Knapp 50 Bürgerinnen und Bürger besuchten am Dienstag die Gemeinderatssitzung in Zellingen. Zusammen mit den Ratsmitgliedern und der Verwaltung befanden sich somit um die 70 Personen im Sitzungssaal, darunter viele Jugendliche. Bürgermeister Stefan Wohlfart (CSU) freute sich zwar über den Andrang, stellte aber direkt klar, dass die Veranstaltung kein Jugenddebattierclub werden dürfe.
Auslöser des Ansturms war Punkt 4 auf der Tagesordnung, der sich mit der Jugendarbeit in Zellingen auseinandersetzte. Wesentlich war dabei auch ein Antrag, der SPD, den Fraktionssprecher Jürgen Keller vortrug. Bei dem jährlich in den Sommerferien stattfindenden Ferienspielplatz bauen Kinder mit Material aus einem Bauwagen Hütten auf dem Gelände der Zellinger Mittelschule. Sie sollen dabei handwerkliches Können und Teamfähigkeit entwickeln.
Vertrag mit Diakonie läuft Ende August aus
Träger des Kooperationsprojekts zwischen Jugendarbeit und Markt Zellingen ist das diakonische Werk Würzburg, in dem Keller selbst schon lange leitend tätig ist. Eben dieser Vertrag mit der Diakonie droht Ende August auszulaufen, sofern sich der Gemeinderat bis Ablauf des Juli nicht für eine Fortführung ausspricht.
Als "für Kinder und Eltern sicheres Betreuungsangebot" bezeichnete Keller den Spielplatz, der für Familien in Zellingen auch ein Signal hinsichtlich Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei. Der am 31. August auslaufende Vertrag bereite ihm und seiner Fraktion daher große Sorgen. "Wenn wir den Vertrag nicht verlängern, ist nicht nur der Spielplatz in Gefahr. Auch alle anderen Angebote der offenen Jugendarbeit müssten von heute auf morgen eingestellt werden", so Keller, der in diesem Zuge auch den Zellinger Jugendtreff ansprach.
Vorschlag der Halbtagsstelle erntet Kritik
Die Zweite Bürgermeisterin Andrea Heßdörfer (Freie Bürger) machte sich nach Kellers Ausführungen eher für den älteren Teil der Zellinger Bevölkerung stark. "Wir haben Kinder, Jugendliche und Familien, die toll betreut werden, dürfen aber die Senioren nicht vernachlässigen", stellte sie fest. Gemeinderätin Stefanie Heßdörfer (CSU) sprang ihr zur Seite und stellte dem Gremium ihre Idee vor: "Mein Vorschlag wäre, eine pädagogische Fachkraft einzustellen, die sich jeweils halbtags um die Jugendarbeit und die Seniorenarbeit kümmert". So könne man die Betreuung beider Gruppen abdecken, sagte Stefanie Heßdörfer.
Gegenwind bekamen die beiden dazu von der roten und grünen Fraktion. Sonja Rupp (Grüne) erinnerte daran, dass eine Auseinandersetzung mit der Jugendarbeit im Umkehrschluss nicht bedeute, die Senioren aus den Augen zu verlieren. Sie unterstütze die Fortführung des Vertrags mit der Diakonie. Auch SPD-Mitglied Werner Küffner betonte, die Jugend weiter fördern und parallel Seniorenarbeit zu wollen. "Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass eine Halbtagsstelle pro Altersgruppe das nicht leisten kann", so Küffner.
Bürgermeister sieht aktuelle Fehlentwicklungen
Alexander Hoffmann (CSU) war nach dem Antrag wichtig, dass die Debatte "keine Schieflage bekommt". Er bemängelt, dass der Antrag den Eindruck erwecke, dass es in Zellingen keine Jugendarbeit mehr gebe, wenn der Rat der Fortführung mit der Diakonie nicht zustimmt. "Wir entscheiden doch jetzt an dieser Stelle nicht, dass wir die offene Jugendarbeit in Zellingen einstellen. Aber es muss doch möglich sein, zu überlegen, ob wir Dinge ändern können, das ist doch legitim", so Hoffmann.
Stefan Wohlfart hakte an dieser Stelle ein und versuchte, die geplanten Abstimmungen des Tagesordnungspunkts zu sortieren. Er verwies auf die verschiedenen Unterpunkte im Sachvortrag, die teilweise mit dem Antrag der SPD und auch einem Angebot der Diakonie zu tun hätten. "Es geht hier heute nicht um die Intention, die Zusammenarbeit mit der Diakonie zu beenden. Ich persönlich sehe aber, dass es aktuell Fehlentwicklungen gibt und wir müssen spätestens im September 2026 entscheiden, wie wir künftig weitermachen möchten", so Wohlfart.
SPD-Antrag wird mehrheitlich abgelehnt
Der Ferienspielplatz, um den sich der SPD-Antrag dreht, sei Teil des Jugendtreffs, nicht aber der Ferienbetreuung. Es handele sich dabei um zwei voneinander getrennte Verträge, erklärt Wohlfart, der nicht leugnen konnte, dass es das "in der Gesamtübersicht schwierig" mache. "Wir haben insgesamt viele Verträge, die ineinander greifen und müssen bewerten, wo wir als Kommune Einflussmöglichkeiten haben", sagt Wohlfart.
Unterm Strich stellte der Bürgermeister es so dar: Der Antrag der SPD sehe vor, alles so weiterlaufen zu lassen, wie es derzeit ist. Würde dieser abgelehnt, werde man über die Punkte, die in vorherigen Sitzungen besprochen wurden, "kaskadenmäßig" abstimmen.
Nach weiteren formalen Diskussionen zwischen Keller und Wohlfart wurde der SPD-Antrag schließlich zur namentlichen Abstimmung gestellt und vom Zellinger Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt. Wie genau es mit dem Ferienspielplatz nach den anstehenden Sommerferien weitergehen wird, ist somit unklar.
Beschlussfassung in Fragen zur Jugendarbeit vertagt
Anschließend wurden im Sitzungssaal die drei in der Beschlussvorlage aufgelisteten Entscheidungen zum Thema Jugendarbeit diskutiert. Gegenstand der ersten ist die Frage, wie die Ferienbetreuung bis 2026 vonstattengehen soll. Dem Rat liegen dazu zwei Angebote vor, eines davon von der Diakonie. Die zweite Frage dreht sich konkret um den Jugendtreff und darum, in welcher Form dieser weiterhin betrieben werden soll. Bei der dritten und letzten Frage, über die das Gremium entscheiden soll, geht es um die Jugendsozialarbeit an Schulen und die aktuelle Problematik der dabei steigenden Gemeindeanteile.
Zu Abstimmungen über diese drei Punkte kam es am Dienstag jedoch nicht. Wohlfart setzte die Beschlussfassung kurzerhand ab, nachdem Keller Einspruch erhoben hatte. "Wir wussten nicht, dass wir heute über etwas Anderes abstimmen als unseren Antrag", so der SPD-ler. Der Bürgermeister kündigte daher an, die Punkte zwar im Gremium zu besprechen, die Abstimmungen jedoch auf die nächste Sitzung am 30. Juli zu vertagen.
Mit möglichst billig wird die bestehende gute Jugendarbeit zerstört. Aktuelle Fehlentwicklungen? Gute Jugendarbeit ist die beste Investition in die Zukunft und eine gute Prävention vor einem Abdriften aus der Gemeinschaft. Und genau diese Fehlentwicklung ist durch dieses Abstimmungsverhalten jetzt eher wahrscheinlich.
Und um die vielen guten Mitarbeiter tut es mir genauso leid, wie um die Jugendlichen, die starke und verlässliche Partner verlieren werden. Und den Senioren ist mit der Entscheidung für eine gesplittete Stelle auch nicht geholfen. Auch hier wurden Entscheidungen über die Köpfe und ohne Anhörung des Seniorenbeirates getroffen.