
Lange hat der Betriebsrat von Schneider Electric in Marktheidenfeld die Hoffnung nicht aufgegeben. Doch nun räumt Andreas Kleiner ein, dass es nicht gelungen ist, die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Lahr im Schwarzwald und Frankreich zu verhindern. Rund 60 Mitarbeiter in der Produktion des Unternehmens im Gewerbegebiet in Altfeld seien davon aktuell betroffen. "Es ist natürlich bitter, dass die Maßnahme bestehen bleibt", so der Betriebsratsvorsitzende. Zwar stünden noch zwei Verhandlungstermine mit der Geschäftsführung an, doch Interessensausgleich und Sozialplan sollen noch vor Weihnachten unterzeichnet werden.
Der Kampf sei aber auch nicht umsonst gewesen. "Wir haben ein gutes Ergebnis bezüglich des Volumens des Sozialplans erzielt", berichtet Kleiner. Bei den Verhandlungen über die Abfindungen habe der Betriebsrat eine Erhöhung des Budgets um fast 42 Prozent im Vergleich zum ursprünglichen Angebot des Arbeitgebers durchgesetzt. Um welche Summe es sich genau handelt, darf der Betriebsratsvorsitzende nicht sagen. "Harte Diskussionen" hat es laut Kleiner unter anderem darüber gegeben, ob befristete Arbeitnehmer eine Entschädigung kriegen oder nicht. Dem Betriebsrat sei es gelungen, "eine kleine Abfindung" für diese zu erreichen. Ähnliches gelte für die Arbeitgeber, die nach der Ankündigung der Verlagerung selbst gekündigt hatten. Leiharbeiter erhielten hingegen gar nichts.
Geschäftsführung will sich noch nicht zu Verhandlungen äußern
Die Geschäftsführung hält sich aktuell bedeckt. Zu laufenden Gesprächen beziehe Schneider Electric grundsätzlich nicht öffentlich Stellung, erklärte ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage der Redaktion. Verhandlungen würden von Schneider Electric "prinzipiell vertraulich und mit größtem Respekt" gegenüber den jeweiligen Verhandlungspartnern und den Mitarbeitern geführt. Zu den Ergebnissen der Verhandlungen werde sich das Unternehmen zu gegebenem Zeitpunkt äußern. Als Grund für die Verlagerung der Arbeitsplätze nannte Geschäftsführer Thomas Martis im Juni, dass der Elektronik-Konzern mit Sitz in Frankreich seine gesamte Lieferkette vereinfachen wolle.
Betroffene Arbeitnehmer in schwieriger Situation
Dass die Mitarbeiter der Produktion an anderen Positionen bei Schneider Electric in Marktheidenfeld unterkommen, sei nur in wenigen Einzelfällen möglich, berichtet Andreas Kleiner. „Das funktioniert meistens nicht. Wir haben in der Fertigung hauptsächlich angelerntes Personal. Die können nicht plötzlich in die Software-Entwicklung wechseln.“ Besonders hart treffe es die Mitarbeiter, die Anfang oder Mitte 50 sind. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass diese keine Stelle mehr fänden, „schon gar nicht in der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise“. Und nur von ihren Abfindungen könnten sie nicht bis zur Rente leben, so Kleiner.
Um auf die schwierige Situation der Arbeitnehmer aufmerksam zu machen und innerhalb des Betriebs für Solidarität zu werben, hat der Betriebsrat mehrere Gespräche mit Betroffenen geführt und auf Flugblätter gedruckt. Eine Alleinerziehende schildert dort beispielsweise, dass sie sich im Falle ihrer Entlassung nicht mehr die Klassenfahrt für ihre Tochter leisten könne. Ein anderer Mitarbeiter fürchtet, dass er dann möglicherweise nicht mehr genug Geld hat, um die Raten für das Haus seiner Familie zu zahlen.
Betriebsrat gegen Zusammenarbeit mit AfD
Derweil fordert Kurt Schreck, Kreisvorsitzender der AfD, erneut Landrätin Sabine Sitter öffentlich dazu auf, das Gespräch mit der Unternehmensleitung von Schneider Electric zu suchen. Die politisch Verantwortlichen sollten laut Schreck nichts unversucht lassen, im Sinne der betroffenen Arbeitnehmer für den Erhalt der Arbeitsplätze einzuwirken. Er frage sich, so Schreck, ob der Landrätin die Sorgen von Arbeitnehmern und der Erhalt von Arbeitsplätzen im Landkreis Main-Spessart nichts wert sei.
Die Zusammenarbeit mit der AfD lehnt der Betriebsrat ab. „Wir haben uns auf die Umarmung durch die AfD ganz bewusst nicht eingelassen“, so Kleiner. Die Sorge, dass Parteien am rechten Rand Zulauf bekommen, bestehe jedoch immer, wenn Leute ihre Arbeit verlieren. Politische Unterstützung und Solidaritätsbekundungen erhielt die Belegschaft von Schneider Electric auf Initiative der SPD hin auch vom Marktheidenfelder Stadtrat. Die vorgesehene Umstrukturierung mit dem Verlust örtlicher Arbeitsplätze betrachte man in der Zeit der Corona-Krise als nicht vertretbar, hieß es in einem Antrag der Sozialdemokraten im Herbst. Der Stadtrat hatte diesen einstimmig angenommen.
In Marktheidenfeld gibt es doch viele Arbeitsplätze und in der Umgebung auch.