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Lohr
Früherer Europa-Staatsminister Eberhard Sinner: AfD ist das "größte Risiko für Wohlstand und Sicherheit"
Die EU muss schneller reagieren auf Krisen und Veränderungen, fordert der CSU-Politiker nach der Europawahl 2024. Dass es keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, sieht er kritisch.
Eberhard Sinner hat in seiner Zeit als Bayerns Staatsminister für Europaangelegenheiten bewusst einen Zweitwohnsitz in Brüssel gehabt: 'Mir war wichtig, Europapolitik nicht aus dem Koffer zu machen.'
Foto: Björn Friedrich (Archivbild) | Eberhard Sinner hat in seiner Zeit als Bayerns Staatsminister für Europaangelegenheiten bewusst einen Zweitwohnsitz in Brüssel gehabt: "Mir war wichtig, Europapolitik nicht aus dem Koffer zu machen."
Carolin Schulte
 |  aktualisiert: 17.06.2024 02:38 Uhr

Den ehemaligen bayerischen Staatsminister für Europaangelegenheiten, hat das Ergebnis der Europawahl nicht überrascht: "Ich bin viel in den Sozialen Medien aktiv, da sieht man, wie die Leute ticken und was ihre Argumente sind", sagt Eberhard Sinner. Der 79-jährige CSU-Politiker lebt in Lohr (Lkr. Main-Spessart) und Bad Kissingen, hat seit vielen Jahren ein Theaterabo in Meiningen und beschäftigt sich nach eigener Aussage auch deshalb mit Thüringen und den Menschen dort.

Den Wahlerfolg der AfD in den östlichen Bundesländern könne man rational gar nicht erklären, sagt Sinner. Seine Theorie: Nach Jahren der demokratischen Entmündigung hätten die Menschen hier erst vor vergleichsweise kurzer Zeit aus eigener Kraft wieder Unabhängigkeit erlangt. Sie würden sich deshalb jetzt schwer tun mit dem Gedanken, wieder Kompetenzen an Europa abgeben zu müssen. 

Sinner: Jungen Wähler fehlt Medienkompetenz

Das Konzept Europa - Deutschland überträgt Macht an Europa, wird dadurch aber gestärkt - sei schwer zu erklären, meint der frühere Staatsminister: "Gegen Unternehmen wie Microsoft oder Google wird ein deutscher Politiker, der alleine irgendwo piepst, einfach nicht ernst genommen." nennt er als Beispiel.  

Der Nationalstaat sei allein total überfordert in der globalisierten Welt, so Sinner. "Aber institutionell sind wir in Brüssel noch nicht so weit, dass wir schnell Lösungen anbieten können. In diesem Dilemma sehnen sich manche den kuscheligen Nationalstaat zurück."

Dass so viele junge Leute die AfD wählten, hält der Lohrer für erschreckend. Es mangele an Medienkompetenz, vermutet er, und an der Fähigkeit, Falschinformationen zu erkennen. Die AfD ist für den 79-Jährigen "das größte Wohlstands- und Sicherheitsrisiko für Deutschland". Aber um das zu erkennen, müsse man eben das Wahlprogramm lesen. "Stattdessen reagieren die Menschen nur auf irgendwelche Tweets und sind über Algorithmen nur in ihrer eigenen Blase."

Sinner: Etablierte Parteien müssen für junge Menschen attraktiver werden

Unsinnig ist in Sinners Augen, dass es bei der Europawahl keine Fünf-Prozent-Hürde gibt. "Von diesen kleinen Parteien sitzen jetzt einzelne Vertreter im Parlament und werden gut bezahlt, aber die Wirkung ist null." Wer in Europa regieren will, brauche Mehrheiten. "Wenn ich mich eins zu eins verwirklichen wollte, müsste ich meine eigene Partei gründen – aber dann hätte ich nichts zu melden." In der Politik müsse man zu Kompromissen bereit sein und sich "vielleicht einer Partei anschließen, mit deren Ideen ich zu 50 oder 60 Prozent einverstanden bin".

Der Wegfall der Sperrklausel habe den Splitterparteien "uferlose Möglichkeiten" eröffnet. In der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen haben 28 Prozent eine der kleineren Parteien gewählt. Für Sinner ist das ein Zeichen, dass die etablierten Parteien attraktiver werden müssen für junge Menschen. 

 
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Solange Herr Sinner nicht seine Botschaft per Tictoc- und Youtube-Filmchen und Telegram verbreitet, wird er die Wähler, für die der "Mainstream" von Grund auf böse ist, nicht erreichen.
    Aber aus den eigenen Reihen wird er natürlich sehr viel Beifall erhalten. Und das ist vielleicht auch seine alleinige Absicht.
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  • Thomas Hemmerich
    Die Aussage von Hr. Sinne bzgl der Parlamentarier der kleinen Parteien ist frech, unverschämt und anmaßend zugleich. "Deren Vertreter sitzen gut bezahlt, aber die Wirkung ist null". Mag sein, aber auch sie vertreten einen Teil der Wähler und somit Bürger dieses Landes. Ob sie denn gute Arbeit leisten, kann ich nicht beurteilen, da sie nicht im Rampenlicht stehen und somit wenig an die Öffentlichkeit dringt. Aber werden die Parlamentarier der etablierten Parteien nicht auch zu hoch bezahlt, bleiben blass und ihr politisches Wirken gleich Null? Das trifft nicht auf alle zu, aber auch nicht auf wenige.
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  • Thomas Hemmerich
    Wie sich doch die Aussagen von Politikern ( ob noch aktiv oder nicht) doch ändern. Or der Wahl, da waren die 16-24 jährigen die Hofnungsträger der Grünen und Roten. Dachten sie doch, gerade in dieser Altersklasse viele neue Wähler gewinnen zu können und boxten es gegen den Willen der konservativen Parteien durch.

    Nun aber, nach der Wahl und nachdem man nun sieht, das die jungen Wähler meist rechts, konservativ oder lieber eine der kleinen Parteien gewählt haben, spricht man ihnen ....wie hier Hr. Sinne.....mal ganz schnell die Medienkompetenz oder gar den Durchblick ab. Ich glaube eher, die jungen Menschen sehen ganz gut, was in unserem Land passiert und geben daher ihre Stimme nur ungern den etablierten Parteien. Ich warte nun darauf, dass von der derzeitigen Regierung das Wahlalter wieder auf 18 heraufgesetzt wird. Wundern würde mich das nicht.
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  • Norbert Meyer
    Herr Sinner, nun fast 80 Jahre, gut versorgt auf Steuerzahlerskosten, lästert nun sinn(er)los über Jungwähler : "Jungen Wähler fehlt Medienkompetenz" !
    Die jungen Leute wissen, dass sie die Zeche für die verfehlte Politik der alten Parteien
    zahlen müssen u. sehen in ihrem täglichen Leben in Schule, Beruf u. Freizeit was alles falsch läuft. Daher ist es nur folgerichtig, daß sie die Partei wählen, die ihre Zukunft u. ihr Wohl sichert. Der Mainstream und "Wokegrün" sind aus ihrem Traum geworfen worden.
    Die Jugend wählt Blau, trotz Fantastillionen teurer Kampagnen u. Dauerwoke-Bestrahlung durch Medien&Politik.
    Liebe Jugend, wenn die ""Woken"" weinen habt ihr alles Richtig gemacht ! !
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  • Reinhard Rauch
    Herr Sinner hat vollkommen Recht. Aber die Parteien alleine werden es nicht richten. In Familien, mit Bekannten, Arbeitskollegen, etc brauchen wir eine sachlichere, politische Diskussionskultur. Gerade auch, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt. Aber die Politiker aller Parteien leben das gerade auch nicht vor.
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