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Frammersbach
Bürgerenergie Frammersbach baut seit zwei Jahren Solaranlagen: Warum die Genossenschaft noch viel Überzeugungsarbeit leisten muss
Die BEG hat viel erreicht, dennoch stößt der Vorstand noch oft auf Skepsis. Dabei lohnen sich die Anlagen nicht nur für die Umwelt, sondern auch finanziell, so Klaus Mills Erfahrung.
Klaus Mill, Vorsitzender der Bürgerenergie Frammersbach, an der Schulturnhalle in Frammersbach, auf der die Genossenschaft eine Photovoltaik-Anlage installiert hat.
Foto: Katrin Amling | Klaus Mill, Vorsitzender der Bürgerenergie Frammersbach, an der Schulturnhalle in Frammersbach, auf der die Genossenschaft eine Photovoltaik-Anlage installiert hat.
Katrin Amling
 |  aktualisiert: 28.05.2024 02:57 Uhr

Eines ihrer großen Ziele hat die Frammersbacher Bürgerenergie (BEG) zwei Jahre nach ihrer Gründung erreicht: Ungenutzte Gebäude in dem Ort mit Photovoltaik-Anlagen ausstatten, um erneuerbare Energien zu erzeugen. "Wir haben schon sechs Anlagen gebaut, sechs weitere entstehen gerade", sagt Klaus Mill. Der Frammersbacher Unternehmer ist Vorsitzender der Genossenschaft.

"Die Bürgerenergie haben wir gegründet, um Frammersbach voran zu bringen und um langfristig insgesamt bei den erneuerbaren Energien voranzukommen", erklärt er. Außerdem sollten die Gewinne der Anlagen im Ort bleiben. Fünf der Anlagen wurden in enger Kooperation mit der Marktgemeinde über die gemeinsam ins Leben gerufene Energie Allianz umgesetzt. Die Anlage auf der Narhalla wurde ausschließlich von der BEG realisiert.

404 Mitglieder, überwiegend aus Frammersbach, aber auch aus der näheren Umgebung, hat die Genossenschaft inzwischen. Mit dieser Entwicklung ist die Bürgerenergie zufrieden, neue Mitglieder sind aber natürlich immer willkommen. Insgesamt ist das Interesse in der Bevölkerung an dem Thema durchaus vorhanden, das würden auch die Mitgliedszahlen zeigen, findet Mill.

Knapp ein Jahr nach der Gründung ist im Mai 2023 die PV-Anlage auf dem Bauhof als erste Anlage ans Netz gegangen. Es folgten das Feuerwehrhaus, die Schulturnhalle, das Sängerheim und der Edeka-Einkaufsmarkt. Derzeit noch im Bau, aber bald fertig werden Anlagen auf dem Dorfgemeinschaftshaus und der Kläranlage in Habichsthal, dem Gebäude des Frammersbacher Kegelclubs und drei Wasserhäusern der Gemeinde.

Vertragswesen einer Energiegenossenschaft ist kompliziert

"Wir sind zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, aber natürlich ständig dran, neue Objekte zu bearbeiten", so Mill. Als Vorsitzender sucht er aktiv nach Dachflächen, die sich für weitere PV-Anlagen eignen, geht auf die Besitzer zu und führt Gespräche.

Dabei muss er noch immer viel Überzeugungsarbeit leisten, gerade bei Privatpersonen und Unternehmen. "Wir haben rund 15 Unternehmen aus Frammersbach und Umgebung ein Angebot gemacht, die sich aber nicht entscheiden konnten und auch nicht selbst aktiv geworden sind", sagt Mill. Noch immer hätten nicht alle erkannt, dass die Energiewende nötig sei. Und dass sich die Anlagen auch finanziell lohnen. "Als Kaufmann" könne er sagen, dass es die richtige Entscheidung sei. 

"Nach wie vor gibt es sehr viele schöne Dächer, die belegt werden könnten."
Klaus Mill, Vorsitzender der Frammersbacher Bürgerenergie

Die Vorstandsmitglieder arbeiten alle ehrenamtlich, meist neben ihrem normalen Job. Gerade zu Beginn war der Aufwand sehr groß, erzählt Mill. "Vor allem das Vertragswesen ist sehr kompliziert", sagt Mill. Im Team haben sie zum Beispiel einen Steuerberater, Spezialisten für Vertragsangelegenheiten und die Homepage, aber auch Ingenieure und Elektrotechniker – so ist Fachwissen aus vielen verschiedenen Bereichen vorhanden.

Dächer nutzen anstatt freie Flächen zu bebauen

Doch selbst mit viel Expertise und Engagement gibt es immer wieder Rückschläge: Im vergangenen Jahr hatte die Bürgerenergie zum Beispiel zwei größere Anlagen verhandelt, Netzanfragen gestellt und Strompreise ausgehandelt. Die Aufträge habe die Bürgerenergie dann auch bekommen, doch dann seien beide Eigentümer der Gebäude aus unterschiedlichen Gründen wieder abgesprungen. "Das ist dann natürlich schade. Da steckt ein wirklich großer Aufwand dahinter", sagt Mill. Auch für die Netzanfragen brauche es oft viel Geduld.

"Nach wie vor gibt es aber sehr viele schöne Dächer, die belegt werden können", sagt der Frammersbacher. Viele freie Flächen gebe es auch auf behördlichen Gebäuden, als Beispiel nennt er die Immobilie des Straßenbauamts in Lohr. "Da habe ich zwei Anfragen hingeschickt, die wurden nicht einmal beantwortet", sagt Mill. Aber auch bei Gewerbebetrieben oder Institutionen gebe es noch viele unbelegte Dächer.

Rund eine Million Euro investiert

Der Unternehmer plädiert dafür, diese zu bebauen: Wenn man diese ohnehin versiegelten Flächen mehr nutze, könne man vielleicht die ein oder andere Freiflächenanlage einsparen und so für mehr Akzeptanz bei den Bürgern sorgen. Aber auch eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage würde die Genossenschaft gerne angehen, ebenso wie langfristig das Thema Wind- und Wasserkraft.

Rund eine Million Euro hat die Bürgerenergie inzwischen investiert, mit den Anteilen der Mitglieder, einer Sammlungsrunde und dem Geld, das die Gemeinde über die Energie-Allianz eingebracht hat. "Das ist jetzt weg mit den Anlagen, die bald fertig werden", sagt Mill. Stillstand bedeutet das aber nicht. Man sei auch aktuell noch an "durchaus großen Projekten" dran.

Infos aus der Jahresversammlung

2023 erwirtschaftete die BEG einen Jahresüberschuss von 1600 Euro, bilanzierte der Aufsichtsratvorsitzende Manuel Welzenbach in der Hauptversammlung der Genossenschaft vergangene Woche. Eine Rendite werde noch nicht ausgeschüttet, das sei jedoch auch von Anfang so kommuniziert worden. Für das Geschäftsjahr 2024 erwarte man hingegen eine Ausschüttung.
Insgesamt gingen 2023 sechs PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 658 Kilowatt Peak ans Netz. Damit wurden 625.100 Kilowatt Stunden Strom erzeugt. Durch Verzögerungen und technische Probleme an den Anlagen an der Heuberghalle und am Edeka sei das Potenzial zwar nicht voll ausgeschöpft worden. Inzwischen liegen die Anlagen jedoch im Soll.
Alle bislang realisierten Projekte konnten ausschließlich aus Eigenmitteln finanziert werden. Weitere Objekte befinden sich laut BEG in der Angebots- und Verhandlungsphase und könnten noch in diesem Jahr realisiert werden, darunter mehrere Anlagen in Partenstein, eine in Zell am Main, eine große Industrieanlage in Lohr sowie die Kläranlage des Abwasserverbandes Lohrtal.
Quelle: BEG
 
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