In Main-Spessart gibt es derzeit nur einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt). Viel zu wenig für die über 127.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Der Versorgungsgrad liegt aktuell bei nur gut 25 Prozent, der Landkreis gilt damit als unterversorgt.
Doch die Suche nach einem HNO-Arzt gestaltet sich schwierig. Bis März 2023 gab es in Karlstadt noch die Praxis von Dr. Heinz Hauck. Gut zwei Jahre bevor er seine Praxis schloss, hatte Hauck einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht - ohne Erfolg. Schon mit den damals zwei HNO-Praxen im Landkreis galt dieser als "drohend unterversorgt". Jetzt gibt es in Main-Spessart nur noch die Lohrer Praxis von Dr. Friedrich Hochapfel. Doch Hochapfel wird in diesem Jahr 61.
In der HNO-Medizin gebe es ein "gravierendes Nachwuchsproblem" und "generell zu wenige Ärzte", sagt Adam Hofstätter von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Es sei ein allgemeiner Trend, die Vergütungsstrukturen seien nicht optimal und wegen des Wegfalls von Prämien werde der Beruf noch unattraktiver, so Hofstätter. Junge Ärztinnen und Ärzte würden eher eine Anstellung und nicht die Selbstständigkeit suchen.
KVB erhöht die Förderung für HNO-Praxen in Main-Spessart
Der Vorstand der KVB wird in einer Pressemitteilung zitiert mit: "Es ist längst fünf nach zwölf und die ambulante Versorgung in den entsprechenden Fachbereichen ist akut in Gefahr." Deshalb hat die KVB die finanzielle Förderung um 25 Prozent erhöht. Eine Niederlassung eines HNO-Arztes oder -Ärztin wird in Main-Spessart jetzt mit bis zu 112.500 Euro gefördert.
Laut Gesetz sind die Kassenärztlichen Vereinigungen bei einer festgestellten Unterversorgung dazu verpflichtet, nach einer Frist von sechs Monaten, selbst Einrichtungen zu betreiben. Eine Stellenausschreibung für eine Eigeneinrichtung der KVB im Landkreis gibt es bereits. "Wir haben die gleichen Probleme wie alle", sagt Hofstätter. Auch sie müssten das Personal erstmal finden. Dazu würden sie über Personaldienstleister, Social Media und Werbung auf vielen weiteren Kanälen nach HNO-Ärztinnen und -Ärzten suchen, so Hofstätter.
Gespräche für eine HNO-Praxis im Karlstadter Gesundheitszentrum laufen
Als Konkurrenz zu anderen Ausschreibungen sieht Hofstätter die Ausschreibung der KVB nicht. Es sei eher ein weiteres Modell, um Personal zu finden. Auch Dr. Johannes Kromczynski sucht für das Gesundheitszentrum in Karlstadt seit längerem einen HNO-Arzt oder -Ärztin. Nach langer Suche würden inzwischen die Vorbereitungen für eine Niederlassung einer HNO-Praxis laufen, so Kromczynski.
Er sei in Gesprächen mit einem HNO-Arzt, der sich aktuell noch fortbilden möchte, sagt Kromczynski. Noch sei nichts unterschrieben, aber "es sieht sehr, sehr gut aus", dass ein HNO-Arzt in das Gesundheitszentrum nach Karlstadt komme. Zeitlich könne er noch keine Aussagen treffen. Die Flächen sind aktuell noch durch das Gesundheitsamt belegt. Die Planungen für die HNO-Praxis werden dieses Jahr finalisiert, sagt Kromczynski.
Konzept des Gesundheitszentrums geht auf
Er sieht dadurch das Konzept des Gesundheitszentrums bestätigt. Dort gebe es ein komplettes Portfolio. Unter anderem gibt es dort eine Radiologie, eine Praxis für Logopädie und Kieferorthopädie. Ein Arbeitsumfeld, das auch für eine HNO-Praxis relevant sei und für gute Voraussetzungen sorge. "Das ist der Gedanke des Gesundheitszentrum", sagt Kromczynski.
"Wir können durchaus mehr HNO-Ärzte vertragen", sagt Hofstätter von der KVB mit Blick auf den Landkreis Main-Spessart. Um einen Versorgungsgrad von über 100 Prozent zu erreichen, könnten noch 3,5 Stellen im Landkreis besetzt werden. "Es ist wünschenswert, wenn wir in Richtung der 100 Prozent kommen", so Hofstätter. Von einer Vollversorgung ist der Landkreis allerdings weit entfernt. Mit dem HNO-Arzt, der möglicherweise nach Karlstadt kommen wird, würde der Landkreis nicht mehr als unterversorgt gelten, sondern wieder in der Kategorie "drohende Unterversorgung" landen.