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Würzburg/Arnstein
Kritik an neuer Kirchenstruktur: Christian Ammersbach gibt Amt als Pfarrer auf
Der Pastorale Raum Karlstadt wird am Sonntag errichtet. Pfarrer Ammersbach kritisiert das solidarische Leitungsmodell. Das hat Gründe – und Folgen für ihn.
Der Arnsteiner Pfarrer Christian Ammersbach kritisiert die neue Strukturreform im Bistum Würzburg.
Foto: Eichinger-Fuchs | Der Arnsteiner Pfarrer Christian Ammersbach kritisiert die neue Strukturreform im Bistum Würzburg.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:49 Uhr

An diesem Sonntag wird der Pastorale Raum Karlstadt errichtet. Christian Ammersbach hätte zum leitenden Team aus drei Pfarrern gehören sollen. Er entschied sich dagegen – und bleibt Seelsorger der Pfarreiengemeinschaft "Um Maria Sondheim" Arnstein im Landkreis Main-Spessart – aber nicht als Pfarrer.

Der Grund: Ammersbach ist vom neuen, für das Strukturprojekt "Pastoral der Zukunft" im Bistum Würzburg vorgesehenen Leitungsmodell "in solidum" nicht überzeugt. Dieses soll – so das Ziel – in allen 43 Pastoralen Räumen im Bistum Würzburg umgesetzt werden und bringt große Veränderungen mit sich. Fortan übernehmen Pfarrer "solidarisch" beziehungsweise gemeinschaftlich die Verantwortung. "Einer von ihnen hat als Moderator jedoch eine besondere Stellung", so Ammersbach.

Kritik an neuer Kirchenstruktur: Christian Ammersbach gibt Amt als Pfarrer auf

"Seit Beginn der Diskussionen über die Pastoralen Räume habe ich mir viele Gedanken gemacht", sagt der 50-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. Er kam zu dem Entschluss, nicht in dieses neue Leitungsmodell als Pfarrer einzusteigen. "Ich wäre dann im Pastoralen Raum Karlstadt mit den anderen beiden Pfarrern für 37 Gemeinden verantwortlich gewesen."

Für Ammersbach sei es ein sehr bewegter Prozess gewesen. "Ich hatte einige schlaflose Nächte." Seine Lösung: "Ich gebe das Amt als Pfarrer auf, werde Pfarrvikar für den Pastoralen Raum Karlstadt und suche da meine Rolle." Schwerpunkt als Seelsorger bleibe für ihn jedoch die Pfarreiengemeinschaft "Um Maria Sondheim" in Arnstein mit ihren zwölf Gemeinden.

Die Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Namensgeberin der aus zwölf Gemeinden bestehenden Pfarreiengemeinschaft rund um Arnstein (Lkr. Main-Spessart).
Foto: Günter Roth | Die Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Namensgeberin der aus zwölf Gemeinden bestehenden Pfarreiengemeinschaft rund um Arnstein (Lkr. Main-Spessart).

Das "In-Solidum-Modell" ist für Ammersbach sehr komplex. "Vieles ist unausgegoren und nicht durchdacht, vieles muss erst ausprobiert und nachgebessert werden. Das ist anstrengend und konfliktbehaftet." Seine Bedenken erläuterte er nun ausführlich den "Aktiven" in der Pfarreiengemeinschaft "Um Maria Sondheim" in einem zweiseitigen Schreiben.

Unsleber: Bereits vor Wochen sei durchgesickert, dass Pfarrer Ammersbach nicht mehr will

Einer dieser Aktiven, die diesen Brief genau gelesen haben, ist Lothar Unsleber, ein seit Jahren im Arnsteiner Ortsteil Binsbach engagierter Ehrenamtlicher. Es sei bereits vor Wochen in den Gemeinden "durchgesickert", dass Ammersbach nicht mehr will, sagt Unsleber. Aber nun sei es offiziell. "Meine Befürchtung, dass Pfarrer mit dem neuen Modell ein Problem haben und sich zurückziehen, hat sich also bewahrheitet." Unsleber war im vergangenen Jahr nicht bereit, das Amt als Kirchenpfleger zu übernehmen, weil die Kommunikation mit dem Bistum sehr schlecht sei. Er hinterfragt zusammen mit seiner ebenfalls sehr in der Gemeinde engagierten Ehefrau Michaela seit langem kritisch die Planungen zur "Pastoral der Zukunft".

In seinem Schreiben führt Noch-Pfarrer Ammersbach aus: "Verantwortung im Team zu übernehmen (vor allem ohne klar geregelte Teamleitung) benötigt einen großen Aufwand an Abstimmungsprozessen." Auch das Zusammenspiel aller Leitungsgremien sei nicht geklärt. 

Ammersbach ist sich sicher: "Vor allem die Pfarrer werden künftig noch mehr Zeit und Energie in koordinierende Tätigkeiten investieren müssen als bisher, allein schon durch die Leitungsverantwortung in Pfarreiengemeinschaften – und damit noch weniger Seelsorger sein können." Zudem sieht Ammersbach, dass es durch die Strukturreform festgelegte Vereinheitlichung und Standardisierung schwieriger wird, "innovative Projekte in Gemeinden zu starten". Stattdessen werde jetzt vor allem "der Niedergang bisheriger Kirchenstrukturen verwaltet".

Bistumssprecher Schweßinger: In 27 Pastoralen Räume wird das "In-Solidum-Modell" umgesetzt

Nicht nur Christian Ammersbach, auch andere Pfarrer haben Probleme mit der solidarischen Leitung. Bistumssprecher Bernhard Schweßinger informiert: "Es gibt Pfarrer in 27 Pastoralen Räumen, die zusammen mit ihren Teams das 'In-Solidum'-Modell umsetzen." In 16 Pastoralen Räumen hätten sich Pfarrer mit ihren Teams für das Übergangsmodell entschieden.

Was waren ihre Gründe? Laut Schweßinger hatten sie unter anderem Bedenken wegen der Größe der Pastoralen Räume. "Weiter gibt es Vorbehalte gegenüber gelingender Teamarbeit und der tatsächlichen Synergieeffekte."

Entscheidung der Pfarrer für das solidiarische Leitungsmodell ist freiwillig

"Pfarrer können nicht gezwungen werden, sich für dieses Modell zu entscheiden", sagt Ammersbach. "Sie müssen ja dafür auf ihr Amt als Pfarrer in den Pfarreiengemeinschaften verzichten. Das geht nur freiwillig." Da er im Pastoralen Raum Karlstadt der einzige Pfarrer ist, der sich gegen das neue Leitungsmodell entschieden hat, "blieb mir nur übrig, mein Amt als Pfarrer unserer zwölf Gemeinden niederzulegen und in die zweite Reihe zurückzutreten".

Doch auch das Übergangsmodell bedeutet lediglich eine "Verschnaufpause", so Ammersbach. Schweßinger erläutert: "Gibt es keine Einigung für das solidarische Leitungsmodell, bleiben die Pfarrer in der dreijährigen Einführungsphase des In-Solidum-Modells Pfarrer der jeweiligen Pfarreiengemeinschaft und arbeiten auf Grundlage einer gemeinsamen Vereinbarung im Raum zusammen."

Domkapitular Krämer: Nicht alle warten die vollen drei Jahre Übergangsmodell ab

Domkapitular Albin Krämer, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, sagte am Rande der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Bistums am Freitag, dass nicht alle Pfarrer die vollen drei Jahre Übergangsmodell abwarten wollen. "Sie probieren erst mal aus – und entscheiden sich dann", so Krämer.

Unsleber fragt sich indes, wie die Zukunft der Pfarreiengemeinschaft Arnstein aussieht. "Bisher hieß es, die Pfarreiengemeinschaften sollen erstmal beibehalten werden. Gilt dies im Pastoralen Raum Karlstadt noch? Oder strebt man möglichst schnell ein Machtzentrum in Karlstadt an?"

 
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  • sigrid.weissenberger@gmx.de
    Meinen größten Respekt für Herrn Pfarrer Ammersbach!

    Ich hoffe es haben noch weitere Pfarrer diesen Mut einen solchen Schritt zu gehen.
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  • sigrid.weissenberger@gmx.de
    Meinen größten Respekt für Herrn Pfarrer Ammersbach!

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  • sigrid.weissenberger@gmx.de
    Meinen größten Respekt für Herrn Pfarrer Ammersbach!

    Ich hoffe es haben noch weitere Pfarrer diesen Mut einen solchen Schritt zu gehen.
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  • osollner@yahoo.de
    Die Veranwortlichen hören die Glocken nicht.
    Habe ebenfalls größten Respekt von Herrn Pfarrer Ammersbach. Eine Person mit Charakter!
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  • Stefan.Koemm@t-online.de
    Respekt vor dem Schritt von Pfarrer Ammersbach, auch wenn ich das sehr bedauere! Beim Bischof und den Verantwortlichen der Diözese müssten da eigentlich alle Alarmglocken schrillen. Werden am Ende die guten Seelsorger abtreten und nur noch die Bürokraten und Karrieristen das Sagen haben?
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  • nilpferd48
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