Uwe Klug freut sich in diesem Jahr über eine besonders große Nachfrage nach Weihnachtsbäumen aus dem Sinngrund. "Wir wurden von einer Menschenmenge überrannt", sagt er - und das nicht nur bei dem "Christbaumdorf" genannten Weihnachtsmarkt. Klug ist der größte Christbaum-Produzent in dem 800-Einwohner-Dorf Mittelsinn (Lkr. Main-Spessart). Für ihn ähnelt die aktuelle Stimmung ein wenig jener aus der Corona-Zeit: "Die Leute wollen es sich zu Hause schön machen."
Viele würden angesichts der hohen Inflation auf einen Urlaub verzichten oder größere Investitionen wie ein Auto verschieben. In einen Weihnachtsbaum investieren die Menschen in diesem Jahr jedoch besonders gern, so seine Beobachtung. "Manche Familien nehmen sogar gleich zwei oder drei mit, für die Kinder", erzählt Klug.
Bereits im Sommer hat sich abgezeichnet, dass die Christbäume 2022 teurer sein könnten. Die Preise für Dünger sind durch den Ukraine-Krieg massiv gestiegen, die Kosten für Treibstoff zwischenzeitlich explodiert und durch die Erhöhung des Mindestlohns zum Oktober sind die Erntehelferinnen und -helfer deutlich teurer geworden. Das alles wirkt sich auf den Endpreis aus.
Den Weihnachtsbaum selbst zu schlagen, liegt im Trend
Bei Uwe Klug kosten die Bäume in diesem Jahr rund zehn Prozent mehr – in etwa analog zu den allgemeinen Kostensteigerungen. "Der Baum kostet jetzt ungefähr 44 Euro statt 40." Das sei für die meisten glücklicherweise nicht so viel, dass sie deshalb darauf verzichten müssten. Beschwerden über die gestiegenen Preise habe er von seinen Kundinnen und Kunden noch nicht gehört. "Die Leute klagen zwar über die allgemein hohen Preise, aber an Weihnachten wollen sie es doch noch schön haben", sagt Klug, der auf über 100 Hektar Christbäume anbaut.
In ganz anderen Dimensionen produziert der Christbaumhof Ullrich, ein kleiner Familienbetrieb in Mittelsinn. Doch auch hier beobachtet Denise Fleischer, dass die Leute sich nach wie vor gerne einen Baum kaufen. Noch sei beim Verkauf auf ihrem Hof zwar etwas Luft nach oben. "Aber das ist normal. Wir machen unser Geschäft nicht auf dem Christbaumdorf, sondern eher im Hofverkauf", sagt Fleischer. Ein Trend, der sich zu Corona-Zeiten verfestigt habe, sei, den Baum selbst zu schlagen. "Das war ein großer Renner. Die Leute sind dabei mehr für sich und können sich frei bewegen."
Kleiner Rückgang bei großen Bäumen für Firmen
Auch bei Manfred und Stefan Fuß, die bei Aura im Sinngrund (Lkr. Main-Spessart) Bio-Weihnachtsbäume verkaufen, läuft das Geschäft in diesem Jahr gut. Vor allem die Aktion am dritten Adventswochenende, bei der Kundinnen und Kunden ihre Bäume selber schlagen konnten, kam laut Stefan Fuß gut an. Das sei seit vielen Jahren sehr beliebt, so seine Beobachtung.
Er spricht ebenfalls von einer Preiserhöhung von rund zehn Prozent, was die Leute aber nicht vom Kauf abhalte. "Einen kleinen Rückgang bemerken wir aber bei den sehr großen Bäumen, die zum Beispiel die Firmen kaufen", so Fuß. Die beiden Brüder bewirtschaften gemeinsam mit ihrem Vater rund elf Hektar im Nebenerwerb. Seit der Betrieb auf Bio-Anbau umgestellt hat, sei der Absatz ein wenig gestiegen, sagt Fuß.
Neu ist in diesem Jahr, dass man die Bäume von Fuß auch online bestellen kann. "Da sind wir bisher zufrieden, wie das angelaufen ist", erzählt der Christbaum-Produzent. "Der Baum wird dann mit Dpd versendet." Die Versandkosten für den "Stolzen Erwin", eine Nordmanntanne mit einer Größe von bis zu zwei Metern, liegen laut Homepage bei 20 Euro. Der Baum selbst kostet knapp 50 Euro. Durch die neue Zielgruppe hoffe man, das Geschäft noch ein wenig erweitern zu können.
Bei Bäumen im Topf werden die Wurzeln oft beschädigt
Eine immer größere Rolle spielt für viele Kundinnen und Kunden beim Weihnachtsbaumkauf der Nachhaltigkeitsgedanke. In den Sozialen Medien finden sich zahlreiche Bilder von kreativen Alternativen zum klassischen Baum, zum Beispiel der "Keinachtsbaum". Dabei werden Zweige mit Tannengrün so in einen Holzstamm gesteckt, dass ein Baum entsteht. Auch Bäume, die mit Wurzeln im Topf stecken und so mehrere Jahre genutzt werden sollen, werden immer beliebter.
Im Sinngrund spürt man von diesen Trends jedoch noch nicht viel. Bäume im Topf zu verkaufen, wäre laut Stefan Fuß für seinen Betrieb zu aufwendig. "Man müsste die Pflanzen schon im September stechen. Außerdem ist die Anwuchsgarantie sehr gering." Die Bäume sollten stattdessen schon im Topf gezüchtet werden, um die Wurzeln nicht zu beschädigen. Auch Uwe Klug beobachtet: Für viele sei der Topf eigentlich nur der Ersatz für den Christbaumständer. Wirklich nachhaltig sei das nicht.
In sieben Jahren könnte es einen Mangel an Weihnachtsbäumen geben
Eine größere Gefahr als der Trend zu nachhaltigeren Alternativen könnte für die Christbaum-Anbauer die Trockenheit werden. Zwar hat der Dürre-Sommer den Bäumen, die heuer verkauft werden, kaum geschadet. Doch die in diesem Jahr neu ausgesetzten Pflänzchen sind bei fast allen Produzenten aus dem Sinngrund vertrocknet. "In circa sieben bis acht Jahren, wenn diese Bäume eigentlich erntereif wären, könnte es deshalb knapp werden", vermutet Stefan Fuß.