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Gemünden
Fernwärmenetz in Gemünden könnte sich vergrößern: Biomasse, Großwärmepumpe oder doch Gas?
Gemünden hat mit zwei zentralen Heizkraftwerken eine Vorreiterrolle in Main-Spessart. Eines versorgt ein neues Viertel, läuft aber noch mit Gas. Das Biomasseheizwerk wird gerade erneuert.
Das Blockheizkraftwerk am Neuberg in Gemünden soll erneuert werden und vielleicht der Abnehmerkreis erweitert werden (Archivbild).
Foto: Björn Kohlhepp | Das Blockheizkraftwerk am Neuberg in Gemünden soll erneuert werden und vielleicht der Abnehmerkreis erweitert werden (Archivbild).
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 15.07.2023 05:38 Uhr

Gemünden war mit seinem Gas-Blockheizkraftwerk für ein Neubauviertel und seinem Biomasseheizwerk für mehrere öffentliche Gebäude ein Vorreiter im Landkreis sowohl in Sachen Fernwärme als auch in Sachen erneuerbare Energien. Aber jetzt müssen beide Werke erneuert werden. Für das Fernwärmenetz am Gemündener Neuberg stehen dabei Richtungsentscheidungen an: Vergrößern? Künftig Biomasse oder Wärmepumpe statt Gas?

So schnell wie gedacht geht es beim Umbau des Gasheizwerks am Neuberg nicht. Vor einem Jahr hieß es, er sei für dieses Jahr vorgesehen, aber nun sagt Roland Brönner, Vorstand des Kommunalunternehmens Stadtwerke (KU), auf Anfrage: "Wir sind noch nicht so weit, dass wir sagen können, in welche Richtung es gehen wird." Der Planer, der sich mit dem Hackschnitzel-Heizwerk in der Häfnergasse (Kleingemünden) befasst hat, soll sich danach mit dem Heizwerk am Neuberg beschäftigen, allerdings seien Planungsbüros derzeit sehr ausgelastet. Das Ganze, so Brönner, hänge auch am kommunalen Wärmeplan. Bis zum Jahresende soll ein Antrag auf Förderung gestellt werden.

"Wenn Sie drei Millionen in die Hand nehmen, müssen Sie überlegen, ob Sie das über die Zeit finanziert bekommen."
Roland Brönner, Vorstand des Kommunalunternehmens Stadtwerke

An das fast 30 Jahre alte Heizwerk am Neubergring sind im Umkreis von 400 Metern die Ein- und Mehrfamilienhäuser am Neubergring, einige Mehrfamilienhäuser in der Grautalstraße und als Hauptabnehmer das Kreuzkloster angebunden. Per Grundbucheintrag sind die Anwohnerinnen und Anwohner am Neuberg bis heute dazu verpflichtet, ihre Wärme vom Blockheizkraftwerk zu beziehen. Doch die Auslastung des laut Brönner zu groß geplanten Kraftwerks lag teilweise nur bei rund 50 Prozent, zudem stehen die Motoren für die zusätzlich geplante Stromerzeugung seit Jahren still. Das führte dazu, dass das Gaskraftwerk jahrelang Verluste machte. Seit Inbetriebnahme belaufe sich das Gesamtergebnis auf minus 2,65 Millionen Euro, bezifferte KU-Vorstand Brönner bei der jüngsten Gemündener Bürgerversammlung im Dezember.

Wird das Fernwärmenetz am Gemündener Neuberg mit dem Umbau erweitert?

Jetzt soll das marode Heizkraftwerk mitsamt den Leitungen erneuert werden – eine Investition in Millionenhöhe. Nach einer inzwischen schon wieder älteren Berechnung werde der Heizkessel auf 1,2 Millionen kommen, das ebenfalls marode Netz müsste für 1,5 bis zwei Millionen Euro erneuert werden, sagt Brönner. "Wenn Sie drei Millionen in die Hand nehmen, müssen Sie überlegen, ob Sie das über die Zeit finanziert bekommen."

Der KU-Vorstand erzählt, dass es schon vereinzelt Anrufe von Anwohnerinnen und Anwohnern aus dem Umkreis gegeben habe mit der Frage: "Gibt es eine Möglichkeit, ans Fernwärmenetz zu kommen?" Eine Wohnungsbaugenossenschaft möchte zudem ein weiteres Gebäude anschließen lassen. Es könnte also sein, dass das Netz vergrößert wird. Allerdings müsse es sich auch rechnen, denn dann müssten neue Leitungen verlegt werden, und ein paar hundert Meter neue Rohre für einen Abnehmer rentiere sich nicht. Zunächst brauche man für die Planung auch die Rückmeldungen der derzeitigen Abnehmerinnen und Abnehmer. "Wir brauchen eine relativ verbindliche Mitteilung, wer dabei ist."

Frage nach Biomasse, Wärmepumpe oder Gas ist noch offen

Auch Gespräche mit dem Kreuzkloster als größtem Abnehmer, das 90 Prozent seiner Wärme vom Blockheizkraftwerk bezieht, stünden noch aus. Brönner könnte sich vorstellen, dass die großen Dachflächen des Klosters für Solarenergie genutzt werden und eventuell so auch das System unterstützen könnten.

Das Biomasseheizwerk des KU in der Häfnergasse in Gemünden (Archivbild).
Foto: Björn Kohlhepp | Das Biomasseheizwerk des KU in der Häfnergasse in Gemünden (Archivbild).

Künftig, so war es geplant, soll auch das Blockheizkraftwerk am Neuberg mit Biomasse beheizt werden. Aber das sei noch nicht klar, so Brönner. Es könnten Hackschnitzel wie in der Häfnergasse werden oder auch eine Großwärmepumpe. Auch Gas sei noch nicht vom Tisch, der Anschluss sei ja da und eventuell könnte künftig Wasserstoff statt Gas genutzt werden. Zusätzlich werde wieder die Erzeugung und Einspeisung von Strom erwogen. Als erster Schritt solle mit einem Energieberater die kommunale Wärmeplanung aufgesetzt werden.

Kunden profitieren von langfristigem Gasliefervertrag

Zunächst einmal sei ab Januar 2024 ein neuer Gasvertrag nötig. Durch den noch laufenden dreijährigen Gasliefervertrag bis Ende 2023 seien die Kundinnen und Kunden "fein raus". "Es gab keine Erhöhung aufgrund der Energiekrise", sagt Brönner. Insofern sei es seitens der Abnehmer derzeit ruhig. "Wir hören da im Moment wenig." Zuvor hatte eine angekündigte Preiserhöhung um 25 Prozent im Herbst 2021 bei Anwohnerinnen und Anwohnern so viel Unmut ausgelöst, dass sogar die Kartellbehörde eingeschaltet worden war. Wie der neue Gasvertrag ausfalle, könne man freilich nicht sagen, so Brönner, der Gaspreis hänge vom Weltmarkt ab.

Beim Biomasseheizwerk in der Häfnergasse in Kleingemünden, das Grund- und Mittelschule, Hallenbad und Kindergarten mit Wärme versorgt, haben die Arbeiten im April richtig begonnen. Laut Brönner ist derzeit die Halle ausgeräumt, im Herbst soll es wieder in Betrieb gehen. Durch künftig zwei Hackschnitzel- und zwei Gaskessel sei das Werk "deutlich modularer aufgestellt". Dadurch wolle man möglichst nahe an die 100 Prozent mit Holzhackschnitzeln kommen. "Wir wollen nach Möglichkeit ganz auf Gas verzichten." Brönner rechnet mit etwa 95 Prozent Wärme durch Biomasse künftig, bisher waren es tatsächlich etwa 50 Prozent und 50 Prozent Gas.

Wichtigster Kunde des Biomasseheizwerks abgesprungen

Schuld seien auch Ausfallzeiten wegen schlechter Ware gewesen, zum Teil hätten sich Dreck und Steine in den Hackschnitzeln befunden. Seit zwei Jahren habe das Werk aber einen neuen Lieferanten, mit dem die Qualität deutlich gestiegen sei. Die jetzigen Hackschnitzel seien trocken und hätten einen hohen Heizwert. Allerdings ist mit dem Gesundheitszentrum Main-Spessart, einer privaten Pflegeeinrichtung, das jetzt offenbar ein eigenes Gasblockheizkraftwerk betreibt, Anfang des Jahres der wichtigste Abnehmer abgesprungen, weswegen man das neue Werk kleiner geplant habe. Zuvor seien Preisverhandlungen mit dem Gesundheitszentrum nicht immer einfach gewesen, erzählte Brönner der Redaktion vergangenes Jahr.

Zentrale Wärmeversorgung fürs Neubaugebiet Mühlwiesen II?

Wäre im geplanten Gemündener Neubaugebiet Mühlwiesen II ein Heizkraftwerk sinnvoll? KU-Vorstand Roland Brönner verweist auf einen Stadtratsbeschluss, wonach es keine zentrale Wärmeversorgung geben solle. "Vielleicht wäre es aber sinnvoll, dort auch an eine Quartierslösung zu denken." Das KU würde eine solche Lösung generell mitmachen, "wenn es sich rechnen lässt". Allerdings hatte der technische KU-Leiter Henry Bürgermeister dem Stadtrat 2019 erläutert, warum ein zentrales Heizwerk schwierig würde: Vorfinanzierung von etwa einer Million Euro, Anschlusszwang für alle Bauherren, ungewisse Umweltschutzauflagen und mutmaßlich jahrelang unrentabler Betrieb, da die Anwesen erst nach und nach entstehen werden. Tragen müsste es sich schon, so Brönner.
Bürgermeister Jürgen Lippert sagt auf Anfrage, dass sich die Gründe, die gegen eine zentrale Wärmeversorgung im Baugebiet gesprochen haben, nicht geändert hätten. "Im Moment gibt es dahingehend keine Überlegungen." Lippert fürchtet, dass es unrentabel wäre. Er rechnet aber damit, dass die Frage nach einem zentralen Heizwerk im Zuge der geforderten kommunalen Wärmeplanung noch einmal aufkomme. Bisher sei eine solche Anlage im Bebauungsplan nicht vorgesehen, und angesichts des Fortschritts der Planungen müsste die Frage auch schnell überlegt werden.
(bjk)
 
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  • haas-hyr@t-online.de
    Dazu eine einfache Rechnung:
    Wir "grüner" (elektrolytisch gewonnener) Wasserstoff verwendet, wird aus einer Kilowattstunde elektrischer Energie eine halbe Kilowattstunde Wärmeenergie. Bei einer Wärmepumpe werden aus der gleichen Kilowattstunde 6 Kilowattstunden Wärme.
    Wir müssen zudem annehmen, dass der Wasserstoff, der zu uns kommt, an Stickstoff gebunden als Ammoniak ankommt. Diesen wieder in die Elemente umzuwandeln, bedeutet einen weiteren aufwändigen Reaktionsschritt. In einem Heizkraftwerk dieser Art könnte Ammoniak auch direkt verwertet werden - eine Variante, die für Privathaushalte allerdings nicht in Frage kommt.
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