
Seit gut einem Dreivierteljahr gibt es in Main-Spessart eine Solidarische Landwirtschaft. Heike Vollmer und Frank Lusche haben vergangenes Jahr das "Kulturgemüse Karbach" ins Leben gerufen. Ihr Betrieb und das wirtschaftliche Risiko wird dabei nicht von ihnen allein, sondern von mehreren sogenannten Ernteteilern getragen – das Grundprinzip einer Solidarischen Landwirtschaft (Solawi). Ihr Fazit nach dieser Zeit: "Wir können zufrieden sein", sagt Vollmer.
Dabei war die Anfangszeit der Solawi durchaus turbulent: Als es so richtig losgehen sollte, hatte Lusche einen Arbeitsunfall, bei dem er sich einen Finger gebrochen hat. Dadurch war er erst einmal einige Wochen eingeschränkt und konnte nicht auf dem Feld arbeiten. "Die Unterstützung durch unsere Mitglieder hat hier gleich super funktioniert", erzählt Heike Vollmer. Denn der Gedanke hinter einer Solidarischen Landwirtschaft ist, dass die Mitglieder eingebunden sind, auch mal mithelfen und nicht nur reine Abnehmer sind. Durch den Arbeitsunfall von Lusche kam diese Gelegenheit dann schneller als geplant. "Das hat auch viel Positives mit der Gemeinschaft gemacht", sagt Vollmer.

52 Ernteteiler hat die Karbacher Solawi inzwischen. Ein Ernteanteil ist laut Vollmer für ein bis zwei Personen gedacht, die Mitgliedschaft wird immer für ein Jahr abgeschlossen. "Das war auch so die Zielgröße für das erste Jahr, die wir hatten", sagt sie. Insgesamt sei bei den Menschen in der Region durchaus Interesse vorhanden, dennoch haben die beiden beim Aufbau der Solawi gemerkt, dass das Prinzip hier noch nicht so bekannt ist und viele Menschen Fragen haben. Aber auch der Satz "Endlich gibt es so etwas hier" sei gefallen.
Solawi-Mitglieder können selbst entscheiden, wie viel sie zahlen
Die Mitglieder sind bunt gemischt, von der jungen Familie bis hin zu älteren Menschen sei alles dabei. Hier ist laut Lusche auch ein weiteres Prinzip der Solawi von Vorteil: Er und seine Partnerin legen den Preis für eine Mitgliedschaft nicht im Voraus fest, sondern stellen die Kosten für das Jahr auf. In einer Bieterrunde kann dann jeder Interessierte selbst entscheiden, wie viel er zahlen will und kann. "Das Schöne ist, dass so auch Leute mit weniger Einkommen mitmachen können", sagt Lusche.
Bei ungefähr 80 bis 90 Euro pro Monat lag die durchschnittliche Beitragsspanne, die die Mitglieder gezahlt haben. Damit konnten Lusche und Vollmer kostendeckend arbeiten. Allerdings merkt Lusche an: "Mit dieser Anzahl an Haushalten können wir aber noch nicht voll wirtschaften." Sie möchten die Zahl der Mitglieder deshalb gerne noch auf circa 70 bis 80 erweitern.
Die Rückmeldung der bisherigen Mitglieder sei sehr positiv. Nur wenige wollen ihren Anteil nicht verlängern, berichtet Vollmer. Für manche sei es aber durchaus eine Umstellung, dass man nicht mehr selbst entscheide, welches Gemüse auf dem Speiseplan steht. Stattdessen müsse man mit dem arbeiten, was die Kiste beinhalte. "Viele mögen das und werden kreativ", berichtet Vollmer. Aber man brauche auch die Zeit, alles zu verarbeiten, eventuell neue Rezepte auszusuchen und auch mal etwas zu probieren, was man sonst nicht kaufen würde.
Über 40 Gemüsekulturen angebaut
Über 40 Gemüsekulturen haben die beiden in ihrem ersten Jahr angebaut, die unterm Strich auch sehr gut gediehen sind. "Wir wussten ja vorher auch nicht sicher, wie der Ertrag wird, aber wurden positiv überrascht", sagt Lusche. Zugute kam ihnen, dass es im vergangenen Sommer immer wieder geregnet hat. Im bevorstehenden Jahr wollen die beiden ihren Anbau noch erweitern. "Wir wollen zum Beispiel einen Folientunnel aufstellen, damit wir auch die Zeit im Winter und Frühjahr besser überbrücken können", sagt Lusche.
"Denn unser Ziel ist die ganzjährige Versorgung und nur aus dem Freiland wird das irgendwann eng", so Vollmer. Sie hätten zwar einiges eingelagert, aber langsam seien auch die Vorräte aufgebraucht. Wichtig ist den beiden auch, dass die Fläche nicht nur für den Gemüseanbau genutzt wird: Auf den insgesamt 1,7 Hektar, die sie aktuell gepachtet haben, wollen sie deshalb auch Sträucher, Hecken und Obstbäume pflanzen.
Am 9. Februar findet um 17.30 Uhr im Haus der Vereine in Karbach eine Infoveranstaltung zum Konzept der Solidarischen Landwirtschaft statt. Kontakt zu Heike Vollmer und Frank Lusche gibt es unter info@kulturgemuese.de, weitere Informationen auf der Website unter www.kulturgemuese.de