
Vor einem Jahr setzte der Arnsteiner Pfarrer Christian Ammersbach ein ganz persönliches Zeichen als Kritik an der neuen Struktur des Bistums Würzburg: Damit der Pastorale Raum Karlstadt Ende Januar 2022 errichtet werden konnte, legte der 51-jährige Seelsorger sein Amt als Pfarrer nieder und trat als Pfarrvikar in die zweite Reihe zurück. Der Grund: Ammersbach lehnt das neue gemeinschaftliche Leitungsmodell ab. In einem Schreiben begründete er damals ausführlich seine Beweggründe.
Im Februar 2022 dann beteiligte sich Ammersbach an einer solidarischen Aktion gegen Missbrauch in der katholischen Kirche: Er verzichtete in mehreren Messen in Arnstein auf das Priestergewand und unterstützte so Pfarrer Markus Krauth in Aschaffenburg. "Was mein kleines Zeichen im Denken einzelner bewirkt hat, kann ich nicht ermessen", sagt er ein Jahr später im Gespräch mit dieser Redaktion. Er könne jedenfalls keine Wirkung oder ein Weiterwirken wahrnehmen.
Christian Ammersbach: Ich bin offen für Aktionen, die auf Probleme hinweisen. Allerdings möchte ich das möglichst nicht alleine machen, sondern mit Mitstreitern. Letztes Jahr waren wir nur zu zweit. Das war ein bisschen wenig. Künftig wünsche ich mir dafür eine etwas breitere Basis.
Ammersbach: Da gibt es mehrere Aspekte. Einer ist die Frage der Macht in der Kirche. Hängt sie an der Weihe – also nur, wer Priester ist, hat letztlich das Sagen? Und Nicht-Priester – also auch Frauen – können nur beraten? Oder finden wir zu einem anderen Umgang miteinander? Das jetzige Priesteramt ist ja ganz klar als Leitungsamt mit Entscheidungsbefugnis definiert. Beim Umgang mit Missbrauch hat man gemerkt, dass dieses System nicht funktioniert, um Machtmissbrauch effektiv zu verhindern. Es braucht eine Reform, die nicht die Hälfte der Katholiken ausschließt. Die Machtkonzentration auf geweihte, ehelose Männer tut der Kirche nicht gut.
Ammersbach: Ich hatte mehrere Kritikpunkte, ein wesentlicher war das Leitungsmodell "in solidum". Dadurch wird eine Pfarrei nicht mehr vakant, wenn ein Pfarrer ausfällt oder stirbt. Die vorhandenen Pfarrer müssen dann automatisch alles schultern. Das ist schon ein starker Tobak der Diözese, dass sie sich damit ein wenig aus der Verantwortung heraus stiehlt. Das finde ich nicht fair.
Ammersbach: Das wird irgendwann so kommen, wenn man nicht gegensteuert. Dieser Fall ist zum Glück bei uns noch nicht eingetreten, es sind noch alle Pfarrer da. Anders sieht es in anderen Pastoralen Räumen wie zum Beispiel in Kitzingen aus: Hier ist ganz plötzlich vor einem halben Jahr der Dettelbacher Pfarrer gestorben. Die Stelle wurde zwar ausgeschrieben, die Pfarrei ist aber nicht vakant. Nominal sind alle Pfarreien besetzt. Die anderen Pfarrer müssen das jetzt abdecken.
Ammersbach: Die Pfarrer Simon Mayer und Nikolaus Stanek hatten sich zu diesem Leitungsmodell entschlossen. Im Grunde läuft bis auf ein paar wenige Feinheiten aber erst einmal alles so weiter, wie bisher. Ich bin jetzt eben kein Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft "Um Maria Sondheim" mehr. Pfarrer Mayer als mein jetziger Vorgesetzter hat mich jedoch beauftragt, weiterhin deren Leitung wahrzunehmen. Ich darf den Titel "Pfarrer" aber weiterhin als persönlichen Titel ohne Befugnisse tragen. Ich bin jetzt also offiziell Pfarrvikar Pfarrer Christian Ammersbach (lacht).

Ammersbach: Nein, das war für mich der richtige Schritt, weil ich sonst im schlimmsten Fall automatisch für 37 Kirchenstiftungen des Pastoralen Raums Letztverantwortung gehabt hätte. Ich bin damit auf viel Verständnis gestoßen, das habe ich bei vielen Begegnungen gemerkt. Aber natürlich habe ich manchmal gespürt wie schwer es ist, damit umzugehen. Und auf Widerstand zu stoßen. Meine Wahl in den Priesterrat der Diözese bestätigt mir aber, dass es richtig war, meine Stimme auch für andere zu erheben. Insofern bin ich motiviert, das weiter zu tun.
Ammersbach: Die Diözese hat wenige praktische Konzepte – und manchmal auch fehlendes Problembewusstsein. Meine Kritik, dass vieles ungeklärt ist, hat sich bewahrheitet. Auch andere Kollegen sehen das mittlerweile so. Im November hatten wir Bischof Jung zu Gast und haben dabei genau das thematisiert. Wir haben auch gefragt, wie künftig Leitung mit den neuen zusätzlichen Gremien Pfarrerteam, Seelsorgeteam, Koordinierungsgruppe und Rat im Raum funktionieren soll und die Problematik aufgezeigt. Diese Treffen nehmen viel Zeit und Energie in Anspruch. Das war für ihn so neu. Er hat das mitgenommen und im positivsten Fall kommt jetzt etwas in Bewegung.
Ammersbach: Wir suchen praktische Lösungen dafür, wenn das Personal weniger wird. Das ist ja das, was uns alle erwartet und warum auch die Räume letztendlich eingerichtet wurden. Bei uns startet das in eineinhalb Jahren. Die Arbeit, die bisher getan wurde, einfach auf die zu verteilen, die noch da sind und damit die Zuständigkeiten auszuweiten, wäre ein bisschen zu einfach. Spannend werden auch die nächsten Kirchenverwaltungswahlen: Finden wir noch genügend Kandidaten? Das sind Probleme, die uns in den nächsten Jahren sehr beschäftigen werden – unabhängig vom Pastoralen Raum. Nach den Lösungen dafür sollten sich dann die Strukturen richten, und nicht andersherum.
Ammersbach: Zum einen hätte die Diözese nicht sofort auf einen Schlag alle Pastoralen Räume einrichten müssen, sondern flexibler reagieren können. Wir haben im Vergleich zu anderen Räumen noch relativ viel Personal mit 16 hauptamtlichen Kräften. Hier hätte man auch sagen können: Wir warten noch. So diskutieren wir jetzt Themen in dieser großen Gruppe aus. Das ist Zeit, die an anderer Stelle fehlt.
Ammersbach: Ich würde mir wünschen, dass wir künftig gemeinsam mit den Gemeinden Lösungen suchen. Das ist noch ausbaufähig. Natürlich haben auch sie nicht die eine Antwort, aber wir können es nur gemeinsam schaffen. Die Illusion, wir könnten als Hauptamtliche die Kirche hochhalten – das wird immer weniger möglich sein. Es wird zwar immer wieder betont, dass es sehr auf das Engagement der Ehrenamtlichen vor Ort ankommt. Nach wie vor hat man allerdings den Eindruck, dass sich schon noch die kirchliche Leitung in der Verantwortung sieht, das Ganze zu managen und umzusetzen. Mit guten Absichten natürlich. Aber irgendwo stößt das einfach an Grenzen.
Ammersbach: Wir könnten mit den Gemeinden besprechen: Was könnt ihr selber leisten, wo braucht ihr Unterstützung? Das macht es aber natürlich auch anstrengend, weil jede Gemeinde anders ist. In einer gibt es zum Beispiel fähige Leute, die Beerdigungen selber organisieren können. In anderen könnten Verwaltungsaufgaben noch mehr ehrenamtlich übernommen werden. Hier müsste ich als Seelsorger dann sehr flexibel sein und jeweils dort unterstützen, wo eine Gemeinde Unterstützung braucht. Die Diözese könnte zudem von den freiwerdenden Geldern durch weniger Personal Verwaltungsleiter einstellen. Das wäre eine Erleichterung und würde Freiräume schaffen – auch, um neue Konzepte zu entwickeln.
Wenn jedoch eine Rückstufung zum Pfarrvikar dazu führt, Dienst nach Vorschrift zu machen, ist dies für ein „gemeinsam Kirche sein“ nicht förderlich. Nach einem Jahr Pastoralen Raum Karlstadt gibt es für unsere PG noch immer keine offiziell kommunizierte Organisation. Dass dies nach einem Jahr der Einführung nicht geschehen ist, lässt die mangelhafte Planung und Umsetzung der neuen Strukturen erkennen. Auf meine Nachfrage bezüglich der neuen Zuständigkeiten, wurde mir nur der für uns zuständige stellvertretende Kirchenvorstand genannt.
Umso erstaunlicher ist jetzt der Hinweis im Artikel, dass Herr Ammersbach anscheinend mittlerweile mit der Leitung der PG beauftragt wurde. Dass man dies aus der Zeitung erfährt, spricht für sich.
Jetzt kann man nur hoffen, dass Herr Ammersbach seine Verantwortung auch wahrnimmt.
L. Unsleber
Die Zeilen von verführerischen Geistern und Lehren der Dämonen wurden vor fast 2000 Jahren geschrieben. Vielleicht waren es damalige „Querdenker“, die solche Ansichten verfasst haben.
Nennen Sie mir einen Grund warum Sie im Jahre 2023 Frauen als Menschen zweiter Klasse ansehen? Warum Frauen nicht in verantwortungsvollen Positionen der katholischen Kirche zu finden sind bzw. es wert sind, diese zu bekleiden? Warum Pfarrer nicht in einer Beziehung leben dürfen bzw. sollen?
Es sind nicht die Frauen die Pfarrer von ihren seelsorgerischen Arbeiten abhalten. Das schafft die Institution Kirche selbst. Es verwundert nicht, wenn junge Leute keinen Bezug zu diesem Konstrukt haben und austreten. Das ist sehr schade, aber für mich absolut nachvollziehbar.
Ich würde mich über mehr Pfarrer, welche verheiratet sind und mitten im Leben und ihrer Gemeinde stehen, freuen!
Herr Dobat, die Erde ist übrigens keine Scheibe mehr. 😉
Herr Ammersbach meinen größten Respekt.
Lieber Gruß zu Ihnen,
Martin Dobat
L. G. Martin Dobat