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Retzbach
Reaktionen auf Asylbewerber-Unterkunft in Benediktushöhe: Zellinger Bürgermeister hätte sich andere Nutzung erhofft
Geflüchtete sollen in das ehemalige Tagungshaus ziehen. Die Diözese wurde mehrfach dafür kritisiert, dass sie dafür Geld nimmt. Wie reagiert sie auf diesen Vorwurf?
Weiterhin will die Diözese die Benediktushöhe verkaufen. Übergangsweise sollen in den Nebengebäuden Geflüchtete einziehen. 
Foto: Archivbild: Markus Rill | Weiterhin will die Diözese die Benediktushöhe verkaufen. Übergangsweise sollen in den Nebengebäuden Geflüchtete einziehen. 
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:07 Uhr

Von der Ankündigung, dass in der ehemaligen Bildungsstätte Benediktushöhe in Retzbach temporär Asylbewerberinnen und Asylbewerber einziehen sollen, ist Bürgermeister Stefan Wohlfahrt (CSU) nicht gerade begeistert: "Es ist kein Geheimnis, dass sich der Markt Zellingen eine andere Nutzung vorgestellt hat." Wohlfart hat eine Verwendung im Sinn, "die dem Tourismus Rechnung trägt". Das könnte beispielsweise ein Restaurant, eine Jugendherberge, ein Hotel oder wieder ein Tagungshaus sein. 

Die Benediktushöhe befinde sich in einer "sehr markanten Lage", so Wohlfart. "Es ist ein tolles Gebäude, das mit Sicherheit als Flüchtlingsunterkunft nicht richtig zur Geltung kommt." Die frühere Bildungsstätte gehört der Diözese Würzburg. Trotz der übergangsweisen Vermietung als Gemeinschaftsunterkunft will die Diözese die Benediktushöhe weiterhin verkaufen; Details dazu sind noch nicht bekannt. Für die Unterbringung von Geflüchteten sind vorerst nur das Edith-Stein-Haus und das ehemalige Hausmeisterhaus vorgesehen, das Hauptgebäude nicht. 

30 Personen seien "eine noch verträgliche Zahl"

Bürgermeister Wohlfart kritisiert die Kommunikation der Kirche: "Die Diözese hat sich bis heute nicht gemeldet, um die weitere Verkaufsstrategie in irgendeiner Form abzustimmen." Ursprünglich habe es geheißen, die Kommune werde bei allen Entwicklungen eingebunden. Auch über die Vermietung habe er nicht von der Diözese erfahren. "Freundlicherweise hat mich die Regierung informiert, dass die Diözese unterschrieben hat."

Den Einzug von Geflüchteten sieht Wohlfart auch als "logistische Herausforderung" für die Gemeinde. Die vorgesehenen 30 Personen seien "eine noch verträgliche Zahl". Trotzdem kommt aus seiner Sicht Arbeit auf die Verwaltung zu. Wenn in der Unterkunft beispielsweise Familien einziehen sollten, müssten deren Kinder auch in Grundschule und Kindergarten integriert werden. "Wir sind belegungsmäßig am Anschlag."

Noch unklar, wer in die Benediktushöhe einziehen wird 

Der Bürgermeister zeigt sich zuversichtlich, dass die Gemeinde das stemmen wird. Für ihn sind jedoch noch einige Fragen offen, zum Beispiel wer genau in der Benediktushöhe einziehen wird. Junge Männer, alleinerziehende Frauen oder Familien? "Jede Altersstruktur hat eigene Anfordernisse". Ihm sei noch nicht mitgeteilt worden, wo die Reise hingeht.

Zuerst müssen ohnehin noch Bauarbeiten an den Nebengebäuden der Benediktushöhe erledigt werden. Das berichtet der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken Johannes Hardenacke auf Anfrage dieser Redaktion. Vor dem zweiten Quartal dieses Jahres werden dort also keine Geflüchteten einziehen.

Regierung von Unterfranken: "Moderate" Zahl an Geflüchteten in Retzbach

Welche Asylsuchenden dann zur Verteilung anstehen, könne er im Moment noch nicht sagen, so Hardenacke. Zurzeit kämen diese vornehmlich aus Afghanistan und Syrien. "Wie die Situation ist Anfang April oder im Mai, weiß ich nicht." Das entscheide sich kurzfristig. Die Erstaufnahme von Geflüchteten erfolgt in Unterfranken lediglich in der Anker-Einrichtung in Geldersheim/Niederwern (Lkr. Schweinfurt), von dort aus werden die Menschen dann weiter verteilt.

Zuständig für die Verwaltung der Einrichtung in Retzbach und die Unterbringung der Geflüchteten wird die Regierung sein. Die Flüchtlings- und Integrationsberatung übernimmt der Caritasverband Main-Spessart. "Dass das für jede Kommune eine Herausforderung ist, ist klar", sagt Hardenacke. Im Vergleich zu anderen Gemeinschaftsunterkünften sei die geplante in Retzbach jedoch "moderat" in ihrem Umfang. "Wir sind auf alles angewiesen, was wir im Moment an Liegenschaften bekommen, um die Flüchtlingsunterbringung zu stemmen."

Bistum tritt Kritik entgegen: Diözese engagiert sich vielfach im Bereich Migration

Generell ruft die Unterbringung von Geflüchteten in Retzbach reichlich Reaktionen hervor. In den Kommentaren auf mainpost.de wird mehrfach kritisiert, dass das Bistum die Räumlichkeiten gegen Geld zur Verfügung stellt. Ein Nutzer schreibt beispielsweise: "Barmherzigkeit predigen und den Geldsack aufhalten, typisch Kirche." Bistumssprecher Bernhard Schweßinger hält auf Nachfrage mit deutlichen Worten dagegen: "Die Diözese Würzburg und ihre Caritas engagieren sich vielfach auch im Bereich der Migration, der Begleitung und Betreuung von Menschen mit Fluchterfahrung. Die Kirche tut das mit hohen finanziellen Eigenmitteln sowie auch mit ihren personellen Ressourcen."

Die Diözese erhalte nun – wie jeder andere, der ein solches Objekt für die besondere Situation zur Verfügung stellt – ein Entgelt. Dieses dient dazu, den Unterhalt und damit die Funktionsfähigkeit des Hauses zu sichern, inklusive der dafür erforderlichen Personalkosten, so Schweßinger.  "Die Kritik ist deshalb nicht sachgerecht, nicht nachvollziehbar und unfair." Geschlossen hat die Diözese das Bildungshaus Benediktushöhe wegen "nicht mehr tragbarer Unterhaltskosten".

 
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