
Mit Kerim Erdem aus Miltenberg hat die AfD einen sympathischen Direktkandidaten für die kommende Bundestagswahl. Der wortgewandte ehemalige Bezirksschülersprecher sagt, dass er sich mit dem Parteiprogramm in weiten Teilen "absolut identifizieren" könne. Er sei "konservativ und national, aber extrem in keinster Form". In mehrerlei Hinsicht wirkt die Entscheidung für ihn beziehungsweise seine Entscheidung für die AfD aber doch überraschend.
Mit einem türkischen Namen in der AfD? Er müsse sich "immer rechtfertigen", sagt der Sohn eines türkischen Kurden und einer Deutschen. Auch innerhalb der AfD werde er gefragt: "Wie hast du denn den Weg zu uns gefunden?" Er werde aber "wahnsinnig gut angenommen". Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund schlössen sich der AfD an. Überhaupt sei es so, dass die wenigsten Deutschen nur rein deutsche Wurzeln haben, wenn man zwei, drei Generationen zurückblicke. Es sei doch egal, woher jemand komme. "Für mich zählt der Mensch."
Erdem übt vorsichtig Kritik an Alice Weidel
"Wir als Kreisverband Miltenberg sind absolut tolerant", sagt Erdem. Hautfarbe? Sexuelle Orientierung? Religion? Ihm egal. In seiner Familie gebe es Frauen, die aus Überzeugung Kopftuch tragen. Deshalb würde er andere Worte wählen als Parteichefin Weidel, die von "Kopftuchmädchen" sprach.
Er mache sich angesichts der "aufgebauschten" rechtsextremen Tendenzen in seiner Partei – "jede Meinung hat Gehör verdient" – "null" Sorgen um den türkischen Teil seiner Familie, die sei voll integriert. Und Rechtsextremist und Meinungsführer Björn Höcke? "Ich kenne den Menschen nicht persönlich. Und wenn ich ihn nicht persönlich kenne, kann ich keine finale Beurteilung über seine Persönlichkeit finden." Dessen extrem öffentlichen Aussagen reichen ihm nicht, Politik sei auch viel Show.
Wie kommt Kerim Erdem zur AfD?
Wer ist Erdem und wofür steht er? Und warum AfD? Der junge Vater macht gerade in Vollzeit seine Ausbildereignungsprüfung. Er würde gern als Dozent bei einem Träger arbeiten. "Ich möchte Jungs und Mädels helfen, die wirklich Probleme haben." Er möchte sich sozial engagieren. Erdem war Fußballschiedsrichter und hat einen Verein für Selbstverteidigung mit aufgebaut.
Es sei für ihn ein langwieriger Prozess bis zum Eintritt in die AfD gewesen. "Ich hab während Corona angefangen, einige Dinge für mich kritisch zu hinterfragen." Mit CSU-Verantwortlichen in Miltenberg sei er nicht auf einer Wellenlänge gewesen, auch mit den Freien Wählern habe es nicht gepasst. "Da bleibt nicht mehr so viel, wenn man sich als konservativ-rechts sieht." Bei der AfD sei er am besten aufgenommen worden, "auch wenn man es nicht glauben mag".
Es stört ihn, dass er mit Menschen, die sich nicht integrieren wollen, auf eine Stufe gestellt wird
Er möchte nicht auf eine Stufe gestellt werden mit Menschen, die sich nicht integrieren wollen. Es störe ihn, dass er andauernd gesagt bekomme, dass er so gut Deutsch spreche – "ich bin hier geboren". Es störe ihn auch, wenn arabische junge Männer "Frauen anmachen", er vermisse Anstand, Respekt und Demut. Deutsche Gesetze müssten respektiert, Religion dürfe nicht über Gesetzen stehen. Straftäter sollten abgeschoben werden. Menschen, die bereit sind, sich zu integrieren, unterstütze er gern. Sein Vater habe sich als Einwanderer "den Hintern aufreißen müssen", habe nie vom Staat gelebt. Fachkräfte und Arbeitswillige dürften gern kommen.
Bei der inneren Sicherheit ist Erdem für ein konsequentes Durchgreifen gegen Straftäter, bei der äußeren weniger. Selbstverteidigung findet er wichtig, aber das Recht auf Selbstverteidigung osteuropäischer Staaten durch Nato-Beitritt und die Unterstützung der Ukraine mit Waffen gegen ein brutal vorgehendes Russland sieht er kritisch. Er gibt die russische Propaganda wieder, Russland habe sich bedroht gefühlt. Er erzählt sogar von einem defätistischen ehemaligen Major der Bundeswehr in AfD-Reihen, der sage, er würde, solange ihm die Regierung nicht passe, nie wieder für Deutschland "in den Krieg ziehen". Man müsse, so Erdem, Leute stolz machen auf ihr Land, damit sie bereit seien, es zu verteidigen.
Misstrauen gegenüber Medien und Wissenschaft
Der Kandidat misstraut klassischen Medien und informiert sich auch über zweifelhafte, rechtspopulistische Youtube-Blogger. Beim Thema Klimawandel misstraut er der Wissenschaft und verweist auf andere Stimmen wie den Klimawandelleugner und Volkswirt Markus Krall. Erdem könne nicht sagen, ob der Klimawandel menschengemacht sei oder nicht, genauso wenig wie er sagen könne, ob die Erde flach sei oder nicht. "Ich kann's niemals bestätigen oder nicht", weil sein Verständnis von Wissenschaft "gar nicht so weit geht". Er sagt, er möchte kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Diskurs und Kompromisse.
Nur bei der AfD gibt es Platz für solch wirres Gedankengut.
Die Erde eine Scheibe? Der Klimawandel egal? Der hinterhältige Überfall Russlands einfach hinzunehmen? Die bösen Medien und Wissenschaftler lügen! Aber er gibt der Main-Post ein Interview. Er möchte kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern Diskurs und Kompromisse??
Welch geistige Dissonanz ein einzelnes Hirn überwinden muss, um solche Gedanken zu gebären ist beachtlich.
Seither ist das Wissen so rapide angewachsen, dass sich niemand mehr anmaßen kann, alles zu wissen. Seither müssen sich also selbst Wissenschaftler auf die Erkenntnisse anderer Wissenschaftler verlassen. Zum Beispiel darauf, dass Astronomen eindeutig festgestellt haben, dass die Welt eben keine Scheibe, sondern eine Kugel ist. Oder darauf, dass es wissenschaftlich eindeutig belegt ist, dass die CO2-Emissionen seit Beginn der Industrialisierung die Ursache für den mit diesen Emissionen korrelierenden Temperaturanstieg in der Erdatmosphäre sind.
Wer solche Fakten anzweifelt, kann keine richtigen Entscheidungen treffen. Jemand, der nicht einmal sagen kann, ob die Erde eine Kugel ist, weil er das noch nicht mit eigenen Augen gesehen hat, hat im Deutschen Bundestag nichts zu suchen!
die Aussage, dass 97% aller Klimawissenschaftler einig wären beruht auf einer Studie von John Cook und Kollegen die 2013 erschienen ist (Quantifying the consensus on anthropogenic
global warming in the scientific literature), da wurden fast 12000 Klimaartikel ausgewertet und in verschiedene Ergebnisklassen eingeteilt: Der Mensch trägt am Klimawandel alleine Schuld, zum großen Teil, zum kleineren Teil, gar nicht. 66% der Ergebnisse trafen aber gar keine Aussage.
Jetzt hat man diesen größten Teil einfach aus der Berechnung heraus genommen und schon hatte man durch diesen mathematischen Trick die große Zustimmung, die bei Berechnung der Gesamtzahl der Studien nur bei 33% lag.
Genauere Infos hierzu finen Sie z.B. hier: https://www.achgut.com/artikel/der_100_prozent_klimazirkus_geraet_unter_druck
Nur weil es der "falsche" sagt ist eine Tatsache automatisch falsch?
Norbert Heßdörfer (habe im obigen Kommentar leider vergessen meinen Namen darunter zu schreiben)
"Trotz vieler Studien, die die überwältigende wissenschaftliche Einigkeit über den Klimawandel bestätigen, klafft eine große Lücke zwischen dem 97%-Konsens und der Wahrnehmung des Konsenses durch die Öffentlichkeit. Im Durchschnitt nehmen die Menschen an, dass nur rund 67% der Klimawissenschaftler den Menschen als Ursache der globalen Erwärmung sehen. Noch beunruhigender: nur 13% der Amerikaner wissen, dass der Konsens über 90% beträgt." (S. 5 bei diesem Dokument: https://skepticalscience.com/docs/Consensus_Handbook_German.pdf
Das würde ja der Ansicht aus dem Artikel widersprechen, den Sie zitierten, oder irre ich mich da jetzt womöglich?
Da braucht man in so einer Partei solche Leute die aus unserer germanischen Norm herausfallen.
Wie sagten die Jungs im Ruhrpott:"Lieber Tommy , fliege weiter, fliege weiter
nach Berlin, wir sind nur brave Arbeitsleute, in Berlin haben Sie "Heil" geschrien.
Die Welt bleibt eine Scheibe.
Gute Nacht Deutschland!
Er hält zwar die rechtsextremen Tendenzen für aufgebauscht, bestätigt deren Vorhandensein aber dennoch und verbrämt diese als Meinungsäußerung, die es verdiene, gehört zu werden. Das ist schon skuril um es mal milde auszudrücken.
Mir scheint zudem bei seiner Hinwendung zu diesen Leuten auch ein gewisser Anteil von Verdrängung bezüglich des Wesens dieser Partei vorhanden zu sein. Diese Partei ist u.a. rechtsradikal und islamophob, dessen sollte er sich bewusst sein. Entweder ist das sein Welt- und Menschenbild, dann wäre er dort wohl an der richtigen Stelle, oder es ist nicht sein Bild, dann würde sich die Frage stellen, warum er für diese Partei und ihre Vorstellungen kandidiert. Ich fürchte aber, dass er diese Frage womöglich selbst nicht beantworten kann.
Also ist das Gleichsetzen nur ein billiges (Nicht-) Argument bzw. verhöhnt diejenigen, die damals tatsächlich zu leiden hatten.