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Obersfeld
In Obersfeld gehen die Kinder aus: Warum der Kindergarten in Zeiten des Kita-Mangels darum kämpfen muss, sein Personal zu halten
Schon geringe Schwankungen bei der Anzahl an Kindern stellen den kleinen Kindergarten vor Probleme. Wie der Platzmangel in anderen Einrichtungen die Leiterin zusätzlich vor Planungsunsicherheiten stellt.
Die Krippe in Obersfeld hat bald so wenig Kinder, dass Leiterin Claudia Lankes (im Bild) darüber nachdenken muss, wie sie ihr Personal halten kann.
Foto: Tabea Goppelt | Die Krippe in Obersfeld hat bald so wenig Kinder, dass Leiterin Claudia Lankes (im Bild) darüber nachdenken muss, wie sie ihr Personal halten kann.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:49 Uhr

Die Leiterin des Kindergartens im Eußenheimer Gemeindeteil Obersfeld kämpft mit Kindermangel – so sehr, dass sie sogar Personal gehen lassen muss und die Zukunft der Einrichtung ungewiss sieht. "Für mich ist es ein Unding, darüber nachdenken zu müssen, ob es die Krippe in den nächsten Jahren noch geben wird, während überall alles aus den Nähten platzt", sagt Claudia Lankes.

Der Kindergarten umfasst derzeit eine Regelgruppe mit 22 Kindern und eine Krippengruppe mit sieben Kindern. Doch bis im September werden es in der Krippe vielleicht nur noch zwei Kinder sein, auch weil die Kinder mit drei Jahren in die Regelgruppe wechseln. Für das Jahr 2024 gibt es bisher keine Anmeldungen, erst für 2025 liegen der Leiterin wieder drei Anmeldungen in der Krippe vor. Im Sommer würde dann die Regelgruppe ebenfalls unter 20 Kinder rutschen, wenn die Vorschulkinder den Kindergarten verlassen.

Bis vor wenigen Jahren war die Gruppe knapp zu groß

Immer wenn Kinder gehen, fallen für die Betreuung sofort bezahlte Stunden weg. So kann Lankes ihr Personal auf Dauer nicht halten. Sieben Betreuerinnen arbeiten in Obersfeld in Teilzeit. Ende Dezember 2023 reduzierte sich das Team um eine Mitarbeiterin, im Juli wird die Auszubildende kaum eine Übernahmechance haben. Dabei musste Lankes bis vor vier Jahren noch eine Sondergenehmigung einholen, weil die Gruppe etwas zu groß war. "Es geht rauf und runter", sagt sie.

Seit es sich herumspricht und Lankes Werbung für den Kindergarten macht, gebe es auch Interesse von Familien aus anderen Ortschaften an Plätzen in Obersfeld. Ein Kind aus Gemünden ist in der Gruppe, selbst aus Hammelburg hätten sie schon Anfragen erreicht. Doch findet sich im Heimatort ein Platz, würden die Anmeldungen regelmäßig wieder zurückgezogen. Noch ein Aspekt, der die Personalplanung schwieriger macht, auch wenn Lankes die Eltern gut verstehen kann.

"Ich möchte nicht aufgeben. Wir sind ein gutes Team, wir verstehen uns gut."
Claudia Lankes, Kindergarten-Leiterin in Obersfeld

Die Betreuerinnen hätten Angst: "Bin ich die Nächste?", würden sie Lankes immer wieder fragen. "Ich möchte nicht aufgeben. Wir sind ein gutes Team, wir verstehen uns gut", sagt sie. Einen Job würden ihre Mitarbeiterinnen schnell wieder finden. Dass sie selbst schnell Personal für eine Teilzeitstelle findet, sollten sich wieder mehr Kinder anmelden, bezweifelt die Leiterin: "Wer fährt von irgendwo hier für ein paar Stunden her?", fragt sie sich. 

"Jeder sucht Personal, jeder hat zu viele Kinder, jeder hat zu wenig Platz", fasst Lankes ihre Eindrücke aus anderen Einrichtungen zusammen und kann ihre eigene Situation kaum fassen. "Je kleiner die Einrichtung, desto schlechter lässt sich das kompensieren", sagt Lankes über die schwankenden Kinderzahlen. Deshalb habe sie bereits die Förderung als "Landkindergarten" beantragt, doch momentan sei die Gruppe dafür noch zu groß.

Die Leiterin des Obersfelder Kindergartens Claudia Lankes steht im leeren Gruppenraum. Wenn keine Anmeldungen mehr kommen, bleiben zum neuen Kindergartenjahr nur zwei Krippenkinder übrig.
Foto: Tabea Goppelt | Die Leiterin des Obersfelder Kindergartens Claudia Lankes steht im leeren Gruppenraum. Wenn keine Anmeldungen mehr kommen, bleiben zum neuen Kindergartenjahr nur zwei Krippenkinder übrig.

Fällt die Zahl der betreuten Kinder unter 25, könnte die Förderung greifen und die Zahl der Kinder für die Berechnung der Betreuungsstunden fiktiv bei 25 halten. "Durch die Sonderförderung soll sichergestellt werden, dass – auch bei geringerer Anzahl von betreuten Kindern – das erforderliche pädagogische Personal finanziert werden kann", heißt es vonseiten der Regierung von Unterfranken.

Und wie sieht es in den umliegenden Kindergärten aus? In Eußenheim, Aschfeld und Obersfeld gibt es Kindergärten, alle von drei verschiedenen St. Johannis-Zweigvereinen getragen, erklärt Bürgermeister Achim Höfling. In Eußenheim und Aschfeld seien die Regelgruppen voll bis leicht überbelegt, die Krippen seien ebenfalls voll.

Die Zahl der Geburten in der Gemeinde sinkt wieder

"Vor zwei Jahren hatte die Gemeinde das Problem, dass zu viele Krippenkinder da waren", sagt Höfling. Der Bürgermeister begründet das mit zwei besonders geburtenstarken Jahren hintereinander. Im Gemeindeteil Bühler startete deshalb eine Mutter, die selbst Erzieherin ist, kurzerhand eine private Kindertagespflege.

Seither habe die Zahl der Geburten in der gesamten Gemeinde allerdings wieder abgenommen. Die Großtagespflege in Bühler werde wohl auch im September auslaufen. Höfling weiß: Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Betreuerinnen nur weitermachen würden, solange Bedarf da ist. Momentan sei nicht absehbar, dass es wieder nötig sein werde.

"Ich sehe es als großes Problem, wie die finanzielle Unterstützung der Kindergärten geregelt ist – das ist ein strukturelles Problem."
Achim Höfling, Bürgermeister von Eußenheim

"Ich sehe es als großes Problem, wie die finanzielle Unterstützung der Kindergärten geregelt ist – das ist ein strukturelles Problem", sagt der Bürgermeister. Im Juli gehen die Vorschulkinder und über das Jahr fülle sich der Kindergarten wieder, die Unterstützung richte sich aber nach angemeldeten Stunden. "Im Sommer ist zu viel Personal da und am Ende des Jahres wird es eng. Es ist so angelegt, dass das jedes Jahr ein Rauf und Runter ist", so Höfling. 

Bürgermeister will zunächst die weitere Entwicklung abwarten

Er führt eine Idee aus der aktuell diskutierten Krankenhausreform an: Krankenhäuser würden von reinen Fallpauschalen auf eine Art Vorhalteunterstützung umstellen, das kann er sich auch für Kindergärten vorstellen. In Obersfeld sieht Höfling ein weiteres Problem: "Es wurde ausgebaut für die Krippe, aber es war nicht so viel Platz." Deshalb würden die Räumlichkeiten nur eine Betreuung von acht Kindern zulassen.

Mit der gleichen Anzahl von Personal könnten allerdings auch zwölf Kinder betreut werden. Die Krippe in Obersfeld müsste also immer voll belegt sein, um wirtschaften zu können – andere Krippen mit Platz für bis zu zwölf Kinder könnten Schwankungen in der Anzahl leichter verschmerzen. Lankes spürt das im Alltag: Eine Standardzahl, die sie aus anderen Krippen kennt, seien zwölf Kinder auf zwei Betreuerinnen. Auch für acht Kinder müsse sie aber zwei Betreuerinnen einsetzen.

 "Die anderen zwei Kindergärten wissen, dass es dort freie Plätze gibt, und geben das weiter", führt Höfling als akute Lösungsstrategie für den Obersfelder Kindermangel an. Mehr finanzielle Unterstützung von der Gemeinde kann er sich derzeit nicht vorstellen. Im laufenden Betrieb gehe schon jetzt mehr Geld an die Kindergärten als an die Schulen, erklärt er.

In der jüngsten Gemeinderatssitzung informierte Höfling über die Situation in den Kindergärten. Die Ratsmitglieder hätten mit Betroffenheit auf die Nachrichten aus dem Kindergarten Obersfeld und der Großtagespflege reagiert. Bei dieser reinen Information will Höfling es zunächst belassen. Wenn der Trägerverein wirklich in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollte, dann wolle er nach weiteren Lösungen durch die Gemeinde suchen.

 
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