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Rieneck/Mittelsinn
Ausbleibender Regen: Fast alle frisch gepflanzten Christbäume im Sinngrund sind verdorrt
Hunderttausende Bäumchen haben im Sinngrund der anhaltenden Trockenheit nicht standgehalten. In acht Jahren könnte es deshalb schlecht aussehen mit einem Weihnachtsbaum aus dem Spessart.
Bio-Christbaumbauer Günther Marx mit verdorrten jungen Weihnachtsbäumen. Kaum eines der im Herbst gesetzten Bäumchen überstand die Dürre.
Foto: Björn Kohlhepp | Bio-Christbaumbauer Günther Marx mit verdorrten jungen Weihnachtsbäumen. Kaum eines der im Herbst gesetzten Bäumchen überstand die Dürre.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:32 Uhr

Der Sinngrund nördlich von Gemünden (Lkr. Main-Spessart) ist das größte Anbaugebiet für Christbäume in Bayern. Der karge Boden gilt als besonders geeignet, weil er die Weihnachtsbäume langsam und damit schön wachsen lässt. Während der Klimawandel in den vergangenen trockenen Sommern insbesondere Fichten und Kiefern in Teilen Mainfrankens den Garaus gemacht hat, konnten sich diese Bäume im kühleren und normalerweise feuchteren Sinngrund bisher gut behaupten. Doch der lang anhaltenden Dürre in diesem Jahr konnten zumindest frisch gepflanzte Christbäume auch dort nicht standhalten. Christbaumbauern berichten von einem stellenweisen Totalausfall.

Günther Marx aus Rieneck, der vor ein paar Jahren auf Bioanbau umgestellt hat, führt durch Christbaumkulturen oberhalb von Aura. Aus einem nahen Fichtenbestand hört man Motorsägen. "Da wird Käferholz gefällt", sagt er. Eine Folge der monatelangen Trockenheit. Marx ist gerade dabei, ältere Christbäume zu schneiden, die vor zwei Jahren im Frühjahr einen massiven Frostschaden erlitten und deshalb zum Teil etwas verwachsen aussehen. Eigentlich waren im Sinngrund bisher Spätfröste die größte Gefahr für Weihnachtsbäume. Doch jetzt sind fast alle von Marx im Herbst gepflanzten kleinen Nordmanntannen verdorrt. Im trockenen Sommer 2018 habe es hingegen nur wenige Bäumchen erwischt.

"Es ist alles braun, da gibt's keine grünen mehr."
Uwe Klug, Christbaumerzeuger aus Mittelsinn

Marx zeigt auf eine Fläche daneben, die ausschaut wie eine ungemähte, vertrocknete Wiese. Zwischen den hohen Grashalmen stehen bei genauerem Hinsehen in Reih und Glied lauter braune, verdorrte Minibäume. Nur vereinzelte sehen noch etwas grün aus. Weiter oben hätten sich im Schatten großer Fichten einige besser gehalten. Auf einer weiteren Fläche bei Burgsinn verzeichne er einen Totalausfall. "Die Nordseite hat länger durchgehalten als die Südseite", sagt er. Aber jetzt seien auch dort die Bäumchen kaputt. Tausende sind allein bei Marx hinüber.

Diese Christbäume will Günther Marx diesen Herbst schlagen.
Foto: Björn Kohlhepp | Diese Christbäume will Günther Marx diesen Herbst schlagen.

Nicht besser ergeht es Uwe Klug aus Mittelsinn, dem größten Christbaumerzeuger im Sinngrund. Alle frisch gepflanzten Bäumchen, rund 100.000 Stück, seien bei ihm dürr, berichtet er. Den Schaden schätzt er auf rund 250.000 Euro. "Es ist alles braun, da gibt's keine grünen mehr." Er mache seit 15 Jahren Wetteraufzeichnungen, weshalb er bezüglich der Niederschläge sagen könne: "Es war noch nie so ein schlechter Juli und noch nie so ein schlechter August."

"Es sieht traurig aus, wenn man rausgeht."
Christbaumerzeuger Armin Löblein über eingegangene Neupflanzungen

Armin Löblein aus Mittelsinn berichtet ebenfalls, dass ihm dieses Jahr auf den drei Hektar Neupflanzungen vom Herbst und Frühjahr "100 Prozent kaputt" gegangen seien. Obendrein seien 60 bis 70 Prozent einer Pflanzung von 2019 auf einem Südhang schon dürr. "Es sieht traurig aus, wenn man rausgeht", sagt er. Die Dürre sei für ihn existenzbedrohend. Größere Bäume immerhin hätten die Trockenheit bisher gut überstanden, nur sei durch den fehlenden Regen deren Farbe nicht so sattgrün, sondern heller, weil der Dünger liegen geblieben und nicht in den Boden gespült worden sei.

Klug und Marx sagen, es gebe keinen Kollegen im Sinngrund, bei dem es besser aussehe. Klug wisse von einem einzigen, dass der mit der Gießkanne draußen herum gegangen sei und so ein paar Bäumchen gerettet habe. Aber das gehe bei einem Anbau im größeren Stil nicht.

"In acht Jahren werden bei uns ein paar Bäumchen fehlen."
Uwe Klug über den verdorrten Jahrgang 2022

"In acht Jahren werden bei uns ein paar Bäumchen fehlen", fürchtet Christbaumanbauer Klug. "Da fehlt ein ganzes Jahr", bestätigt auch sein Kollege Marx. Das lasse sich auch nicht durch mehr neu gepflanzte Bäume im nächsten Herbst oder Frühjahr ausgleichen, weil Christbäume immer nach einer bestimmten Zeit, meist eben acht Jahre, reif zum Schlagen sind.

Wenn es in den kommenden Jahren erneut eine Dürre wie dieses Jahr gebe, müsse man sich Gedanken machen, wie es mit den Christbäumen im Sinngrund weitergeht, sagt Uwe Klug. Bewässerung sei für ihn bisher kein Thema gewesen. Der von ihm vor sieben Jahren angelegte 80 mal 50 Meter große "Bergsee" ist, ähnlich wie bei Winzern, für die Beregnung zum Schutz der Christbäume in Frostnächten gedacht, nicht zur Bewässerung.

Wäre Tröpfchenbewässerung eine Lösung?

Seine Schlüsse aus den zunehmend trockeneren Sommern bereits gezogen hat Armin Löblein. In den kommenden Wochen möchte er für die nächste Neuanlage eine Tröpfchenbewässerung installieren – eine Idee, für die er bislang belächelt worden sei. Günther Marx hat das auch schon in Betracht gezogen, nur frage er sich, woher er dafür das Wasser nehmen solle. Er glaubt nicht, dass ihm erlaubt würde, dafür Grundwasser zu nutzen. Kollege Löblein möchte Regenwasser auffangen und unter anderem in einer ehemaligen großen Güllegrube speichern. Das gehe aber nicht irgendwo draußen in der Flur, wo es für das Sammeln von Regenwasser keine Möglichkeit gebe, so Marx.

 
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