Mit drastischen Mitteln will das Bundesforstamt Reußenberg der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest vorbeugen. Der Bayerische Jagdverband spricht unterdessen von einer unmenschlichen Methode. Unter Jägerinnen und Jägern zirkulieren Videos, deren Anblick sie nach eigenen Schilderungen kaum ertragen können. Wildschweine werden in Fallen gelockt, denen sich Jägerinnen und Jäger nähern. Mit Gewehren erlegen sie die in Panik gebrachten Tiere.
Auch auf den Truppenübungsplätzen Hammelburg und Wildflecken sind Wildschweinfallen jetzt Thema, bestätigt Godfried Schwarz, Leiter des zuständigen Bundesforstamtes Reußenberg, auf Nachfrage dieser Redaktion. Auslöser sei die Vorsorge gegen die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest, die zuletzt wiederholt in Brandenburg aufkam.
Vorsorge gegen Afrikanische Schweinepest
Diese hochansteckende Virusinfektion ist zwar für Menschen ungefährlich, aber für Wild- und Hausschweine tödlich. Wo sie auftritt, hat das weitreichende Folgen für Schweinhalter. So kann es passieren, dass bei aufkommenden Verdachtsfällen ihre ganzen Bestände gekeult werden müssen.
Das Problem dabei: Die Ausbreitung dieser Pest kann nicht vorhergesagt werden. "Es handelt sich um eine Sprunginfektion", erklärt Schwarz. Diese Infektion könne auch auf weitere Entfernungen eingeschleppt werden. Schlimmstenfalls könnte ein Auftreten die Einstellung des Übungsbetriebs in Hammelburg und Wildflecken bedeuten. In der aktuellen Lage könne man sich so einen Totalausfall nicht leisten. "Die Übungsplätze sind systemrelevant", sagt Schwarz.
Deswegen habe man sich nach langen Recherchen für den Aufbau von zwei Fallen entschieden. Entsprechende Genehmigungen hab man bei der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt Bad Kissingen eingeholt. "Mit Jagd hat das nichts zu tun", räumt Schwarz ein - und Panik unter den Tieren lasse sich nicht immer vermeiden.
Kein Entrinnen aus den Fallen
Allerdings gehe man möglichst behutsam vor und habe dafür eigens Personal ausgebildet. Jeweils etwa zehn Tiere würden mit Mais in eine Art Reuße aus Netzen mit einem Durchmesser von etwa acht Metern Durchmesser gelockt, aus denen es für die Tiere kein Entrinnen gebe.
Per Kameraüberwachung und Handyalarmierung werde sofort jeweils ein speziell eingeteilter Fallenbetreuer verständigt, wenn Tiere in die Falle gegangen sind. Der Mitarbeiter nähere sich der Falle behutsam entgegen der Windrichtung und erlege die Tiere aus der Nähe mit einem speziellen Kleinkalibergewehr samt Schalldämpfer.
Es gebe derzeit auch große Wildschweinbestände, die zu diesem Vorgehen veranlassen, sagt Schwarz. Gelegentlich mit großen Drückejagden und bis zu etwa 100 Schützen arbeite man seit Jahren an der Dezimierung. So seien im vergangenen Jahr in Hammelburg 180 Wildschweine und in Wildflecken 126 Wildschweine erlegt worden.
Für Hammelburg 30 Meter Zaun erforderlich
In den noch stärkeren Vorjahren seien es alleine in Hammelburg bis zu 250 gewesen, so der Leiter des Forstbetriebs. Aktuell laufe ein Genehmigungsverfahren bei der Unteren Jagdbehörde, um die Übungsplätze einzuzäunen. Allein für Hammelburg würden 30 Kilometer Zaun erforderlich. Gedacht ist an ein Drahtgeflecht, das bei Bedarf in dafür vorbereitete Pfosten eingehängt werden kann. Ein Problem seien aber noch Querungshilfen für andere Tiere.
Zweifel an diesen Methoden der Vorbeugung äußert Sebastian Becker, Vorsitzender der Kreisgruppe Hammelburg des Bayerischen Jagdverbands, im Gespräch mit dieser Redaktion. Die beschriebenen Zäune würden Wildschweine kaum aufhalten.
BJV bietet Unterstützung an
Besonders kritisiert er die Aufstellung der Fallen. Sie ist aus seiner Sicht "unmenschlich". Die Bilder, wenn eine Wildschweinfamilie in so eine Falle gerate und die Tiere nacheinander erlegt werden, möchte er sich nach seinen Worten gar nicht vorstellen.
Zwar zeigt er Verständnis für Sachzwänge im Zusammenhang mit dem Übungsbetrieb der Bundeswehr, spricht aber über "Panikmache" zur Afrikanischen Schweinepest. Für besser eingesetzt hielte er die Mittel zur Prophylaxe etwa durch Aufklärung der Truppe im Umgang mit Essensresten und jeweils gründlicher Reinigung des Geländes nach Übungen. Schließlich könne jede liegengelassene Scheibe Salami den hochansteckenden Virus übertragen.
Gleichzeitig möchte er dem Bundesforst bei aller Kritik im Namen der BJV-Kreisgruppe "die Hand reichen". So bietet er umfangreiche personelle Unterstützung etwa bei der Ausrichtung zusätzlicher Drückejagden an. Es sei wünschenswert, das Problem schonender in den Griff zu bekommen.