Im jüdischen Friedhof auf dem Schlossberg oberhalb von Laudenbach sind die Grabsteine dem Verfall preisgegeben. Der rote Buntsandstein kann dieses in Stein gehauene Archiv nicht konservieren. Daher fotografiert derzeit eine Gruppe von Interessierten alle Grabsteine – mehr als 2300 sind es.
Durch Regen und aufsteigende Bodenfeuchtigkeit dringt Wasser in das poröse Material, der Frost sprengt Jahr um Jahr ganze Platten heraus und zerstört die Inschriften. Über 2300 Grabsteine sind erhalten, aber viele von ihnen sind sehr stark verwittert, manche Inschriften bereits nicht mehr lesbar.
Die Initiative zu der Dokumentation geht vom Förderkreises ehemalige Synagoge Laudenbach aus. Die zum großen Teil hebräischen Inschriften auf den Steinen sind kulturhistorisch überaus wertvolle Dokumente jüdischen Lebens in der hiesigen Region. Sie erzählen Geschichten über Familie, Beruf und Wirken der Verstorbenen, über ihre Herkunft, Geburt und ihren Tod. Es sind Lebenszeugnisse von Menschen, die hier ansässig und Teil der hiesigen Kultur waren.
Gelände wurde genau kartiert
Die Inschriften sollen dokumentiert werden, um sie später vom Fachleuten übersetzen zu lassen. Im vergangenen Jahr gelang es dem Laudenbacher Förderkreis, durch die Vermittlung von Prof. Dr. Mona Hess von der Uni Bamberg den Studenten Andreas Maul von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt zu gewinnen, der im Rahmen seiner Bachelorarbeit das gesamte Friedhofsgelände gescannt und eine zentimetergenaue Karte erstellt hat.
Vor allem im alten Teil stehen die Grabsteine nicht nebeneinander. Mit neuester Technologie war es nun erstmals möglich, Abteilungen und Reihen zu identifizieren und jedem Stein eine eigene Nummer zu geben, um auch die sehr alten Grabstellen sicher erkennen und wiederfinden zu können. Gegründet wurde der Friedhof vor mehr als 400 Jahren, die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1623, als in der jüdischen Gemeinde Laudenbach ein Friedhofsverwalter und Totengräber erwähnt wird. Der älteste Teil des Friedhofs befindet sich auf der nach Norden zugewandten Seite. Es handelt sich um eine langgezogene, rechteckige Fläche, die mit den Jahren abschnittsweise erweitert wurde.
Verstorbene aus dem weiteren Umkreis bestattet
Es handelt sich um einen der größten jüdischen Friedhöfe Bayerns. Auf einer Fläche von rund 1,6 Hektar sind hier vermutlich weit über 3000 Menschen begraben. Wie hoch die Zahl der hier Begrabenen wirklich ist, weiß man nicht, denn viele der Grabsteine sind nicht mehr vorhanden. Vor allem im alten Teil des großen bewaldeten Geländes sieht man viele freie Stellen. Was wie unbelegter Waldboden aussieht, sind Gräber, die längst wieder in den natürlichen Zustand übergegangen sind. Viele Steine sind umgefallen und wurden im Lauf der Jahre von Humus überdeckt oder sind bei Schändungen des Friedhofs zerstört worden und verloren gegangen.
Nicht nur Laudenbacher Juden liegen hier begraben, sondern Verstorbene aus dem ganzen heutigen Main-Spessart-Kreis und darüber hinaus. Besitzer des Geländes waren unter anderem die jüdischen Gemeinden in Adelsberg, Heßdorf, Lohr, Urspringen, Gössenheim, Veitshöchheim und Laudenbach. Mit Hilfe einer bayernweiten Spendenaktion wurde 1873/74 die umlaufende Mauer errichtet.
Mit der erwähnten Geländekarte von Andreas Maul wurde die Grundlage für die fotografische Dokumentation aller Steine des Friedhofs geschaffen. Der langjährige Friedhofspfleger Georg Schnabel und die Besitzerin des Friedhofs, der Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, unterstützten das Projekt.