten aktuell rund 5300 Menschen für den Spezialisten für Antriebe und Steuerungen, in Unterfranken zählt er rund 7100 Mitarbeiter. Die beiden weiteren unterfränkischen Standorte in Schweinfurt und Augsfeld sind vom aktuellen Abbau jedoch nicht betroffen.
Mit dem Stellenabbau reagiert das Unternehmen auf eine anhaltende Marktflaute.

Markt für Industriehydraulik in drei Jahren um elf Prozent gesunken

In den vergangenen drei Jahren sei das Marktvolumen der Industriehydraulik um elf Prozent gesunken, erklärte der Standortsprecher Thomas König am Donnerstag gegenüber der Presse.
Vor allem die Märkte in China, Brasilien und Russland schwächelten. Drastisch gesunkene Rohstoffpreise hätten überdies dazu geführt, dass in Branchen wie der Ölförderung oder im Bergbau weltweit derzeit kaum investiert werde.

Auch Brexit und Trump tragen offenbar zu vorsichtiger Marktbeurteilung bei

Auch Unwägbarkeiten wie der bevorstehende Brexit oder die Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump tragen offenbar dazu bei, dass man bei Rexroth auf Jahren hinaus mit Stagnation rechnet. Vor dem Hintergrund solcher Unwägbarkeiten erklärte Standortsprecher Thomas König auf Nachfrage, dass niemand eine Garantie geben könne, dass es sich bei der nun vorgestellten Umstrukturierung um die letzte handle.

1200 Mitarbeiter bei erster Versammlung in Spessarttorhalle

Am Donnerstag um 11 Uhr war die Belegschaft der Bosch Rexroth AG zur ersten Versammlung in die Spessarttorhalle eingeladen. Rund 1200 Rexroth-Mitarbeiter bildeten um kurz vor 11 Uhr eine lange Schlange vor der Spessarttorhalle. Vorstandsmitglied Steffen Haack erläuterte der gespannten Belegschaft die aktuellen Zahlen und Pläne. An die etwa einstündige Präsentation schloss sich eine etwa ebenso lange Fragerunde an.
Im Laufe des Tages folgten weitere Informationsveranstaltungen für die Spätschicht.

Unterschiedliche Schilderungen zur Stimmung

Einer der ersten Rexröther, der bei der Morgenveranstaltung für eine Zigarettenpause vor die Tür trat, sagte: "Die Stimmung ist bedrückt. Das ist klar, wenn zwei Werke geschlossen werden sollen. Aber wir in Lohr sind noch mal glimpflich davon gekommen." Andere meinten auf die Frage nach der Stimmung: "Es geht", wieder andere: "Nicht so gut". Die Mitarbeiter sind offensichtlich erleichtert, dass es in Lohr wieder keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll. Für die Standorte in Fellbach und Ober-Ramstadt peilt Rexroth das Gleiche an. Da dort die Produktionen jeweils komplett aufgelöst werden sollen, könne man betriebsbedingte Kündigungen jedoch nicht ausschließen, sagte Thomas König, der für den Bereich Industrieanwendungen zuständigen kaufmännischen Leiter und Standortsprecher für Lohr, gegenüber der Presse.

Die bisher in Fellbach und Ober-Ramstadt angesiedelte Produktion soll laut König in kostengünstigere bestehende Rexroth-Werke nach Rumänien und Indien verlagert werden. Dort müssten teilweise neue Kapazitäten aufgebaut werden, um die zusätzliche Arbeit bewältigen zu können.

Nach der Versammlung in der Spessarttorhalle diskutierten kleine Grüppchen von Mitarbeitern vor der Halle, was die Schließung der beiden Werke für ihre jeweilige Abteilung bedeutet. Manche rechnen offenbar damit, dass zumindest ein Teil der Fertigung nach Lohr verlagert wird. In abteilungsinternen Versammlungen hinterher waren die aktuellen Informationen ebenfalls noch einmal Thema.

Die wichtigste Frage, so berichtete ein Mitarbeiter, war für ihn, wie Bosch aktuell mit seiner Tochter Rexroth zufrieden ist. Bisher sei man ja immer als "rote Laterne" gesehen worden, aber jetzt habe es geheißen, dass Bosch zufrieden mit Rexroth sei.

Betriebsratsvorsitzender Klaus Friedrich war nach der ersten Veranstaltung gegenüber der Presse nicht zu einem Statement bereit. Die Arbeitnehmervertreter hatten im Vorfeld beklagt, nicht über die Abbaupläne im Bilde gewesen zu sein. In der Tat hatte das Unternehmen die Betriebsräte es kurzfristig informiert.

Schon in den vergangenen Jahren mehrfach größerer Stellenabbau

In den vergangenen Jahren hat es bei Rexroth schon mehrfach Umstrukturierungen gegeben. Erst im vergangenen Jahr wurden 590 Stellen im Bereich Mobilhydraulik gestrichen, wobon rund 145 Stellen auf die Rexroth-Gießereiin Lohr entfallen. Im Jahr 2015 hatte das Unternehmen für insgesamt sechs deutsche Standorte den Abbau von 1150 Stellenverkündet. Der Betriebsrat hatte vor wenigen Tagen noch deutlich gemacht, dass er für einen neuerlichen Stellenabbau kein Verständnis hätte. Schließlich habe das Unternehmen vor nicht allzu langer Zeit noch verkündet, dass nach den diversen Umstrukturierungen der "Anzug" nun passe.

Ziel: Keine betriebsbedingten Kündigungen, stattdessen Abfindungen, Altersteilzeit und Fluktuation

Der nun angekündigte Stellenabbau soll laut Standortsprecher König sozialverträglich erfolgen. Für den Standort Lohr gehe man davon aus, die Streichung der 250 Stellen ohne betriebsbedingte Kündigungen hinzubekommen. Es gebe Möglichkeiten der Altersteilzeit ebenso wie von Abfindungen oder Versetzungen. Auch über die natürliche Fluktuation könne ein Teil der Stellen abgebaut werden. Für die Standorte Fellbach und Ober-Ramstadt könne man betriebsbedingte Kündigungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht generell ausschließen, so König. In Fellbach jedoch könne man womöglich etliche Mitarbeiter an andere Bosch-Standorte im Raum Stuttgart vermitteln. Schnellstmöglich wolle man nun in Verhandlungen mit dem Betriebsrat zur konkreten Ausgestaltung des Abbaus, zu einem Interessensausgleuch und zu einem Sozialplan treten, so König.

 
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  • Erding
    Die Entscheidung der Bosch Konzernspitze Stuttgart zeigt doch wieder sehr eindrucksvoll, dass in Deutschland selbst für den Wohlstand kaum noch gearbeitet wird, wir (oder die "da oben") verwalten nur noch die billigen Reimporte unserer eigenen Industrie im Ausland. Richtig. Und doch falsch. Sie wissen, wie ich das meine. Darum gibt es die "von unten" nach "oben" gerichteten und begründeten Forderungen auch "dort oben" Stellen zu streichen. Und auf der anderen Seite wieder "kreativ" zu werden und "die Kurve" wieder zu kriegen, zum "wir schaffen das!"und die Bezeichnung "Manager " zu recht zu tragen.
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  • Erding
    Dann lese ich, dass zwei Standorte aufgegeben werden und die Produktion nach Rumänien und Indien verlagert werden sollen. Dort müssen zudem teilweise neue Kapazitäten aufgebaut werden, um zusätzliche Arbeit bewältigen zu können." Eine zweite kritische Anmerkung: und dafür gibt es noch Subventionen! Ich verstehe jetzt den Begriff "kostengünstig". Wer trägt die Transportkosten genauer die Bereitstellung der Infrastruktur wie Straßen, Brücken usw. Wie sieht es mit der Umweltverschmutzung und der Verschwendung von wichtigen Resourcen (Öl) aus. Durch Deutschland ziehen kreuz und quer, Tag und Nacht riesige Kolonnen von LKWs. Was bringt die Maut? Wer zahlt Maut? Es fiel der Name des neuen amerikanischen Präsidenten Trump. Richtig? Er hat ein Bild gemalt vom verarmendenden amerikanischen Mittelstand und den stillgelegten Fabrikgebäuden u. ä. Wir wissen, dafür gab und gibt es Proteste. Richtig?
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