
Die Zeit scheint sich anders zu verhalten in Main-Spessart als in anderen Erdteilen. Ein Kuriosum, das sicherlich auch Albert Einstein beeindruckt hätte. Die folgenden Vorfälle der vergangenen Tage lassen keine andere Schlussfolgerung zu.
Da wäre etwa die Umgehung Wiesenfeld. Ein Bauprojekt, das sich im Raum-Zeit-Kontinuum wohl ausgerechnet so platziert hat, dass dem Landratsamt völlig überraschend die lange geplante Sperrung der Ortszufahrtsstraßen vor die Füße gefallen ist. "Aufgrund der Kurzfristigkeit der Baumaßnahmen" musste offenbar spontan ein Shuttle-Bus eingerichtet werden, um die Wiesenfelder aus und respektive wieder in den Ort zu kriegen. Der Bau ist ja auch erst seit Jahrzehnten im Gespräch, wurde jahrelang im Stadtrat diskutiert und hat kürzlich vor mehr als einem Jahr begonnen.
Könnte zudem ein zeitliches Missverständnis dahinter stecken, dass der Coworking-Space in Karlstadt so wenig Publikum findet? In Zeiten von Homeoffice eigentlich eine tolle Sache: Wenn die Zeit ohne soziale Kontakte vor dem Bildschirm zu Hause lang wird, oder die Kinder den hausinternen Schreibtisch in eine Carrera-Bahn verwandeln, dann können sich Schreibtischtäter und -täterinnen dort einmieten und das externe Büro gemeinsam genießen.
Offen von 0 Uhr bis 0 Uhr - also nie?
Doch ebendiese Schreibtische wurden seit dem Start vor einem Jahr nur 30-mal gemietet, wie zuletzt in Karlstadts Digitalausschuss bekannt wurde. Vielleicht liegt es an den Öffnungszeiten, die auf der Website angegeben sind: Sonntag bis Samstag von 0 Uhr bis 0 Uhr. Heißt das jetzt, dass der Coworking-Space immer oder nie geöffnet hat? Eine Frage für die Philosophen unter uns.
Völlig aus dem Kontinuum gefallen ist auch die Eröffnung des Wonnemar in Marktheidenfeld. Erst sollte das Bad im Mai öffnen, dann im Juni, im Juli steht nun gar kein fixer Termin mehr fest. Warten wir einfach mal ab, bis Weihnachten auf Ostern fällt – oder vielleicht war die Eröffnung auch schon, in genau dem undefinierbaren Etwas an Zeit zwischen 0 Uhr und 0 Uhr, und wir alle haben sie nicht mitbekommen.
Zeit muss so mancher auch mitbringen, wenn er oder sie auf schnelles Internet wartet. Seit September 2023 ist das Glasfaserkabel in der Straße eines Marktheidenfelders verlegt. Das Haus ist mittlerweile schon angeschlossen, doch das schnelle Internet lässt auf sich warten. Wer weiß, vielleicht macht es sich mit der Regionalbahn auf den Weg nach Marktheidenfeld.
Wenig Zeit lässt Hubert Aiwanger aktuell verstreichen, wenn es darum geht, bei Besuchen im Landkreis markante Sprüche zu landkreiseigenen Themen kundzutun. Zunächst bei "Jetzt red i" Ende vergangenen Jahres, nun bei einer "Wir im Spessart"-Veranstaltung. Lange schon beschäftigen sich Stadträte und Gemeinderäte in ihrer Freizeit stundenlang mit dem Biosphärenreservat, diskutieren das Thema differenziert mit Vor- und Nachteilen. Hier wagt der Berufspolitiker Aiwanger den zeitlichen Quantensprung und betitelt das Reservat kurz und knapp als "Schnapsidee, die wir beerdigen müssen". Eine seltsame Bezeichnung für einen demokratischen Meinungsfindungsprozess.