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Marktheidenfeld
Angespannter Haushalt in Marktheidenfeld: "Die fetten Jahre sind Geschichte"
Die Stadt muss nun an vielen Ecken sparen. Unter den Vorschlägen: Steuer-Hebesätze erhöhen, Investitionen aufschieben und das Rathaus seltener putzen.
Angesichts der angespannten Finanzen diskutierte der Stadtrat über Sparmaßnahmen. Die CSU-Fraktion schlug vor, die Öffnungszeiten im Franck-Haus zu kürzen. 
Foto: Alisia Öztürk | Angesichts der angespannten Finanzen diskutierte der Stadtrat über Sparmaßnahmen. Die CSU-Fraktion schlug vor, die Öffnungszeiten im Franck-Haus zu kürzen. 
Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:26 Uhr

Die "fetten Jahre sind Geschichte", meinte Hermann Menig (SPD). Von "nicht mehr ganz so guten Zeiten" sprach Wolfgang Hörnig (CSU) und für Heinz Richter (proMAR) ist es "ziemlich einmalig", dass die von Marktheidenfeld zu zahlende Kreisumlage höher ist als die Gewerbesteuereinnahmen. Der Haushalt 2024 stand auf der Tagesordnung der Stadtratssitzung am Dienstag und die im Stadtrat vertretenen Fraktionen erklärten, wo sie sparen wollen und welche Projekte für sie besonders wichtig sind.

Als erster war CSU-Fraktionsführer Hörnig an der Reihe und machte eine ganze Liste von Sparvorschlägen. Er empfahl, den Betreuungsschlüssel in den städtischen Kindertagestätten zu optimieren, was dazu führen würde, dass mehr Kinder von einer Erzieherin betreut werden würden. So könnte zunächst auf eine Erhöhung der Gebühren verzichtet werden. 

Weiter hält Hörnig eine Reduzierung der Kosten für das Musikinstitut und der Stadtbibliothek für notwendig. Ansätze dazu könnten sei: Kürzere Öffnungszeiten der Stadtbibliothek, Reduzierung beim Kauf von Musikinstrumenten und keine Erweiterung der Angebote. Gespart werden soll laut Hörnig auch im Franck-Haus. Hörnig schlägt auch dort verkürzte Öffnungszeiten und weniger Ausstellungen vor. 

Weniger Wahllokale in der Innenstadt

Viele weitere Vorschläge machte Hörnig, darunter die Reduzierung der Wahllokale in der Innenstadt und die Begrenzung von Fortbildungen für städtische Angestellte auf nur zwingend notwendige Schulungen. Der Ausflug der städtischen Mitarbeiter sollte künftig nicht mehr in der regulären Arbeitszeit stattfinden. Auch im Rathaus könnte gespart werden, wenn die Gänge nicht jeden Tag, sondern nur noch montags, mittwochs und freitags gereinigt werden. Im Haushalt eingeplante Investitionen könnten verschoben oder zeitlich gestreckt werden. Hörnig nannte als Beispiel den Austausch von Hardware in der Verwaltung oder Straßenbaumaßnahmen wie die Sanierung der Forsthausstraße.

Für wichtig hält Hörnig dagegen, ein Ärztehaus in der Innenstadt zu realisieren beziehungsweise die Ansiedlung von Fachärzten in Marktheidenfeld fördern. Auch die Inseln der Kreisverkehre sollten ansprechend gestaltet werden. Schließlich seien diese "der erste Eindruck, den Besucher von unserer Stadt haben", meinte er. 

Für proMAR-Fraktionsführer Heinz Richter sind Gebührenerhöhungen und auch eine maßvolle Anhebung der Hebesätze für Gewerbesteuer und Grundsteuer kein Tabu. Er fordert mehr Kosteneffizienz bei den Bauprojekten. Dies hätte laut Richter dadurch erreicht werden können, indem die Stelle des Umweltbeauftragten mit einem Bautechniker besetzt wird, der neben den klassischen Umweltthemen auch in der Lage ist, Bauprojekte zu begleiten. "Dann würde kein Geld mehr in unnütze Positionen versickern", meinte er. Vergabeverfahren könnten so öfters durch die Stadtverwaltung selbst durchgeführt werden. Für seine Fraktion sei es enttäuschend, dass sich der Stadtrat dann doch wieder für einen reinen Umweltbeauftragten entschieden habe.

Säule II als "finanzielles Debakel" bezeichnet

Als "finanzielle Debakel" nannte Richter die Feuerwehrwache und die Säule II. "Diese dürfen sich nicht wiederholen", sagte er und kritisierte die Förderprogramme, die der Freistaat auslobt und die von der Stadt in Anspruch genommen werden. Oft müssen dann doch erhebliche Eigenmittel aufgewendet werden, die an anderer Stelle besser eingesetzt werden könnten. 

Freie Wähler-Fraktionsführer Burkhard Wagner lobte die Stadt als "attraktiven Arbeitgeber" und beantragte die Einrichtung einer Stelle eines Streetworkers. Es gebe in der Stadt immer wieder Gewaltdelikte. Ein Streetworker wäre die Verbindung zu Vereinen und Behörden und zum Familienstützpunkt. Wagner schlug eine übergeordnete Stelle in Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt Lohr vor.   

Das Energiesparen soll laut Wagner hohe Priorität haben. Daher begrüßte er die Ausarbeitung eines Konzepts für die kommunale Wärmeversorgung. Auch könnten sich die Freien Wähler laut Wagner die Gründung einer Bürgergenossenschaft für Windkraftanlagen vorstellen. Diese würde die Akzeptanz für diese Art der Energiegewinnung erhöhen. Öffentliche Gebäude sollten mit PV-Anlagen ausgestattet werden. Wagner nannte die alte TV-Turnhalle, die ehemalige Landwirtschaftsschule und das Fränkische Haus. Zugleich forderte er eine Überarbeitung der Satzung für die Altstadt, durch die die Installation erneuerbarer Energien verhindert werde.

Trinkwasserbrunnen in der Altstadt

Ebenso wie die nachfolgende Rednerin der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Eva-Maria Wiesmann, warnte Wagner vor den Auswirkungen des Klimawandels. Es brauche nachhaltige Kühlkonzepte für Gebäude sowie mehr Grünflächen und mehr Wasserstellen in der Innenstadt. Denn besonders in stark versiegelten Gebieten könne sich die Hitze im Sommer lange halten. Wagner hofft auf viele kreative Ideen des städtischen Umweltbeirats. Wiesmann, die die Haushaltsrede in Vertretung der Fraktionsvorsitzenden Xena Hospes hielt, schlug einen oder zwei Trinkwasserbrunnen in der Altstadt vor.

Die Grünen fordern zudem die Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes aus dem Jahr 2013. Dies sollte alle fünf Jahre überprüft werden, bisher sei dies nicht geschehen. Wünschenswert wären aus Sicht der Grünen Standorte für Wind- und/oder Sonnenenergie. Das kürzlich verabschiedete Radwegekonzept bezeichnete Wiesmann als Startschuss, die Stadt müsse viel radfreundlicher werden; dazu machte sie Vorschläge. Zudem beantragen die Grünen einen ehrenamtlichen Migrationsbeauftragten nach dem Vorbild des Senioren- und Behindertenbeauftragten.

Für jede Kleinigkeit einen Planer

Für die SPD-Fraktion sprach Stadtrat Hermann Menig. Er forderte die Verwaltung auf, künftig nicht jede Kleinigkeit gleich an einen Planer zu vergeben. Dies hätte in jüngster Zeit zu unerwarteten Kostenentwicklungen geführt. Als  "frustierend" bezeichnete er es, dass "wir mit dem Bau einer Kindertagesstätte in der Kernstadt seit der Einweihung der Kita in der Baumhofstraße keinen Schritt vorangekommen sind". Daher forderte er, möglichst umgehend die Voraussetzungen für ein Vergabeverfahren für die Planungen einer neuen Kita an der Ludwigstraße zu schaffen.

Für die SPD-Fraktion hat der barrierefreie Ausbau der Innenstadt hohe Priorität. "Großen Wert legen wir auf eine zeitnahe Umsetzung des Komfortstreifens in der Obertorstraße." Dem müsse dann die Neugestaltung des Marktplatzes unmittelbar folgen.  Zudem fordert die SPD eine zügige Umsetzung der Sanierung der Sudetenstraße/Gründleinstraße. "Da stehen wir bei den Anwohnern im Wort", so Menig.

 
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  • Reinhold Braun
    Aufmerksam habe ich die Haushaltsreden der Fraktionen für 2024 verfolgt.
    Nicht nachvollziehen kann ich die künstliche Aufregung von Herr Richter, ProMar verstehen.
    Mit der „riesigen“ Gewerbesteuernachzahlung 2022 war klar, dass in 2024 die Kreisumlage
    In der jetzigen Höhe fällig wird. Darüber darf man jetzt nicht überrascht sein und dies polemisieren.
    Mit den damals angehäuften Rücklagen 30-40 Mio€ hätte man eine bedachte und verantwortungsvolle Investitionspolitik betreiben müssen.
    Jetzt ist da Jammern groß , da an allen Ecken und Enden das Geld fehlt.
    Jetzt die Bürgerinnen und Bürger mit Gebühren und Kostenerhöhung zu belasten kann niemand nachvollziehen. Eine vorausschauende Ausgabenpolitik sieht anders aus.
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