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Miltenberg
Der Mammut-Schulausflug: Wie 720 Schüler eines Gymnasiums aus Franken mit ihren Lehrern nach Rom fuhren
In Miltenberg machte eine komplette Schule eine Woche dicht, um gemeinsam eine Studienfahrt zu unternehmen. Wie das funktionierte, berichtet Schulleiter Ansgar Stich.
Die Schulgruppe aus Miltenberg auf dem Petersplatz in Rom. Sie besuchten dort eine Generalaudienz beim Papst und führten einen einstudierten Flashmob auf.
Foto: Franziska Köhler | Die Schulgruppe aus Miltenberg auf dem Petersplatz in Rom. Sie besuchten dort eine Generalaudienz beim Papst und führten einen einstudierten Flashmob auf.
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:08 Uhr

Insgesamt 720 Schülerinnen und Schüler. Beaufsichtigt von 60 Lehrkräften. Unterwegs in 16 Reisebussen. Das komplette Johannes-Butzbach-Gymnasium aus Miltenberg fuhr kürzlich für eine Woche nach Rom. Die Idee dazu hatte Schulleiter Ansgar Stich. Der 53-Jährige ist seit vier Jahren Direktor des Gymnasiums, nachdem er dort Lehrer für Deutsch, katholische Religion und Sozialkunde war. Nach der Rückkehr aus Rom erzählt er, was ihn und die Lehrkräfte zur Fahrt motiviert hat, er spricht über die organisatorischen Herausforderungen und die finanzielle Unterstützung der Eltern.

Frage: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, mit der ganzen Schule wegzufahren?

Ansgar Stich: Für die Entscheidung gibt es zwei Gründe: Der pragmatische Grund ist, dass eine große Gemeinschaftsfahrt nach den zwei entbehrungsreichen Corona-Jahren – in denen viele Ausflüge, Austausche, Skikurse, aber auch kleinere Projekte, wie Wandertage, ausgefallen sind – eine Entschädigung, aber auch ein Ersatz sein kann. Bevor wir alles einzeln wiederholen und alle Fahrten dreimal machen, können wir alles in einem Aufwasch mit der Rom-Fahrt erledigen. Der inhaltliche Grund ist die Gemeinschaftsförderung. Für mich ist eine Lehre aus Corona, dass uns allen die Gemeinschaftlichkeit gefehlt hat. Es ist also ein ganz hoher Wert, etwas gemeinsam zu unternehmen. Deshalb wollte ich, dass die gesamte Schulgemeinschaft sich gemeinsam auf den Weg nach Rom macht.

Wieso ausgerechnet Rom?

Stich: Hier gibt es wieder einen ganz pragmatischen Grund, nämlich dass ich mit einem Reiseunternehmer zusammengearbeitet habe, weil wir das nicht allein stemmen konnten. Der bietet Rom-Fahrten an, weil er aus dem Bereich der Pilgerreisen kommt. Dann spricht für Rom, dass man einen Ort braucht, der eine touristische Infrastruktur hat, mit der man dieses Großunternehmen durchziehen kann. Rom erfüllt diese Voraussetzung und auch die Kultureinrichtung sind an so große Gruppen gewöhnt. Der dritte Grund ist wieder ein inhaltlicher. In Rom kann man nicht nur viel über die christliche Kultur, sondern auch über Mathematik und Geschichte lernen. Da das keine Urlaubsreise, sondern eine Studienfahrt sein sollte, brauchten wir die Anbindung an die Lehrpläne. Praktisch wie inhaltlich war Rom also das richtige Ziel.

Wie haben Sie 720 Schüler und 60 Lehrkräfte in einer Stadt wie Rom untergebracht?

Stich: Wir haben uns auf einem Campingplatz in Ostia eingemietet. Also direkt vor den Toren Roms. Die Schülerinnen und Schüler haben zu fünft oder sechst in kleinen Bungalows, Mobile Homes mit zwei Schlafzimmern, einer kleinen Küche und einer Veranda davor, gewohnt. Das ist allemal besser als sie auf Hotels oder Jugendherbergen zu verteilen. Auf dem Campingplatz steht auch ein großes Küchenzelt, in dem alle zusammen gegessen haben. Jeder musste sein Geschirr selbst holen und danach auch selbst abspülen. Das war also auch eine Woche der Alltagskompetenz. Wir hatten Schüler dabei, die erzählt haben, dass sie das erste Mal dort gespült haben.

Aber Kochen mussten sie nicht selbst?

Stich: Nein, kochen mussten sie nicht, aber manche haben das trotzdem gemacht. Das haben wir natürlich nicht verhindert. Es gab auf dem Gelände auch einen kleinen Supermarkt, da haben die in ihrer Freizeit eingekauft und sich dann etwas gekocht.

Wie sah ein typischer Tag in Rom aus?

Stich: Jeder Tag hat mit einem Frühstück begonnen, für das alle in dieses große Zelt geschlappt sind. Ich glaube, dass das gemeinsame Essen vielleicht sogar gemeinschaftsprägender war als beispielsweise der Besuch der Katakomben. An zwei Tagen wurden nach dem Frühstück die Jahrgangsstufen getrennt und an den anderen Tagen waren alle gemeinsam unterwegs. Alle zusammen waren wir beispielsweise bei der Generalaudienz beim Papst. Die Schüler haben am Petersplatz außerdem einen Flashmob aufgeführt, den sie extra eingeübt hatten. An einem anderen Tag gab es getrennte Tagesausflüge. Die Oberstufe ist nach Pompeji gefahren, die Mittelstufe an die Hadriansvilla bei Tivoli und die Unterstufe war in Ostia in den antiken Ruinen am Meer unterwegs.

Ansgar Stich, Schulleiter des Johannes-Butzbach-Gymnasiums in Miltenberg.
Foto: Christoph Grein | Ansgar Stich, Schulleiter des Johannes-Butzbach-Gymnasiums in Miltenberg.
Hatten Sie denn Glück mit dem Wetter?

Stich: Hätte es eine Woche lang geregnet, hätten wir wahrscheinlich schon einen kleinen Lagerkoller bekommen. Aber es war herrlichstes Wetter, das war ein riesengroßes Glück. Der Campingplatz hat eine große Poolanlage und viele sind sofort in den Pool gesprungen, wenn wir nachmittags zurückgekommen sind. Abends haben die Schülerinnen und Schüler sich dann selbstständig vergnügt, haben Spiele gespielt oder ähnliches.

Gab es für Sie einen persönlichen Höhepunkt?

Stich: Mein persönliches Highlight war der Abschlussabend. Die Schülerinnen und Schüler haben ein "Schlag den Stich" nach Art von "Schlag den Raab" gestaltet. Es gab also viele kleine Spiele, bei denen ich mir einen Partner unter den Lehrkräften aussuchen konnte, mit dem ich gegen zwei Schülerinnen und Schüler antreten musste. Da sind natürlich alle bis zur letzten Sekunde im großen Zelt geblieben, haben mitgefiebert und mitgegrölt. Besonders toll war das letzte Spiel. Lehrerinnen und Lehrer wurden vorher gefragt, was sie außergewöhnliches in ihrem Leben erlebt haben, von dem man nicht glauben würde, dass sie es erlebt haben. Wir mussten dann erraten, welche Geschichte zu welcher Lehrkraft gehört. Eine saß zum Beispiel einmal eine Nacht auf Hawaii im Gefängnis. Das war natürlich für die Schülerinnen und Schüler doppelt spannend: herauszufinden, wessen Geschichte das ist, aber auch wem ich sie zutrauen würde.

Und um was wurde gespielt?

Stich: Dazu muss man wissen, dass ich der unmusikalischste Mensch auf diesem Planeten bin. Mein Wetteinsatz war also, dass ich, wenn ich verliere, ein Musikinstrument nach Wahl der Schülerinnen und Schüler lerne. Weil ich verloren habe, muss ich jetzt auf der Schul-Weihnachtsfeier ein Weihnachtslied auf der Geige vorspielen.

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Mussten sie bei Eltern und Lehrkräften viel Überzeugungsarbeit vor der Reise leisten?

Stich: Der Elternbeirat war von der Idee einer gemeinsamen Schulfahrt sofort begeistert. Auch die Lehrkräfte haben gespürt, dass es für alle eine Entlastung bedeuten könnte, nicht jede Fahrt einzeln nachzuholen. Natürlich hatten sie auch Sorge, dass etwas schiefgehen könnte: Verlieren wir jemanden unterwegs? Wie sieht das Programm aus? Was ist mit dem Wetter? Aber wir haben hier ein tolles Kollegium, das sich stark mit der Schule identifiziert. Deswegen waren schnell alle an Bord.

Waren die Sorgen denn berechtigt? Sind alle gesund und munter zurückgekehrt?

Stich: Es hat alles gut geklappt und wir haben zum Glück niemanden unterwegs verloren. Wir mussten auch keinen nach Hause schicken – weder krankheitsbedingt noch aus disziplinarischen Gründen. Vor der Abfahrt hatten wir uns natürlich alle auf Corona getestet und auch vor Ort wurde jeder, der zu unserem Sanitätsdienst gekommen ist, als erstes getestet und trotzdem hatten wir während der ganzen Fahrt keinen einzigen Corona-Fall.

Gab es finanzielle Unterstützung für die Eltern?

Stich: Zur Finanzierung der Fahrt haben wir die lokalen Unternehmen um Spenden gebeten. Da kam schon viel zustande, der Ort hat uns also sehr unterstützt. Zudem konnten die Eltern bei der Anmeldung angeben, dass sie bereit sind etwas mehr zu zahlen, damit ein Kind mitfahren kann, dass es sich sonst nicht leisten könnte. Also eine Art Crowdfunding. Aus diesen Geldern haben wir einen Sozialfonds gebildet. Die Eltern konnten, wenn sie keine anderen Fördermöglichkeiten hatten, recht unbürokratisch Unterstützung daraus beantragen. Außerdem haben wir damit einen Geschwister-Rabatt finanziert. Die Kosten haben wir gestaffelt, sodass Eltern pro weiterem Kind 100 Euro weniger gezahlt haben. Zwar sind nicht alle Schülerinnen und Schüler mitgefahren, aber ich glaube sagen zu können: Bei keinem Einzigen war fehlendes Geld der Grund.

Sind sie froh, die Fahrt gemacht zu haben und planen sie das zu wiederholen?

Stich: Die Fahrt hat sich auf jeden Fall gelohnt und wird noch lange nachwirken. Ich bin dem Kollegium sehr dankbar, wir haben ein tolles Lehrerteam, das wahnsinnig viel geholfen hat. Man kann natürlich immer einzelne Aspekte besser machen, aber in der Summe würde ich das jederzeit wieder machen. So große Fahrten kann man natürlich nicht jedes Jahr machen. Ich könnte mir aber grundsätzlich vorstellen, zu runden Schuljubiläen etwa, wieder auf Schulfahrt zu fahren. Dann bleibt das auch etwas Besonderes.

 
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Kommentare
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  • jebusara@web.de
    Ständig wird gejammert wie gross die Lücken durch Corona sind. Statt die ganze Schule ins Ausland zu karren (innerhalb des eigenen Landes wäre es wohl nicht so cool gewesen?) sollte lieber der versäumte Lehrstoff nachgeholt werden.
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  • Sandhas
    Schüler sind keine Lernmaschinen!
    Sie haben eine Persönlichkeit, die ebenfalls entwickelt werden muss - gerade nach Corona!

    Super Aktion!
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  • Doedi.wue
    Leider steht Ihnen die Kommentarfunktion auf mainpost.de nicht zur Verfügung. Deshalb werden wir Ihren Kommentar nicht veröffentlichen.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Richtig toll was der Schulleiter auf die Beine gestellt hat. Respekt!! Da können sich andere eine Scheibe davon abschneiden. @hartwig.schweinfurt: woher nehmen Sie die These, dass die freitags demonstrieren? Hätten die vielleicht fliegen sollen? Wenn Sie so ankommen, dann brauchen Sie nicht mal Urlaub in Deutschland oder wo machen.
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  • JAGT_K@t-online.de
    Eine Supersache! Respekt vor dem Mut. Fördert mit Sicherheit den Zusammenhalt aller Schüler.
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  • hartwig.schweinfurt@arcor.de
    Mit zahlreichen Bussen nach Rom gefahren und dann Freitags fürs Klima demonstrieren? Das passt nicht
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  • mpmonika
    So ein Quatsch!
    Eine Klassenfahrt für alle zusammen ist toll - und es fällt viel weniger Unterricht aus wenn alle gleichzeitig weg sind.
    Dann bleibt das Schulhaus eine Woche leer - kein Strom, keine Heizung, kein Wasser!
    UND kein Autostau vor der Schule 😉
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  • dominik.duerrnagel@web.de
    Fernbus 29 g CO2
    Zug Fernverkehr 32 g CO2
    Zug Nahverkehr 57 g CO2
    Auto (1,5 Personen) 147 g CO2
    Flugzeug 230 g CO2
    Quelle: Umweltbundesamt (bei durchschnittlicher Auslastung)

    Was passt da jetzt nicht?
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  • clubfan2@gmx.de
    Ok
    dann fliegen wir das nächste mal 😁
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  • Albatros
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • ctrs@gmx.net
    Und an anderen Schulen bricht man sich schon nen Zacken aus der Krone eine vernünftige Abschlussfahrt zu organisieren...
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  • klafie
    man muß halt nur gut organisieren können und ein gutes durchhaltevermögen haben, denn bei über 700 kids ist das schon ne strapaze für die lehrkräfte. wenn man öfter mal im zug sitzt kommen auch ab und wann etliche klassen mit ihren lehrern dazu. da haben die lehrer schon ganz schön arbeit und kommen ins schwitzen, wenn sie nur 25-35 kids dabei haben, und manche lehrkräfte sind ja mal gerade 10 jahre älter als ihre schüler, da brauchts schon oftmals ganz schönes durchhaltevermögen!
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  • klafie
    toll diese organisation nach rom. finde rom ist immer oder öfters eine reise wert, egal ob pilgerfahrer oder eine studienfahrt oder nur urlaub in rom. eine weltstadt mit hohem niveau
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