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Wiesenfeld
Quälendes Warten im Mordfall Sabine Back: Gericht überlegt seit 15 Monaten, ob es einen Prozess geben wird
Die Familie der Toten und ein Tatverdächtiger warten auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg. Kann der Mord von Wiesenfeld nach 30 Jahren noch aufgeklärt werden?
Seit Jahren sucht die Polizei nach neuen Hinweisen zum Mord an Sabine Back. Bringt jetzt ein Prozess Klarheit – oder wird die Akte unerledigt geschlossen?
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Seit Jahren sucht die Polizei nach neuen Hinweisen zum Mord an Sabine Back. Bringt jetzt ein Prozess Klarheit – oder wird die Akte unerledigt geschlossen?
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 18.08.2023 03:55 Uhr

Seit 15 Monaten ist die Familie der ermordeten Sabine Back zu quälendem Warten verdammt. Auch der seit Jahren am Pranger stehende Tatverdächtige E. lebt mit der Ungewissheit und dem Zweifel: Muss er nach drei Jahrzehnten für den Mord an der 13-jährigen Sabine, die er gut kannte, doch auf die Anklagebank? Ob ein Prozess in Würzburg stattfindet, entscheidet das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg – und das lässt sich inzwischen schon mehr als 400 Tage Zeit mit der Entscheidung.

Wer tötete Sabine im Pferdestall?

Drei Jahrzehnte sind vergangen, seit ein Mörder im Dezember 1993 in Wiesenfeld (Lkr. Main-Spessart) die 13-jährige Sabine Back in einem Pferdestall brutal misshandelte, tötete und heimlich in einer Klärgrube versteckte. Nach zwei Tagen wurde die Leiche auf dem Aussiedlerhof gefunden.

Der Fall liegt wie ein Fluch über dem Ort. Wer Wiesenfeld erwähnt, denkt sofort an den ungelösten Fall, der in der Vergangenheit so viel Aufsehen erregte. Seit fast zwei Jahren gibt es eine Anklage der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen Mordes gegen E., der früher hier wohnte.

Aber das Landgericht hat im Mai 2022 die Eröffnung eines Prozesses abgelehnt: Die Beweisdecke sei zu dünn, befand man. Doch Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach vertraut den Ergebnissen seiner Ermittler und kämpft darum, mit dem Fall vor Gericht zu gehen – fast 30 Jahre, nachdem ein anderer Verdächtiger in Würzburg mangels Beweisen freigesprochen worden war.

Kein Ende absehbar

Deshalb hat das Oberlandesgericht Bamberg jetzt die Aufgabe des Schiedsrichters – und quält sich damit. Die Redaktion fragte immer wieder an – und erhielt vorige Woche die gleiche Antwort wie schon so oft zuvor: "Eine Entscheidung des Strafsenats des Oberlandesgerichts Bamberg ist nach wie vor nicht ergangen", muss Pressesprecher Sebastian Fickert antworten. "Der Strafsenat kann auch weiterhin nicht abschätzen, wann es zu einer Entscheidung kommen wird."

Als der Fall im Mai 2022 in Bamberg vorgelegt wurde, wurde unverbindlich mit einer Entscheidung "vielleicht bis Oktober" gerechnet. "Naja, die Bamberger haben ja nicht gesagt, im Oktober welches Jahres", heißt es inzwischen mit gequältem Lächeln in Würzburg.

Zur richterlichen Unabhängigkeit gehört, dass sich die Justiz nicht drängen lässt – auch wenn unklar ist, warum sie im Fall Sabine Back so lange für eine Entscheidung braucht. Mal ist inoffiziell von einem zwischenzeitlich erkrankten Mitglied des Gremiums die Rede, mal von einer Pattsituation der juristischen Argumente für oder wider einen Mordprozess.

Warum dauert die Entscheidung so lange?

Expertinnen und Experten, die den Fall kennen, versichern hinter vorgehaltener Hand: Das Landgericht Würzburg um den erfahrenen Vorsitzenden Michael Schaller habe fundiert begründet, warum ihm die Ermittlungsergebnisse für eine Verhandlung zu dünn erschienen. 

Andererseits fanden die Ermittler im Auftrag von Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach neue Hinweise, die bei einem ersten Prozess 1994 noch nicht vorlagen: DNA-Spuren des zur Tatzeit 17-jährigen Verdächtigen an der Unterwäsche der 13-Jährigen – obwohl er beteuert, nie mit ihr sexuellen Kontakt gehabt zu haben. 

Dazu kommen laut Zeugen merkwürdige Äußerungen von ihm, die man als eine Art – später zurückgenommenes – Geständnis interpretieren könnte. Und er kannte sich am Tatort gut genug aus, um zu wissen, wo sich eine Leiche verstecken lässt.

Was die Betroffenen von der langen Wartezeit halten

Sabine Backs Familie äußert sich öffentlich nicht. Deren Anwalt Jan Paulsen sagt auf Anfrage: "Auch wenn es um eine schwierige Entscheidung geht, kann ich – vor allem vor dem Hintergrund, wie belastend die Situation für meine Mandanten ist – die Dauer des Verfahrens vor dem OLG nicht mehr nachvollziehen."

Ähnlich sieht es der Würzburger Rechtsanwalt Hanjo Schrepfer: "Als Verteidiger des Beschuldigten halte ich den aktuellen Verfahrensstand für sämtliche Verfahrensbeteiligte für unzumutbar", sagt er auf Anfrage. "Die Ungewissheit über das weitere Verfahren ist sowohl für den Beschuldigten als auch die Hinterbliebenen des Opfers eine nervliche Zerreißprobe." Im Sinne eines funktionierenden Rechtsstaats "erwarte ich nun zeitnah eine Entscheidung des OLG".

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  • Thorsten Walter
    Aha, darf Sex mit einer 13jährigen gehabt haben?
    Welches Rechtsverständnis haben Sie? Unabhängig davon gebe ich Ihnen recht, theoretisch könnte es trotzdem ein anderer gewesen sein
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  • Steffen Cyran
    Um nichts anderes ging es. Hier ist nicht irgendeine moralische Verurteilung gefragt, sondern eine wasserdichte Überführung des Täters
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  • Kai Hofstetter
    @Barbara: Würde es den Eltern besser gehen, wenn das Gericht aufgrund einer zu dünnen Beweislage auf "Freispruch" entscheiden würde? Ja, es gibt einen Verdächtigen. Ja, der ist längst vorverurteilt und gesellschaftlich tot, auch wenn er tatsächlich unschuldig sein sollte. Ja, es gibt ein ganzes Dorf, das Wahrheit und Gerechtigkeit sucht, zu welchem Preis auch immer.

    Früher hat man sich einen "Sündenbock" ausgesucht und ihn an den Henker geliefert. Damit war das Gerechtigkeitsgefühl im Dorf wiederhergestellt, und das Leben ging weiter.

    Aber: Im Fall Sabine wird nach so langer Zeit - ohne Geständnis oder erdrückende Beweislast - keine Eindeutigkeit mehr herzustellen sein. Der Unmut über die "untätige" Justiz mag verständlich sein, aber Schnellgerichte mit Anklage, Urteil und Vollstreckung an einem Tag gibt es aus gutem Grund nicht mehr.

    Was bleibt ist das alte Bedürfnis nach Wiederherstellung des Rechtsfriedens.
    Betet, flucht, sauft oder akzeptiert es: Es gibt hier nur Verlierer.
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  • Helga Scherendorn
    @Kai, es gibt nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner! Der Verdächtigte hatte in der Unterwäsche der Getöteten Blut und Spermaspuren hinterlassen, aber unserem System reicht das nicht als Beweis?!
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  • Steffen Cyran
    Natürlich reicht das nicht als Beweis. Der Angeklagte kann und darf Sex mit dem Opfer gehabt haben, und trotzdem könnte später jemand anderes sie umgebracht haben.
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  • Helga Scherendorn
    @steffen, das Mädchen war 13!
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  • Kai Hofstetter
    Und der Junge war 17. Beide minderjährig. Die dürfen das. Wir sprechen hier über die Rechtslage, nicht über ein wie auch immer geartetes moralisches Empfinden. Es gab mal eine Zeit, da wurde Richter explizit von der Regierung aufgefordert, auch das "gesunde Volksempfinden" In ihre Urteilsfindung mit einzubeziehen. Wollen Sie das wieder?
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  • Barbara Fersch
    genauso erbärmlich, wie der Fall der Erzieherin Simone Strobel aus Unterfranken !! Interessiert es die Justiz eigentlich, wie es den Eltern dieser getöteten Kinder geht ??
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