"Ich bekomme regelmäßig Hilferufe von überall", sagt Heide Kuhlmann. Sie ist Försterin und jagt Waschbären – das macht sie allerdings nicht als Teil ihres Jobs, sondern ehrenamtlich. Innerhalb Bayerns leben in Unterfranken die meisten Waschbären: Laut dem Wildtierportal Bayern wurden dort 2021 rund 4100 Tiere erlegt, auf dem zweiten Platz folgt mit weitem Abstand Mittelfranken mit gut 650 Tieren.
In Unterfranken ist Main-Spessart neben der Rhön ein Hotspot, da der Landkreis an Hessen angrenzt und sich die Tiere vor allem von dort ausbreiten. Die Abschusszahlen sind hier in den vergangenen zehn Jahren deutlich angestiegen: Im Jahr 2012 kamen laut der Unteren Jagdbehörde 144 Tiere durch Jagd oder Unfälle zu Tode, im Jahr 2017 waren es 351 und 2022 bereits 676.
In Gemünden hat Heide Kuhlmann zum Beispiel gut 30 Tiere in zwei Jahren mit Fallen gefangen. Die Stadt hat sie dort mit der Bekämpfung der Tiere beauftragt. Denn innerorts, im sogenannten befriedeten Gebiet, dürfen Jäger nicht einfach so tätig werden. Aber auch im Hafenlohrer Ortsteil Windheim gibt es vermehrt Waschbären: Innerhalb von vier Monaten hat Kuhlmann dort knapp 30 Tiere gefangen.
Waschbär richtet in Wohngebieten, aber auch in der Natur große Schäden an
Auch in den Hochspessart nach Rothenbuch oder im Raum Burgsinn und Rieneck wurde sie bereits gerufen. In Gemünden haben kürzlich zwei junge Waschbären Aufsehen erregt, die in den Toilettenräumen des Rathauses gefunden wurden. Sie wurden vom Stadtförster "jagdlich verbracht", also erschossen.
Der Waschbär besetzt in Deutschland laut Kuhlmann eine Nische, in der sich sonst kein anderes Raubtier findet. "Das liegt an seinem taktilen Vermögen", erklärt sie. Denn die Vorderpfoten des Tieres stehen durch die kleinen Finger den menschlichen Händen in fast nichts nach. Mülltonnen öffnen, Dachziegel hochheben, durch eine Katzenklappe klettern – das alles ist für den Waschbären kein Problem. Die Tiere klettern auch ohne Probleme auf einen Baum und klauen dort Eier aus einem Nest.
Denn nicht nur in Wohngebieten, sondern auch in der Natur richtet das Tier große Schäden an. Die seien dort allerdings weniger sichtbar, als zum Beispiel der Verbiss durch ein Reh an einem jungen Baum. "Wenn sich an einem Tümpel zwei oder drei Waschbären zu schaffen machen, ist danach vom Frosch-Laich nichts mehr übrig", so Kuhlmann. Vor allem für Amphibien wie Frösche, Molche oder Kröten ist der Waschbär derzeit eine der größten Bedrohungen, so eine Einschätzung des Bundesamtes für Naturschutz.
Fehlende Anreize bei der Waschbärjagd
Eigentlich sind für die Waschbären die jeweiligen Jäger zuständig. Doch es gibt keine Verpflichtung, etwas gegen die Ausbreitung der Tiere zu tun, erklärt Kuhlmann. "Die meisten Jäger tun sich das nicht an", sagt sie. Denn die Jagd, für die man einen Fallenschein braucht, ist aufwendig und eine "dreckige Arbeit". Die Tiere werden zwar mit Lebendfallen gefangen, aber anschließend erschossen, denn sonst werde ja die Ausbreitung nicht verhindert.
Außerdem bringe der Fang von Waschbären den Jägern finanziell nichts, im Gegensatz zum Beispiel beim Schwarzwild. Hier gibt es eine Prämie pro erlegtes Tier, als Anreiz, um die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern. "Und bei einem Reh hat man danach im Idealfall einen Braten in der Truhe", so Kuhlmann. Doch beim Waschbären springe für den Jäger außer viel Arbeit und Ärger nichts heraus. Kuhlmann findet deshalb, dass es auch für den Abschuss von Waschbären eine Prämie geben sollte: "So könnte man vielleicht mehr Jäger motivieren, sich damit zu beschäftigen."
Waschbär-Jäger werden teilweise angefeindet
Auch Hubert Helfrich, Jagdberater für den Landkreis Main-Spessart, findet, dass mehr gegen die Ausbreitung der Tiere getan werden müsste: "Sonst überrollt uns das irgendwann." Eine Art Prämie fände er sinnvoll, um zumindest einmal die Kosten zu decken, die der Jäger durch den Kauf von Fallen und den Zeitaufwand hat. Denn die Fallen müssen er und seine Kollegen selbst kaufen. Hinzu kommt der Zeitaufwand, wenn sie kontrollieren, ob mit der Falle ein Tier gefangen wurde. Zwar gebe es auch Systeme, die melden, wenn ein Tier in der Falle ist. Das sei dann aber nochmal teurer.
Häufig werden Jäger auch mit dummen Sprüchen oder sogar Anfeindungen konfrontiert, berichten Helfrich und Kuhlmann. Denn Waschbären sehen niedlich aus, viele Menschen verstehen nicht, warum sie geschossen werden. "Nach dem ersten Kontakt ändern die meisten aber ganz schnell ihre Meinung", so Kuhlmanns Erfahrung. Immer wieder komme es auch vor, dass ein Tierschutzverein die Jäger anzeigen wolle, erzählt Jagdberater Helfrich. Die Polizei nehme solche Anzeigen zwar meist gar nicht erst an, weil das Jagen von Waschbären legal sei. "Den Ärger hat man aber trotzdem", so Helfrich.
Neben der Jagd ist das richtige Verhalten der Menschen wichtig
Johannes Interwies, Vorsitzender des BJV Gemünden, ist gegenüber einer Prämie eher skeptisch. Dass die Jäger nicht ausreichend Motivation hätten, die Tiere zu schießen, findet er nicht. "Wir wollen schon sehen, dass wir die Waschbären kurz halten", sagt er. Außerdem bezweifelt er, dass es überhaupt finanzielle Mittel für eine solche Prämie gebe. Neben der Jagd sei vor allem wichtig, dass die Menschen durch das richtige Verhalten die Tiere gar nicht erst anlocken. Bisher seien die Waschbären in seinen Augen vor allem ein punktuelles Problem und noch keine Plage im ganzen Landkreis.
Die Untere Jagdbehörde des Landkreises Main-Spessart erklärt, dass eine solche Prämie im Ermessen jeder Kommune liege. Diese könne per Gemeinde- oder Stadtratsbeschluss eine Abschussprämie für Waschbären als freiwillige kommunale Leistung einführen.
Der Mensch war es, der dieses Tier aus Eigennutz, Profitgier oder Unkenntnis teilweise illegal bei uns eingeführt hat. Der Waschbär wäre von sich aus nicht zu uns gekommen.
Aber wurden dies Menschen dafür bestraft etc? Nein.
Ausbaden muss es nun der Waschbär. Er wird nun gejagt und getötet und und muss für das Fehlverhalten von Menschen mit seinem Leben bezahlen.
Sie kamen einfach irgendwie mit und wir haben nun das Problem.
Einige sind irgendwie verblendet, wenns um putzige Viecher geht.