
Geht es nach der "taz", ist Angela Merkel jetzt wohl die bekannteste "Oma gegen Rechts". Mit diesen drei Worten titelte die links-grün-alternativ gestimmte Tageszeitung in ihrer Ausgabe vom Freitag neben dem Konterfei der Altkanzlerin. Einen Tag zuvor hatte Merkel die gemeinsame Abstimmung über den migrationspolitischen Gesetzesentwurf von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit der AfD kritisiert.
Nachempfunden wurde die Schlagzeile der bundesweit sowie im Ausland verbreiteten, parteiunabhängigen Initiative "Omas gegen Rechts". Seit Sommer 2024 engagieren sich einige Damen als "Omas gegen Rechts Karlstadt" auch in der ersten Gruppe von Main-Spessart. Insgesamt 10 Frauen – erkennbar an ihren weißen Westen – liefen am vergangenen Donnerstagvormittag auf dem Karlstadter Marktplatz auf und ab, verteilten Broschüren und sprachen Passanten an, um für demokratische Werte und gegen die AfD zu werben.
Ganz vorne mit dabei: die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Heidi Wright. Die 73-Jährige erlebte Merkels erste Amtszeit und somit die große Koalition mit der SPD von 2005 bis 2009 noch live mit, bevor sie aus dem Gremium ausschied. Geht es um die AfD, spricht Wright trotz der nominell steigenden Zustimungswerte der Partei von einem "Scheinriesen". Hinsichtlich der jüngsten bundespolitischen Ereignisse und des Vorgehens von Merz sehe sie "die Gefahr, dass die Partei größer gemacht werden könnte als sie eigentlich ist".
Omas gegen Rechts wollen Flagge zeigen
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl beunruhige Wright und ihre Mitstreiterinnen der mögliche Rechtsruck in Deutschland so sehr wie nie. "Das ist aktuell ein Ritt auf der Rasierklinge. Wir kennen die Beispiele aus dem Ausland – Trump, Meloni, Orban, Kickl, da wollen wir nicht hin", stellt sie klar. Wichtig sei ihr daher, dass sie und andere ältere Frauen der Bewegung jetzt das Heft in die Hand nehmen und Flagge zeigen.

Um "rechtsextremistische Ansichten nicht zu normalisieren", sucht auch Gisela Kleinwechter das Gespräch mit den Leuten vor dem Stand auf dem Marktplatz. Sie war es , die die Karlstadter Version der Omas gegen Rechts ins Leben gerufen hatte. "Die Stimmung ist im Moment aus unserer Sicht positiv. Der Großteil der Leute hat Verständnis für unsere Aktion und sagt, die AfD ohnehin nicht zu wählen", berichtet sie nach der ersten halben Stunde.
Zu ihnen gehört auch Detlef Köhn aus Himmelstadt. Er warnt davor, das Thema Migration in den kommenden Jahren nicht ernst genug zu nehmen, gibt sich aber im Hinblick auf den bevorstehenden Wahltag am 23. Februar optimistisch. "Ich bin davon überzeugt, dass die Wahl jetzt nochmal gutgehen wird und wir eine starke CDU mit einem Juniorpartner haben werden, der nicht AfD heißt", meint er.
Heidi Wright: "Müssen demokratische Kräfte stärken"
Da es der Gruppe nicht zwingend darum geht, die Konservativen kleinzuhalten, betont Heidi Wright. "Ich sage zu den Leuten auch, dass sie durchaus schwarz wählen können, aber die Union wird einen Partner brauchen, deshalb müssen wir demokratische Kräfte stärken." Kurz nach dem Holocaust-Gedenktag anlässlich der Befreiung von Auschwitz beunruhigt Wright vor allem die heutige Zersplitterung der Parteien. Hier sehe sie eine Parallele zu den politischen Unruhen in der Zeit vor dem Holocaust.
Ein vorbeischlenderndes Ehepaar, das direkt signalisiert: "Wir wählen nur Demokratie, nix Blaues", ist daher bei den Omas gern gesehen. Doch nicht alle schließen sich diesem politischen Tenor an. Ein Herr steuert auf den Stand der Initiative zu, baut sich vor zwei der Damen auf und lässt sie wissen: "Alle anderen Parteien sind Schmarotzer und nur die AfD sagt die Wahrheit." Er zieht sofort wieder davon.

"Manchmal fehlt einem einfach die Grundlage für jegliche Diskussion", kommentiert Gisela Braun die Szene. Zuvor hatten sie vereinzelt Leute mit der Aussage abgewimmelt, ohnehin die AfD zu wählen. Um trotzdem für die Demokratie aufzustehen, hat Braun sich den Omas gegen Rechts Karlstadt angeschlossen, obwohl sie selbst aus Gemünden kommt. "Ich habe von der Aktion hier gehört und wollte auch dazu kommen. Wir haben auch schon darüber geredet, ob es möglich wäre, in Gemünden eine Gruppe zu gründen", erzählt Braun. Neben der Verstärkung aus Gemünden mischen inzwischen auch Frauen aus Retzbach und anderen Gemeinden im Landkreis mit.
Drei weitere Aktionen donnerstags geplant
Heidi Wright hat sich währenddessen schon das nächste Paar inmitten des Marktplatzes geschnappt, trifft aber in diesem Fall auch auf reichlich aufgestauten Frust. "Die in Berlin haben nicht verstanden, nicht nur zu reden, sondern auch mal Gesetze und Verordnungen zu bringen. Ich möchte nicht darauf warten, dass mal eins von meinen Kindern abgestochen wird", echauffiert sich ein Mann und beendet das Gespräch mit der früheren Bundespolitikerin, ohne eine Antwort abzuwarten. In diesen Fällen sind Wright und den anderen die Hände gebunden. Ohne Diskussionsbereitschaft lässt sich nicht nach demokratischen Lösungen suchen.
Trotz gemischter Reaktionen bei der persönlichen Ansprache kann Wright sich schon nach einer knappen Stunde freuen. "Hundert Herzen sind weg", ruft sie ihren Mitstreiterinnen um 11.50 Uhr zu. Nach 50 Minuten konnten die Omas 100 mal ihre niedergeschriebenen Werte mit einem Schokoherz an Menschen überreichen, die ihr Kreuz vermutlich nicht bei der AfD machen werden.
Um noch deutlich mehr Menschen in der Kreisstadt zu erreichen, schwirren die Omas auch an den kommenden drei Donnerstagen jeweils von 11 bis 13 Uhr über den Marktplatz. Auch Neuzugang Birgit Schrauth aus Karlstadt könnte dann wieder dabei sein. "Ich bin völlige Anfängerin bei den Omas, aber versuche mein Bestes", sagt sie und ergänzt, "wenn wir nur ein paar davon überzeugen können, nicht die AfD zu wählen, ist das schon ein Erfolg."
Wir brauchen Stimmen der Mitmenschlichkeit und Aufrichtigkeit in unserem Land.
Von den Hassern und Lügnern gibt es schon zu viele.
Verstehe ich nicht. Wie man sieht, sind nach obigen Artikel gerade die Omas gegen Rechts auf die Straße gegangen. Nichts Wegducken oder Schweigen.
Habe auch nichts gelesen, das Omas gegen Rechts sich gegen Zusammensetzen und nach Lösungen suchen, ausgesprochen haben. Im Gegensatz zu manchen Parteien.