An diesem Mittwoch bleiben deutschlandweit fast alle Apotheken geschlossen. Der Berufsstand protestiert damit gegen die Arbeitsbedingungen, die sich laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert haben. Auch die Apotheken in Main-Spessart beteiligen sich an dem Protesttag: Bis auf fünf Notdienst-Apotheken (siehe Infokasten) bleiben alle geschlossen.
Helmut Fischer betreibt die Markt-Apotheke in Gemünden und macht ebenfalls bei dem Streik mit. "Wir wollen die erschwerten Arbeitsbedingungen aufzeigen, die vor allem die derzeitigen Lieferschwierigkeiten mit sich bringen", erklärt Fischer. Im vergangenen Winter waren es vor allem Engpässe bei wichtigen Medikamenten, wie zum Beispiel Fiebersäften für kleine Kinder, die den Apothekern zu schaffen gemacht haben.
Einhaltung der Rabattverträge kaum möglich
Ein großer Teil des Problems seien die Rabattverträge der Krankenkassen, durch die eine Kasse oft nur eine Medikamentenmarke akzeptiere. "Diese Verträge, die die Preise drücken, erschweren uns die Arbeit", so Fischer. Durch den Ukraine-Krieg und vor allem die Lieferschwierigkeiten vieler asiatischer Länder sei die Einhaltung der Rabattverträge kaum möglich. Die Apotheker verbringen also sehr viel Zeit mit der Suche nach Alternativen, zum Beispiel anderen Packungsgrößen des gleichen Herstellers. "Und diese Mehrarbeit sollte auch honoriert werden", findet Fischer. Insgesamt sei die Vergütung für den Aufwand, den Apothekerinnen und Apotheker jeden Tag leisten, einfach zu gering.
Ein weiteres großes Problem ist die "bürokratische Gängelung", wie Fischer sagt. Die Krankenkassen würden zum Beispiel kleine Formfehler auf einem Rezept ausnutzen, um die Kostenerstattung für die bereits ausgegebenen Medikamente zu verweigern. Durch diese sogenannte Retaxation würden am Ende die Apotheken auf den Kosten sitzen bleiben. "Gerade als Berufsanfänger passiert so etwas schnell einmal", weiß Fischer.
Arbeit am Wochenende und in der Nacht ist unattraktiv
Für junge Menschen werde es deshalb immer unattraktiver, sich als Apotheker selbstständig zu machen. "Immer weniger junge Leute sind bereit, sich das anzutun", sagt Fischer. Doch auch pharmazeutische Fachkräfte seien immer schwerer zu bekommen, da der Beruf durch lange Arbeitszeiten, auch am Wochenende, viele abschrecke. Hinzu kämen die vielen Notdienste, auch in der Nacht. Fischer ist bewusst, dass es derzeit in vielen Branchen an Fachkräften fehle. Doch deshalb sei eine angemessene Honorierung so wichtig, damit wieder mehr Menschen in den Beruf kommen.
"In Main-Spessart ist die Versorgung mit Apotheken in den vier ehemaligen Kreisstädten noch relativ gut", so Fischer. In den Orten außerhalb könnte es in den kommenden Jahren jedoch eng werden, so seine Einschätzung. "Die Leute müssen sich hier in Zukunft sicher auf längere Wege einstellen."