Mitte der 90er Jahre war es eine zukunftsweisende Idee: Ein Blockheizkraftwerk, betrieben von den Stadtwerken, sollte das künftige Neubaugebiet "Am Neuberg" in Gemünden mit Wärme versorgen und so die CO2-Emissionen um 60 Feuerstellen reduzieren. Heute sind nicht nur Ein- und Mehrfamilienhäuser am Neuberg angeschlossen, sondern auch das nahe Kreuzkloster und Mehrfamilienhäuser im Grautal. Per Grundbucheintrag sind die Anwohner am Neuberg bis heute dazu verpflichtet, ihre Wärme vom Blockheizkraftwerk zu beziehen. Sie dürfen selbst keine eigene Heizungsanlage betreiben. Doch jetzt gibt es Unmut bei den Anwohnern, und es stellt sich die Frage, wie es mit dem in die Jahre gekommenen Kraftwerk weitergeht. Fast alle Eigentümer von Einfamilien- und Reihenhäusern am Neuberg haben inzwischen zudem einen Holzofen, der ihnen als Not- oder Zusatzheizung zugebilligt wird.
Bei der Bürgerversammlung in Gemünden am Donnerstag haben mehrere Anwohner des Neubergrings ihren Unmut über das Kommunalunternehmen Stadtwerke (KU) kundgetan. Das KU hat Ende Mai angekündigt, den Bezugspreis für die Nahwärme vom dortigen Blockheizkraftwerk, das mit derzeit teurem Gas betrieben wird, um 25 Prozent zu erhöhen (auf 0,09 Euro pro kWh) – eigentlich wären sogar 56 Prozent nötig, aber man habe sich auf eine Begrenzung von 25 Prozent entschieden, heißt es in einem Schreiben. Das Kraftwerk ist jedoch – wie die Leitungen zu den Häusern – recht marode, immer wieder gibt es Lecks. Die zusätzlich vorgesehene Stromeinspeisung funktioniert seit Jahren nicht mehr. Hat die Anlage überhaupt eine Zukunft? Eine Alternative haben die Anwohner aber wohl kaum. Die Landeskartellbehörde prüft derzeit, ob die Preiserhöhung rechtmäßig ist.
Anwohner wollen beteiligt werden an der weiteren Planung
Wie es sein könne, dass der Bezugspreis plötzlich so stark angehoben wird, wollte Anwohner Peter Maiberger in der Bürgerversammlung wissen. Er forderte, die geplante Erhöhung der Beiträge auszusetzen, bis ein Konzept erarbeitet ist, wie es mit dem über 25 Jahre alten Blockheizkraftwerk überhaupt weitergeht. Die Anwohner, die zwangsweise an die Anlage angeschlossen sind, sollen nicht weiter vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern dabei bitte mit einbezogen werden. Und warum die eigentlich vorgesehene Kraft-Wärme-Kopplung nicht funktioniere, mit der bei der geplanten Stromerzeugung die anfallenden Abwärme zum Erwärmen des Wassers in der Ringleitung hätte genutzt werden sollen.
"Die Anlage ist alt und marode", sagte KU-Vorstand Roland Brönner. Die Motoren zur Stromerzeugung stünden seit vielen Jahren still, weil sich die Einspeisung nicht rentiert hätte. Maiberger sagt jedoch, er habe von einem KU-Mitarbeiter gehört, dass die Motoren schlicht kaputt seien. So wie es jetzt aussieht, sagte KU-Vorstand Brönner in der Bürgerversammlung, laufe das Heizkraftwerk unrentabel, weshalb Preiserhöhungen unumgänglich seien. Seit 15 Jahren habe es keine Erhöhung mehr gegeben, erinnerte er, zuletzt seien 2001 (plus 40 Prozent) und 2006 (plus 25 Prozent) die Preise erhöht worden. Als weitere Gründe neben dem höheren Gaspreis nennt das KU in dem Schreiben an die Anwohner die CO2-Steuer, gestiegene Personalkosten und erforderliche Investitionen.
Warum 15 Jahre lang keine moderaten Erhöhungen?
Neuberg-Anwohnerin Susanne Brönner, mit dem KU-Chef nicht verwandt, sagte in der Bürgerversammlung, dass sie das Verfahren vor der Kartellbehörde angeleiert habe. Sie sei unter den ersten gewesen, die den Vertrag seinerzeit unterschrieben haben. "Warum sind 15 Jahre keine moderaten Anpassungen gemacht worden?", wollte sie wissen. Das könne er nicht sagen, so der KU-Leiter, er sei noch nicht lang im Amt. Momentan ist offenbar ein Betrag von 1,2 Millionen für das Heizkraftwerk und 1,5 Millionen für das Leitungsnetz nötig. Das KU überlege, ob man auf Hackschnitzel oder einen anderen klimaneutralen Brennstoff umsteige, weil die Gaspreise derzeit "explodieren". Es müsste aber erst noch berechnet werden, wie groß die Anlage werden soll. Es werde auch geprüft, ob die Anlage überhaupt weiterbetrieben werden solle.
Ein weiterer Anwohner, der sich zu Wort meldete, war Thomas Wild, der auch gerne mehr eingebunden werden möchte, "weil ich aus dem Vertrag gar nicht rauskomme". "Sie treffen eine wirtschaftliche Entscheidung, und ich zahle sie." Wild beklagte, dass er das Dreifache, was er an Wärme verbrauche, an Grundgebühr zahlen müsse, weil das Geld aus der nicht mehr stattfindenden Stromerzeugung fehle.
Abnehmer der Nahwärme auf die Anlage angewiesen
Peter Maiberger beschreibt in einem Gespräch mit der Redaktion das Dilemma, in dem sich die Anwohner befinden: Einen eigenen Brenner dürfen sie nicht haben und viele hätten auch gar keinen Platz dafür, sollte die Anlage nicht mehr weiterbetrieben werden. Gas liege zudem nicht in der Straße – wie also sollten sie künftig heizen? Für Pellets fehle der Platz, und für Wärmepumpen seien die Häuser nicht genug gedämmt und die Heizkörper nicht effizient genug. Hinzu komme, dass die Dachflächen für Photovoltaik klein seien, manche hätten auch keinen Keller. Auf Gedeih und Verderb seien sie deshalb auf die Anlage angewiesen. Gegen die Preiserhöhung durch das KU legte er sofort Einspruch ein, neun Nachbarn hätten sich bei ihm gemeldet, die gerne gemeinsam aktiv würden, elf weitere würden das Vorgehen passiv unterstützen.
Maiberger empfindet die Kosten von 130 Euro im Monat für Warmwasser und Heizung für sein Reihenhaus für sich und seine Frau als recht hoch. Auf der anderen Seite, das räumt er auch ein, spare er sich die Gebühren für Schornsteinfeger und Wartung und natürlich den Kauf eines eigenen Brenners.
Das Kreuzkloster ist an einem Weiterbetrieb interessiert
Marco Ruck, kaufmännischer Leiter des Kreuzklosters, sagt auf Anfrage, dass 90 Prozent der Wärmeversorgung des Klosters vom Blockheizkraftwerk komme. Das Kloster nehme seines Wissens über die Hälfte der erzeugten Wärme des Kraftwerks ab. Da das Kloster relativ langfristige Verträge mit der Stadt habe, sei es momentan kein Thema. Aber ihm sei aufgrund der Abhängigkeit natürlich daran gelegen, dass es weitergeht. "Selbst bauen möchte ich nach Möglichkeit nicht."