Nach einer pandemiebedingt aufreibenden Spielzeit und dem anstrengenden Abbau auf der Scherenburg brauchten die Verantwortlichen im Gemündener Festspielbüro erstmal eine Woche zum Durchatmen: Im Gespräch mit dieser Redaktion zeigte sich das Organisationsteam der Scherenburgfestspiele nun äußerst zufrieden mit der diesjährigen Saison. "Wir haben gar nicht mit so viel Zuspruch gerechnet", berichtet Christoph Michl, der sich seit vergangenem Jahr mit Bianca Ditterich die Geschäftsführung teilt.
64 Vorstellungen auf der Scherenburg
Die beiden seien sich bewusst gewesen, dass die Festspiele unter Corona-Bedingungen "komplett anders" seien würden als sonst. "Die Leute haben sich aber darauf eingelassen." Insgesamt kamen 11 000 Gäste zu 64 Vorstellungen; 60 dieser Termine sind den drei Eigenproduktionen zuzurechnen. Obwohl das deutlich weniger Besucherinnen und Besucher waren als in den Vorjahren, sei das ein "grandioser Erfolg", so Michl. Während der Planungen im Herbst 2020 hätten er und seine Kollegin gerade mal darauf gehofft, 9000 Menschen auf die Burg zu locken. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatten die Festspiele insgesamt 25 000 Zuschauerinnen und Zuschauer.
Geschuldet ist die geringere Zahl an Besuchern selbstverständlich der Pandemie – und dem Umstand, dass dieses Jahr dementsprechend nur 200 statt knapp 600 Gäste pro Vorstellung im Publikum sitzen durften. Das ist laut Michl die Obergrenze an Plätzen gewesen, damit der Innenhof unter Einhaltung des Mindestabstands noch sinnvoll bestuhlt werden konnte und jeder eine gute Sicht hatte.
Die Musik-Komödie "Beatles an Bord" und das Kinderstück "Emil und die Detektive" waren immer ausverkauft. Das Theaterstück "Raub der Sabinerinnen" konnte das nicht bei jeder Vorstellung erreichen – auch wenn die Schauspielerinnen und Schauspieler "regelmäßig Standing Ovations" erhielten, wie Michl betont.
Verständnis für Infektionsschutz-Maßnahmen
Grund dafür sei vielmehr gewesen, dass das Stück mit einer Doppelbesetzung gespielt und daher auch an doppelt so vielen Abenden aufgeführt wurde, wie das in einer normalen Spielzeit der Fall gewesen wäre, erklärt Christoph Michl.
Durch die zweifache Besetzung der Rollen wollten die Organisatoren zum einen heuer erstmals allen "Scherenbürgern" die Möglichkeit geben in einer Saison aufzutreten, nachdem die Festspiele 2020 wegen Corona ausfallen mussten. Die Laienschauspieler hätten "wahnsinnige Lust" gehabt, endlich wieder auf der Bühne zu stehen, erklärt Michl. Zum anderen sei die Zweitbesetzung ein Sicherheitsvorkehrung gewesen, falls sich einer der Darsteller mit Corona infiziert hätte.
Seitens der Zuschauerinnen und Zuschauer sei das Verständnis für die Infektionsschutz-Maßnahmen groß gewesen, so Michl. "Heiße Diskussionen" habe es nicht gegeben, höchsten habe mal ein Gast erinnert werden müssen, seine Maske richtig aufzuziehen. "Und klar gab es Personen, die gesagt haben: Das ist mir zu viel Firlefanz, ich komme im nächsten Jahr wieder." Die meisten Leute seien aber so froh gewesen, wieder Kultur erleben zu dürfen, dass sie das gerne in Kauf genommen haben.
Festspiele waren auf Fördergelder angewiesen
So glücklich das Festspielteam auch ist: Noch eine Saison unter Corona-Bedingungen wünschen sich Christoph Mich und Bianca Ditterich nicht. Denn da war immer das "große Damoklesschwert der Pandemie". Von Herbst 2020 bis Mai dieses Jahres sei die "Unsicherheit" sehr groß gewesen, erzählt Michl. "Da geht man schon mal abends nach Hause und überlegt sich, wie motiviere ich die Truppe und wie finanziere ich den ganzen Spaß. Da geht es um existenzielle Fragen." Begegnet seien sie der Situation "mit ganz viel Optimismus" und indem sie sich nicht aus der Ruhe haben bringen lassen, so Bianca Ditterich.
Die Festspiele waren dieses Jahr auf Förderprogramme der öffentlichen Hand angewiesen. Nur durch die Erlöse aus den Eintrittsgeldern wäre es mit reduziertem Publikum heuer nicht gelungen, den Aufwand zu finanzieren.
Im kommenden Jahr wollen die Festspiele ihre Gäste bereits auf der neuen Zuschauertribüne begrüßen. Die Aufführungen werden dann hinter der Burgruine stattfinden. Die Bauarbeiten dafür starten bereits im September. Zunächst wird ein Wendeplatz für Rettungsfahrzeuge errichtet. Ob die Schauspielerinnen und Schauspieler den Abschied von ihrer alten Bühne bedauern oder eher schon gespannt sind auf die neue Spielstätte? "Beides", sagt Ditterich. "Unsere Darsteller haben sich aber schon auf die Veränderung eingestellt und die Vorfreude ist riesig." Nähere Informationen zur kommenden Saison will das Festspielbüro im Dezember bekanntgeben.