
Der Bereich Kultur kommt in der jetzigen Organisation des Landratsamtes Main-Spessart zu kurz. Das sagte Sachgebietsleiter Sebastian Gehret in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Bildung, Sport und Kultur. Das Gremium stimmte geschlossen dafür, die Verwaltung zu beauftragen, geeignete Maßnahmen zur Stärkung der Kulturarbeit im Landkreis umzusetzen.
"Vergleicht man die Situation mit den umliegenden Landkreisverwaltungen, wird deutlich, dass der Output dort deutlich höher ist. Die dafür erforderlichen Ressourcen stehen uns derzeit nicht zur Verfügung", so Gehret. Dass sich in Main-Spessart etwas ändern solle, habe auch die Diskussion um das Leitbild des Landkreises in den vergangenen Monaten gezeigt.
Sachgebiet am Landratsamt muss neu ausgerichtet werden
Um eine zukünftige Fokussierung zu bekräftigen, waren die Ausschussmitglieder am Freitag in die Räumlichkeiten der Papiermühle Homburg geladen. Das Handwerks- und Industriedenkmal des Landkreises, das auf der Vorschlagsliste als Unesco-Weltkulturerbe steht, soll für die Kulturarbeit eine wichtige Rolle spielen.
Um diese professionell in der Landkreisverwaltung aufzustellen, müsse das Sachgebiet umstrukturiert und die Aufgaben neu gewichtet werden, so Gehret. Sein Stellvertreter Frank Schneider wird sich federführend um die Kulturarbeit kümmern. Neue Ideen sollen möglichst ressourcenschonend, aber mit zusätzlichem Personal, umgesetzt werden. Die Mitarbeitenden im Bereich Kultur sollen Schnittstelle zur Kultur- und Kreativszene sein, die sich zum Beispiel um Fördermöglichkeiten und Austausch kümmern.
Entwicklung einer "KulturApp" und eines Kulturmagazins
In den vergangenen Monaten hat die Landkreisverwaltung bereits konkrete Projekte entwickelt, die sie im Rahmen einer Kulturstrategie umsetzen möchte. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung eines Kulturmagazins und einer App für Mobiltelefone, ein ArtsKeller, eine Landkreismusikschule, eine Kunsthandwerkermesse oder die kulturelle Entwicklung der Karlsburg. Richard Oswald (CSU) bat darum, auch Brauchtum mit auf die Projektliste zu setzen. Die organisatorischen Vorgaben für Faschingsveranstaltungen, Vereinsfeste und in der Jugendarbeit seien für einzelne Gruppen kaum noch zu leisten.
Einige der Vorschläge hätten auch kulturell interessierte Bürgerinnen und Bürger beigetragen, so Frank Schneider. "Bei der Entwicklung der Ideen war es der Verwaltung, neben der Prüfung der Umsetzbarkeit, besonders wichtig, dass die einzelnen Maßnahmen eng miteinander verzahnt sind." Manfred Goldkuhle (CSU) sagte, dass die Städte und Gemeinden im Landkreis bereits viel Kulturarbeiten leisten würden. Er begrüßte es, dass jetzt etwas übergreifend Neues geschaffen werden soll.
Keine Konkurrenz zu städtischer Kulturarbeit schaffen
"Die Kultur wurde vom Landkreis bisher vernachlässigt", so Harald Schneider (SPD). Eine Kreismusikschule könnte eventuell die Defizite der einzelnen städtischen Einrichtungen auffangen. "Ich glaube, es ist ganz wichtig, keine Parallelstruktur zu den Kommunen zu schaffen", mahnte Thomas Stamm (UGM). Darauf sagte Landrätin Sabine Sitter, dass das nicht Ziel sei. Der Landkreis wolle den Kommunen eine Strategie anbieten, in deren Rahmen diese effizient agieren könnten.
Jürgen Lippert (Freie Wähler) sagte, er fände die Gedanken zur Neuausrichtung der Kulturarbeit grundsätzlich gut. Dennoch müsse der Landkreis in Hinblick auf die Haushaltslage sparsam sein. "Kultur muss man sich leisten können."
Erfassung der Bedeutung des jüdischen Friedhofs Laudenbach
Bereits in diesem Jahr soll damit begonnen werden, die Förderrichtlinien für Kulturschaffende zu vereinheitlichen, sagte Frank Schneider von der Verwaltung. Der Ausschuss befürwortete zudem einstimmig eine Umsetzung des Projekts "Lebensgeschichten - Jüdischer Friedhof in Laudenbach", verbunden mit der Entwicklung einer "KulturApp", mit der Informationen digital zur Verfügung gestellt werden.
Auf Anfrage des Förderkreises ehemalige Synagoge Laudenbach sollen die Inschriften der Grabsteine von Fachleuten der jüdischen Epigrafik transkribiert, übersetzt und in einer Datenbank erfasst werden. Mit einer Fläche von 1,6 Hektar und aufgrund seines Alters zähle der jüdische Friedhof in Laudenbach zu den bedeutendsten Denkmälern im Landkreis und sei der zweitgrößte jüdische Friedhof in Bayern, so Gehret.
Das Projekt soll in die lokale Arbeitsgruppe (LAG) Wald, Wein, Wasser (Leader), einem Zusammenschluss von 28 Gemeinden aus den Landkreisen Würzburg und Main-Spessart, aufgenommen und teilfinanziert werden. Man hoffe außerdem auf Unterstützung des Landesamts für Denkmalpflege. Die ungedeckten Kosten – Frank Schneider geht von bis zu 85.000 Euro aus – übernimmt der Landkreis.
Laudenbach dürfte dann der drittgröße Friedhof sein, sofern die Angaben stimmen.