Gegen die Stimmen der beiden AfD-Räte verabschiedete der Kreistag vergangene Woche den Kreishaushalt und den Stellenplan für 2022. Auf Main-Spessart kommen Investitionen von 34,4 Millionen Euro zu – um diese zu stemmen, sollen Kredite in Höhe von 22 Millionen Euro aufgenommen werde. Zahnschmerzen bereitet vielen Fraktionen der Stellenplan.
Kämmerer Thomas Hubrich ging in seiner Rede auf die Folgen der Umlagekraft von nie dagewesenen 183 Millionen Euro ein: 3,3 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen und das auch nur, weil die Schlüsselmasse aufgestockt wurde, sonst wären es 5,6 Millionen Euro weniger geworden. 5,1 Millionen Euro mehr gehen als Umlage an den Bezirk.
Nach Bezirks- und Krankenhausumlage blieben dem Kreis noch 4,4 von den rund 13 Millionen Euro mehr an Kreisumlage. Davon gehen 3,2 Millionen Euro als Verlustabdeckung an den Eigenbetrieb und 280 000 Euro an das Bildungszentrum für Pflegeberufe.
Die Personalausgaben steigen um 1,7 Millionen Euro, was kein Luxus sei, sondern nötig zur Erfüllung der Pflichtaufgaben und politischer gewünschter Aufgaben, wie Hubrich betonte. Die Corona-Pandemie ziehe auch finanzielle Spuren mit Erhöhung bei den Soziallasten und in der Jugendhilfe.
Kämmerer mahnt: Finanzplanung nicht überfrachten
Die geplanten Investitionen lägen zwar 110 000 Euro niedriger als im Rekordjahr 2017, aber 8,3 Millionen über 2021. Vor allem das Gymnasium in Gemünden und die Startschüsse beim Klinik- und Modulbau in Lohr würden beeinflussen, wie viel umgesetzt werden kann und wie sich die Verschuldung entwickelt. In den nächsten drei Jahren seien 63 Millionen Euro neue Schulden eingeplant. Hier müsse der Kreistag aufpassen, die Finanzplanung nicht zu überfrachten. Doch er sei nicht für Schwarzmalerei, sondern halte es mit Mark Forster, der immer singt "alles wird gut, sowieso!".
Der Kreishaushalt 2022 sieht im Ergebnishaushalt 157 Millionen Erträge und 155,8 Millionen Euro Aufwendungen vor, im Finanzhaushalt sind es 152 Millionen Euro an Ein- und 146 Millionen Euro an Auszahlungen.
CSU: Klinikum und Baumhofquartier fordern den Landkreis
Walter Höfling stellte für die CSU-Fraktion fest, die Investitionen stiegen um zehn Millionen Euro, die allein für Realschule und Gymnasium Gemünden nötig seien, dieses Projekt habe die CSU-Fraktion aufgrund der Schülerzahlen infrage gestellt. Bürgermeister sähen es kritisch, dass es bei dem 2021 um 0,5 Punkte erhöhten der Hebesatz der Kreisumlage bleibt. Sorgen mache der Fraktion, dass der Zuschussbedarf für die Jugendhilfe und die Leistungen an den Eigenbetrieb steigen. Er sprach davon, dass Investitionen und große Projekte wie das zentrale Klinikum und das Baumhofquartier in den kommenden zehn Jahren die Leistungsfähigkeit des Kreises stark herausfordern werden.
Vor einem Jahr habe sie gesagt, in einem Jahr sei wieder alles normal, doch es sei mit Corona anders gekommen, führte für die Freien Wähler Brigitte Riedmann aus. Gerade der Bildungsbereich mit Gemünden und Marktheidenfeld stelle die finanzielle Belastbarkeit des Kreises hart auf die Probe. Dabei könne man nicht davon ausgehen, dass es mit der Rekord-Umlagekraft so weiter geht. 35 neue Stellen in zwei Jahren seien ein "Brett", weiteren Mehrungen würden die Freien Wähler nicht zustimmen.
Freie Bürger unterstützen Investition in Marktheidenfelder Schulen
Gerhard Kraft (Grüne) sprach von einem Haushalt der Superlative. Das Geld für die Personalentwicklung und mehr Ausbildung sei gut angelegt. Die Steigerungen bei den Investitionen in die Kreisstraßen gefalle den Grünen aber nicht. Er kritisierte den Unterhalt der Hafenlohrtalstraße (1,3 Millionen Euro) und die Freistrecke Retzbach-Retzbach (750 000 Euro Eigenanteil) als Grund für zwei Millionen Euro Neuverschuldung. Zustimmung zum Haushalt gebe es von den Grünen wegen anderer sinnvoller Investitionen zum Beispiel in den ÖPNV.
Bei den geplanten Investitionen sei eine Senkung der Kreisumlagen nicht ratsam, stellte Gerhard Thumes (Freie Bürger) fest. Seine Fraktion unterstütze den grundsätzlichen Bedarf am Schulstandort Marktheidenfeld, auch wenn über 70 Millionen Euro eine "Kollision" im Haushalt verursachen könnten. Das Personalzuweisungsdefizit des Freistaates mit eigenem Personal auszugleichen, koste den Kreis jährlich über ein halbe Million Euro.
SPD warnt vor Einmaleffekt
Die Rekord-Umlagekraft sei ein Einmaleffekt durch die gestiegene Gewerbesteuerkraftzahl der Stadt Marktheidenfeld, mahnte Sven Gottschalk (SPD). Auf Zahlen reduziert bilde ein Haushalt manches ab: Pflichtaufgaben und Kosten von Anträgen und Beschlüssen. Er ging ausführlich auf den ÖPNV mit eingebrochenen Fahrgastzahlen ein. Der Wegfall des Fünf-Uhr-Zuges aus dem Sinngrund nach Gemünden sei völlig unakzeptabel, der Landkreis solle das über eine Busverbindung kompensieren. Begrüßt würden die Haushaltsmittel für die "Fahrradfreundliche Kommune". Für die Reaktivierung der Werntalbahn seien noch dicke Bretter zu bohren.
Von einer Zustimmung mit etwas Bauchschmerzen sprach Christian Menig (UGM) und nannte die Personalmehrungen als Grund. Leider sei die Initiative zur tageweisen Öffnung der Führerscheinstellen in Lohr und Marktheidenfeld erfolglos geblieben. Beim ÖPNV mit vier Millionen Euro geplantem Verlust sei es unverständlich, dass Industriegebiete mit Pendlern in Kreuzwertheim, Esselbach und Altfeld nicht angefahren werden. Beim Neubau des Klinikums könnte man froh sein, wenn die Baukosten am Ende unter 200 Millionen bleiben.
Eine effektive Konsolidierung sei im Haushalt nicht zu erkennen, kritisierter Kurt Schreck (AfD). Schon jetzt und ohne die Großprojekte kommender Jahre sei Main-Spessart je Bürger gerechnet der höchst verschuldete Landkreis Unterfrankens. Dass Realschule, Gymnasium und Main-Spessart-Halle Marktheidenfeld (70 Millionen) auf 2025 verschoben wurden, sei ein Fehler. Das "Leuchtturmprojekt Neubau Zentral-Klinikum" nannte er ein Fass ohne Boden. Aus Sicht der AfD-Fraktion bilde der Haushaltsplan die wesentlichen Herausforderungen nicht ab, deshalb könne sie nicht zustimmen.
Sitter: Können nicht weiter vier Sozialräume bedienen
Landrätin Sabine Sitter hob sich ihre Haushaltsrede bis zum Schluss auf. Sie sagte, sie sei kein Zahlenmensch, vielmehr sehe sie sich als Strategin, Visionärin und Vernetzerin. Sie als Landrätin und auch der Kreistag hätten 2020 ein schweres Erbe angetreten. Zwar seien sie nicht verantwortlich für die hohen Schulden, wohl aber dafür, Main-Spessart im 50. Jahr seines Bestehens in die Zukunft zu führen. Man könne nicht weiter die Infrastruktur von vier Sozialräumen bedienen. Wie bei der Entscheidung für ein Zentralklinikum 2015 müssten große Räder gedreht werden, als Nächstes bei den Schulen. "Wir können Zentralklinikum. Wir können Schulen und Straßen. Wir können auch andere Projekte", zeigte sich die Landrätin selbstbewusst und verwies auf ein in den Startlöchern stehendes Katastrophen- und Ausbildungszentrum und das Gutachten zum Biosphärenreservat Spessart.
Schon fast obligatorisch schloss sie mit einem Vergleich aus der Seefahrt: "Wir können Main-Spessart. Die Segel sind gesetzt und wir fahren auf See!"