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Würzburg
Zweistellige Ergebnisse in Würzburger Studierenden-Milieu bei Europawahl: Was steckt hinter der Partei Volt?
Wie die Kleinpartei Volt in Würzburg bayernweit ihr bestes Resultat bei der Europawahl erzielte - und welche Rolle die lila Plakate mit den schrägen Sprüchen spielten.
'Sei kein Arschloch': Mit Plakaten wie diesem traf die junge Partei Volt offenbar bei vielen Wählerinnen und Wählern in der Würzburger Innenstadt einen Nerv.
Foto: Thomas Obermeier | "Sei kein Arschloch": Mit Plakaten wie diesem traf die junge Partei Volt offenbar bei vielen Wählerinnen und Wählern in der Würzburger Innenstadt einen Nerv.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.06.2024 02:48 Uhr

An den lila Plakaten mit schrägen Sprüchen kam in Würzburg schon seit Mitte April niemand vorbei. Die halbe Stadt und viele Ausfallstraßen schienen damit zugepflastert zu sein. Slogans wie "Sei kein Arschloch" oder "Mehr Eis" fanden vielleicht nicht alle Passanten so mega-cool.

Aber die Kleinpartei Volt, bislang eine eher unbekannte im Spektrum der 34 Gruppierungen, die bei der Europawahl auf dem Wahlzettel standen, war schon mal im Gespräch.

Am Wahlsonntag, abends nach der Auszählung, rieben sich dann viele überrascht die Augen: 6,9 Prozent der Stimmen erzielte Volt im Stadtgebiet von Würzburg, so viel wie sonst nirgendwo in Bayern. In den stark studentisch geprägten Stadtteilen Altstadt und Grombühl war das Ergebnis von Volt mit 10,6 und 10,7 Prozent sogar zweistellig, in der Sanderau mit 9,7 Prozent knapp davor.

Volt erzielte bei Europawahl zweistellige Ergebnisse in Würzburger Stadtteilen

"Ergebnisse, die alle unsere Erwartungen übertroffen haben", sagt Lionel Bachelart, der Sprecher der Würzburger Volt-Gruppe. Man hätte sich nach den 1,1 Prozent vor fünf Jahren auch schon über drei Prozent gefreut, so der 21-Jährige, der gerade bei s.Oliver eine Ausbildung zum E-Commerce-Kaufmann absolviert.

Lionel Bachelart ist der Sprecher der Würzburger Volt-Gruppe.
Foto: Matthias Moeser | Lionel Bachelart ist der Sprecher der Würzburger Volt-Gruppe.

Bachelart und einem guten Dutzend Mitstreiter ist es offenbar gelungen, die Idee einer paneuropäischen Partei mutmaßlich jungen Leuten schmackhaft zu machen.

Auch in anderen Unistädten holte Volt gute Ergebnisse bei der Europawahl

"Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger", so lässt sich das Konzept der Mittel-Links-Partei zusammenfassen, die 2017 als Antwort auf den Brexit gegründet wurde. Volt gibt es in 30 europäischen Ländern, in 15 ist sie zur diesjährigen Europawahl angetreten.

Mit einem Abgeordneten aus Deutschland war Volt bislang schon im Europaparlament vertreten. Künftig sind es drei aus Deutschland und zwei aus den Niederlanden, wo Volt schon länger dem nationalen Parlament angehört.

Noch ein Volt-Plakat in Würzburg, das vor der Europawahl offenbar für Gesprächsstoff sorgte.
Foto: Thomas Obermeier | Noch ein Volt-Plakat in Würzburg, das vor der Europawahl offenbar für Gesprächsstoff sorgte.

Bei der Wahl am Sonntag kam die Partei deutschlandweit auf 2,6 Prozent und lag damit nur ganz knapp hinter der Linken und den Freien Wählern mit 2,7 Prozent. Vor allem in den Unistädten wurde die Basis für den Erfolg gelegt. In München erzielte Volt 5,8 Prozent, in Berlin 4,8 Prozent, im hessischen Darmstadt gar 10,9 Prozent. Parallel zu Volt-Erfolgen verloren häufig die Grünen. 

Ziel von Volt ist mehr Demokratie in den europäischen Institutionen

Einer, der seit 2018 schon bei Volt dabei ist, ist der Schauspieler Hans-Günter Brünker. Der 57-Jährige ist in Bad Brückenau (Lkr. Bad Kissingen) groß geworden und hat in Würzburg Chemie studiert. Heute lebt er in Bamberg. Brünker sitzt dort seit 2020 als einer der ersten Volt-Mandatsträger überhaupt im Stadtrat, auf der Europaliste belegte er diesmal Platz zwölf.

Ziel der Partei sei es, Europa mehr noch zu demokratisieren, erläutert der 57-Jährige. Das Parlament müsse das Recht bekommen, selbst Gesetze einzubringen.

Und wenn es schon auf absehbare Zeit keine europäische Regierung geben werde, so müsse das Einstimmigkeitsprinzip im Europäischen Rat abgeschafft werden, das in vielen Fragen ein Vorankommen verhindere. Klimaschutz oder auch Steuergerechtigkeit seien keine nationalen Themen, sie bedürften europäischer Lösungen.

In Würzburg sieht Volt das Erfolgsrezept für die Europawahl im Straßenwahlkampf

Zurück nach Würzburg. Lionel Bachelart sagt, das Erfolgsrezept hier sei der Straßenwahlkampf gewesen. Die Plakate hätten viele neugierig gemacht. So es sei es leicht gewesen, mit den jungen Leute, die am Mainufer chillen oder vor der Uni oder auf den Ausgehmeilen zusammenstehen, ins Gespräch zu kommen. "Wir haben da Vollgas gegeben - und sind vier Wochen lang jeden Tag raus."

Eines Abends im Wahlkampf habe man zwei junge Menschen getroffen, die sich an einem "Sei kein Arschloch"-Plakat zu schaffen machten. "Das ist Sachbeschädigung", griffen die Volt-Leute ein und wollten schon zur Polizei. "Das Plakat ist so geil, wir wollen es in unsere WG hängen", antworteten die Unbekannten, so erzählt es Bachelart. "Wir wurden uns schnell einig: Fünf Euro Parteispende - und das Plakat gehörte ihnen."

 
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  • Hans-Georg Heim
    Es ist halt immer problematisch wenn junge Leute, die noch nichts geleistet und noch nicht viel gelernt haben, noch keine Lebenserfahrung sammeln konnten, ausgerechnet denen die das alles haben die Welt erklären, geschweige auch noch mitregieren wollen. Völlig untauglich eine der führenden Wirtschaftsmächte mit zu verwalten.
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  • Dietmar Eberth
    Das ist mir lieber als AfD wählen oder sogenannte "Wahlen" ala Russland.
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  • Matthias Braun
    Jede Stimme die man nicht der AfD gegeben hat ist eine Stimme für die Demokratie.
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  • Hiltrud Erhard
    Traurig, dass mit den Stimmen für solche Randgruppen klare Verhältnisse verschenkt werden.
    Manchmal möchte man meinen, dass Studenten eher in der Lage sein müssten, eine klare Haltung zu haben. Stattdessen muss man sich doch veräppelt vorkommen, wenn Gruppierungen gewählt werden, die sich durch null politische Arbeit, null Inhalte, oder auch Möglichkeiten, der Einflussnahme.
    Daher sind diese Stimmen einfach nur verschenkt!
    Einfluss Nehmen und mitbestimmen kann man auch, indem man einer Partei Beitritt und dort seine Ziele platziert, die Leute mitnimmt und sich auch dem Votum stellt.
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  • Norbert Roth
    Nur wer nicht wählt, verschenkt sein Stimme!
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  • Hiltrud Erhard
    Völlig desaströse Inhalte, unterirdische Wahlplakate, Aussagen von gestern... ein Rätsel wie ma hier Stimmen verschenken kann und somit demokratische Parteien schwächt!
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  • Hans Fuchs
    Mit dieser Aussage unterstellen Sie also der Partei Volt, dass sie nicht zu demokratischen Parteien gehört. Vermutlich hätten Sie am liebsten noch die Parteienlandschaft der 70er Jahre mit Union, SPD und FDP.
    Ich finde eher diesen Denkansatz undemokratisch.

    Es ist doch gut zu wissen, dass es Alternativen für junge Leute gibt, die nicht die Grünen wählen wollen aber auch nicht die Parteien mit einem Vorsitzenden im Rentenalter bzw. einem, der zu vielen Themen ständig seine Meinung ändert.
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  • Hiltrud Erhard
    das habe ich nicht gesagt!
    Man verschenkt Stimmen um klare Verhältnisse zu schaffen! Da wären weniger Parteien hilfreich, was NICHT undemokratisch ist sondern meine Meinung!
    UND
    Ich hab das Wahlprogramm gelesen und.... es ist sowas von beliebig und nix neues, dass man meint, dass es abgeschrieben ist.
    Und mal ehrlich wie absoßend muss es sein Wenn man sich "Sei kein Arschloch" beschimpfen zu lassen!
    Das ist unetrirdisch udn widerlich!

    Wenn das die Alternative für unsere jungen Menschen ist, dann gute Nacht schöne Welt.

    Und noch etwas zu Ihrem Schlusssatz. Es zeugt auch von Stärke, wenn man seine Meinung ändert, wenn sich Parameter geändert haben und Egal wen Sie mit Vorsitzenden im Rentenalter Meinen (ich könnte auch ne Chauffeurin oder ungelerntes Personal hinzufügen): Alter ist kein Makel! Alter ist eine Leistung und in einem Alter noch aktiv sein zu können ist respektabel weil man etwas geleistet hat.
    Was haben die Voltianer geleistet?
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  • Hans-Georg Heim
    Verlorene Stimmen.
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  • Alexander Götz
    Die Stimmen sind viel weiter rechts verloren gegangen🧐
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  • Wolfgang Keller
    Haben Sie das Programm von VOLT gelesen? Ich noch nicht, werde das aber nachholen.
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