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Würzburg/Margetshöchheim/Schweinfurt
Drastische Engpässe bei Lieferungen: Apotheker in Unterfranken kämpfen mit fehlenden Medikamenten
Fiebersaft für Kinder, Antibiotika, Tabletten gegen Bluthochdruck: Bundesweit fehlt es aktuell an Medikamenten. Wie sich Würzburger und Schweinfurter Apotheken behelfen.
Apotheker Michael Sax aus der Würzburger Stern-Apotheke zeigt einige Medikamente, die momentan nur schwer zu bekommen sind.
Foto: Thomas Obermeier | Apotheker Michael Sax aus der Würzburger Stern-Apotheke zeigt einige Medikamente, die momentan nur schwer zu bekommen sind.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:16 Uhr

Die Situation derzeit? "Es ist drastisch", sagt Dr. Michael Sax, Inhaber der Würzburger Stern-Apotheke und Bezirksvorsitzender für Unterfranken des Bayerischen Apothekerverbands. Etwa 250 verschiedene Medikamente würden ihm derzeit im Sortiment fehlen - darunter Antibiotika, Mittel gegen Bluthochdruck, Schilddrüsenmedikamente oder Medikamente, die in vielen Hausapotheken zu finden sind wie Ibuprofen oder Paracetamolsaft für Kinder

Auch Wolfgang Schiedermair von der Glocken-Apotheke in Würzburg ist besorgt. Er habe eine solche Situation noch nie erlebt: "Es ist so, als würde ich sämtliche Bäcker abklappern und nirgendswo mehr gibt es ein Schwarzbrot." Zwar sei es auch in der Vergangenheit vorgekommen, dass mal das ein oder andere Medikament aus unterschiedlichen Gründen nicht lieferbar gewesen sei, aber in der Masse kenne er das nicht. Seine Kollegen und Kolleginnen und er seien am Jonglieren - "jeden Tag sitze ich Stunden vor den E-Mails und am Telefon und versuche, fehlende Medikamente zu bekommen".

Sinnvolle Lagerhaltung derzeit nicht möglich, weil zu viele Medikamente fehlen

Eine sinnvolle Lagerhaltung sei derzeit nicht möglich, sagen die beiden Apotheker. Egal in welcher Apotheke man in Deutschland nachfrage - es würde wohl "die selbe drastische Lage geschildert". Den Paracetamolsaft für Kinder, der bei Fieber und Schmerzen der Kleinen eingesetzt wird, stellt Pharmazierat Michael Sax nun zum Teil selbst im hauseigenen Labor her. Schon seit längerem sei der Saft nur eingeschränkt oder gar nicht lieferbar. "Aber irgendwie müssen die Kinde ja versorgt werden", sagt Sax.

Fiebersaft für Kinder selbst in der Apotheke hergestellt

Den Fiebersaft hat auch Sylvia Pöhlmann von der St. Margareten- Apotheke in Margetshöchheim im Landkreis Würzburg schon selbst hergestellt. Aber dazu müsse auch der entsprechende Wirkstoff vorrätig sein.

Seit mehr als vier Jahrzehnten betreibt Pöhlmann ihre Apotheke, aber solch eine dramatische Situation habe sie noch nie erlebt: "Wir versuchen unsere Liefermöglichkeiten vollumfänglich auszunutzen, um an die Medikamente zu kommen. Wenn ein Hersteller es nicht liefern kann, kontaktieren wird den nächsten und den nächsten und den nächsten." Das erfordere einen hohen Personalaufwand. 

Auf der Suche nach adäquatem Ersatz für das Ursprungsmedikament

Auch die Suche nach einem adäquaten Ersatz für das ursprüngliche Medikament kostet Zeit. Sax sagt: "Wir reißen uns ein Bein aus, arbeiten eng mit der Ärzteschaft zusammen, um die Patienten bestmöglich versorgen zu können." Als Beispiel nennt Sax ein Medikament, das bei akutem Bluthochdruck eingesetzt wird: "Da habe ich einen halben Tag mit dem Großhändler und dem Hersteller hin und her telefoniert." 

"Wir reißen uns ein Bein aus, arbeiten eng mit der Ärzteschaft zusammen, um den Patienten bestmöglich zu versorgen." 
Michael Sax, Bezirksvorsitzender im Bayerischen Apothekerverband

Für die Kunden, so schildert Sylvia Pöhlmann, sei es erstmal ungewohnt, dass viele  Medikamente gar nicht lieferbar seien. Manche seien angesichts der Situation auch "fassungslos", sagt Michael Sax. Dann aber vertrauten sie auf das Zusammenspiel zwischen Arzt und Apotheker, "dass man eine adäquate Lösung finden wird". In den allermeisten Fällen sei das möglich, meint der Bezirksvorsitzende: "Aber es ist ein enormer Arbeitsaufwand, das bezahlt uns keiner."

Apotheker und Ärzte müssen Dosierungen anpassen oder Ausweichpräparate finden

Gleiches gelte für Ärzte und Ärztinnen, denn diese müssten den Blick auch nochmal auf das Alternativ-Medikament werfen. Im Grunde betreffe es die Mittel für "fast jeden zweiten Patienten" sagt Sax. Für seine Apotheke habe er den wirtschaftlichen Schaden mal grob ausgerechnet. Er spricht von etwa 40 000 Euro im Jahr, die nicht vergütet würden.   

Auch der Schweinfurter Apotheker Bernhard Hofmann von der Adler-Apotheke berichtet von ähnlichen Problemen. Sorge bereitet ihm vor allem, dass nun auch bestimmte Antibiotika nicht mehr zu bekommen sind: "Da sind wir immer am Schauen, ob es das Präparat eventuell in einer anderen Stärke gibt und wie wir die Dosierung anpassen oder, ob auf ein anderes Antibiotikum ausgewichen werden kann." Von der Politik wünscht sich Hofmann Unterstützung und, dass der Arbeitsaufwand honoriert wird.

Auch der Hustenlöser ACC ist im Moment nicht lieferbar.
Foto: dpa/ Frank Leonhardt | Auch der Hustenlöser ACC ist im Moment nicht lieferbar.

Zuletzt seien auch Medikamente wie Nasensprays oder Cremes in kleinen Tuben, zum Beispiel bei Herpes, nicht lieferbar gewesen, berichtet Anna Bantschukowa, Inhaberin der Schweinfurter Kreuz-Apotheke. Und zwar nicht wegen Lieferschwierigkeiten des Wirkstoffs, "sondern wegen Verpackungsmaterialien, so genannten Primärpackmitteln, die derzeit nicht zur Verfügung stehen". So könnten Hersteller manche Arzneien nicht abfüllen. Das Problem kennt die Margetshöchheimer Apothekerin Sylvia Pöhlmann auch vom ACC Hustenlöser: "Der nicht mehr lieferbar ist, weil die Verpackungshülle fehlt."

Gründe für die Engpässe: Fehlende Verpackung, Rabattverträge, Hersteller-Bindung, Lieferketten

Es gebe unterschiedliche Gründe für die Lieferengpässe, sagt der Würzburger Apotheker Wolfgang Schiedermair. Zum einen macht er die Krankenkassen dafür verantwortlich, dass durch Rabattverträge und Bindungen an einen Hersteller das Geschäft für andere nicht mehr wirtschaftlich sei. Diese würden dann entweder die Produktion bestimmter Arzneien ganz einstellen oder in andere Länder liefern, so dass schnell Lücken entstünden. 

Die andere Ursache seien Unterbrechungen in der internationalen Lieferkette, sagt Schiedermair: "Viele unserer Wirkstoffe werden heutzutage in Fernost, vor allem in China und Indien, produziert." Wenn dort Schiffe den Hafen in Shanghai nicht verlassen dürfen, komme es automatisch zu Verspätungen oder Lieferengpässen. Durch den Krieg in der Ukraine sei auch der Liefer-Flugverkehr vermehrt betroffen, da teils große Umwege geflogen werden müssten: "Längere Routen heißt auch mehr Kerosin und weniger Platz für Ware."   

Die Forderung vom Bezirksvorsitzenden Michael Sax: "Die Herstellung wieder in die EU holen." Auf EU-Ebene müssten Fördermittel für Produktionsfirmen bereitgestellt werden, die sich in Europa niederlassen. "Noch bekommen wir die Engpässe mit hohem Aufwand geregelt", sagt der Würzburger Apotheker, "aber es wird zunehmend schwieriger." 

 
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  • Eos123456
    Deutschland hält sich immer so viel auf seinen "Exportweltmeister"-Titel und seine angebliche führende Stellung auf wirtschaftlichem und technologischem Gebiet zugute.

    Aber langsam bröckelt die schöne Fassade und man sieht, dass Vieles im Argen liegt und man oft nur noch von einem längst verblaßten Nimbus zehrt.

    Deutschland war einmal die "Apotheke der Welt" und die deutschen Pharmahersteller genossen einen exzellenten Ruf. Mittlerweile sind wir auch da nicht einmal mehr Mittelmaß.

    Es wird langsam Zeit weniger hochmütig und nachlässig zu sein und stattdessen wieder seine Hausaufgaben zu machen.
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  • office@reichelt-schoelch.de
    Wohl wahr. Aber nicht nur in der Politik ganz oben, sondern auch schon hier auf kommunaler Ebene grassiert die Überheblichkeit und Denkfaulheit. Schließlich ist es ja trotzdem immer noch gut gegangen. Daraus schließen viele, dass das Verhalten richtig war. Wer und wo für dieses Verhalten „bezahlen“ musste, ist allerdings wenig bis zu den meisten durchgedrungen. Auch wegen zu wenig Transparenz, insofern kann man da nur bedingt Schuldzuweisungen verteilen. Viele Deutsche sind daran gewöhnt dass der Staat sich um alles kümmert, Eigenverantwortung bei vielen ein Fremdwort. Beispiel auch Gesundheits Prävention.
    Und jetzt muss man erschrocken feststellen: Ein wenig Demut, Rücksicht und vorher überlegen wohin uns das alles über die Jahre bringt, täte gut, auch wenn es wehtut.
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  • deweka
    Rein „deutsche“ Pharmahersteller gibt es kaum noch. Selbst wo ein deutscher Name steht ist es in den meisten Fällen ein internationaler Konzern.

    Forschung in Deutschland funktioniert noch einigermaßen.

    Das Problem ist die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards aus Kostengründen.

    Die niedrigeren Standards bei Umwelt- und Arbeitnehmerschutz führen in der Regel eben auch dazu dass Anlagen in schlechtem Zustand sind und Personal schlecht ausgebildet ist. So kommt es häufiger zu Ausschuss oder zum Stillstand der Produktion. Durch Konzentrationsprozesse gibt es für einige Wirkstoffe nur noch ein oder zwei Produktionsstandorte. Deswegen haben selbst einzelne Pannen gravierende Auswirkungen.

    Hier ist muss der Staat handeln: Es darf sich für Konzerne nicht mehr lohnen die Versorgungssicherheit zu Gunsten von Profiten zu opfern.
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  • uli.kluepfel@web.de
    Der Spar- und Kontrollzwang der Krankenkassen rächt sich so langsam. In Deutschland hat sich die Pharmaindustrie dank der Krankenkassen schon immer dumm und dämlich verdient. Wettbewerb und Diversivität wurden verhindert. Klar dass es nun zu wenige gibt. Wer ein gutes günstiges Medikament hat bekommt das in Deutschland nicht los.
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  • berndschebler@mail.de
    Ich bräuchte das Medikament Vazkepa® 998 mg, aber es wird in Deutschland nicht mehr vertrieben. Das ist das einzige Medikament, das mir bisher geholfen hat. Für die Krankenkassen ist es leider zu teuer. In anderen europäischen Ländern könnte ich es mir kaufen, bedauerlicherweise kostet die Monats-Packung 270 €. Für einen Rentner ist das viel Geld. Das ist unser Gesundheitssystem.
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  • kafrumbi
    Versuchen Sie es doch in einer Apotheke, vllt. können die Ihnen helfen...mit einem Präparat mit ähnlichen Inhaltstoffen.
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  • romulus2417@yahoo.de
    Vazkepa® 998 mg ? Hochdosiertes Fischöl ? Laut Studien bringt das Zeug eh nix... Zitat:" Angesichts solcher Ergebnisse und der kritisierten Placebo-Wahl in der REDUCE-IT-Studie (Mineralöl, in STRENGTH Maisöl), sowie möglicher Nebenwirkungen von Vazkepa wie Vorhofflimmern kann man nicht gerade behaupten, dass die Zweifel am Nutzen von Vazkepa ausgeräumt werden konnten. " Bitte sehr: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2021/01/11/kein-vorteil-durch-fischoel-praeparat
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  • berndschebler@mail.de
    @ sw_hc_germany , brauchen Sie die Medizin für sich? Ich nehme die Medizin Vazkepa® 998 mg und mir hilft es. Was die Medien schreiben, das können Sie glauben, aber ich nicht.
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  • deweka
    Könnte auch der Placebo-Effekt sein. Es ist aber nicht die Aufgabe der Kassen so etwas zu finanzieren. Wenn eine Wirkung nicht eindeutig nachgewiesen werden kann darf es nicht abgerechnet werden.

    Zudem ist die Apothekerzeitung ein relativ verlässliches Medium, da auch alle Quellen/Studien dazu angeführt werden.
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  • office@reichelt-schoelch.de
    Zu dem Medikament Vazkepa: Zu Omega 3 mit ausreichend, d.h. Mind 2 Gramm! an EPA und DHA- Fettsäure (bitte selbst googeln), gibt es längst neuere Studien und korrekte Hinweise. Einer der wesentlichen Treiber der schlechteren bzw. angeblich unwirksamen Ergebnisse ist oder war immer, dass vor allem zu wenig dieser Fettsäuren gegeben wurde, wie halt beim Auto, wenn man nur mit halbem Reifendruck fährt. Ist trotzdem ein Auto, fährt halt schlechter. Und: oft keine qualitativ guten Produkte, bei Kapseln zB. Merkt man meist nicht, wenn da Öl drin ist, das schon zu lange Sauerstoff ausgesetzt war und ranzig ist. Wer eine feine Nase und Zunge hat, schneidet mal eine auf und probiert, dann merkt man, ob diese Lieferung ok ist oder nicht. Fazit: erst Studiendesign prüfen, dann glauben. Knapp daneben ist bekanntlich auch vorbei, 1 cm kann reichen! Die negativen Ergebnisse passten aber der Pharmaindustrie gut in den Plan grinsen, die verdienen eher nicht an Prävention. Schaut mal bei NORSAN.
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  • Steler06501902
    Kauf dir nen Fisch und hau ihn dir in die Pfanne
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  • juergenmagic@t-online.de
    Mit den Rabattverträgen ist es schon ein Kreuz. Nur weil manche Medikamente ein bisschen günstiger sind, müssen die Apotheken darauf ausweichen. Gerade bei Blutdruck- oder Schmerzmitteln sind die Unterschiede nicht so erheblich. Wichtig wäre auch, dass wieder mehr bei uns produziert wird. Wir haben schon das Know-how aber halt nicht die billigen Produktionspreise.
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  • kafrumbi
    Auch die Leistungen, unserer Apotheken gehören in den Fokus gerückt....sie versuchen für die Kunden alles....ich bestelle grundsätzlich nichts in einer online-Apotheke...ich versuche unsere Apotheken zu unterstützen, auch wenn manche Medikamente ein bisschen teurer sind.
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  • Mementomori
    ....bekomme nicht mal mehr Bio Maca rot, welches ich dringend brauche.
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  • kafrumbi
    Schrecklich....Sie werden es wohl nicht überleben....
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  • delago
    Zuerst wollte ich Sie, kafrumbi, für Ihre Herzlosigkeit kritisieren. Aber nachdem ich "Bio Maca rot" gegoogelt habe, nehme ich alles zurück.
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  • kafrumbi
    Dankeschön!!!
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  • conmex@aol.com
    Bei Amazon gibt`s genug davon
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  • Alfisti
    @Mementomori: Ich musste auch schon gezwungenermaßen auf Ouzo ausweichen. Aber man gewöhnt sich daran.
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  • kafrumbi
    👍😅
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