Am Anfang warteten ihre Kundinnen und Kunden noch in der Küche oder im Wohnzimmer, erzählt Gabriele Schäfer. Da war ihr Friseursalon gerade einmal ein zehn Quadratmeter großes Zimmer im Haus der Schwiegereltern. 1982 war das. Mittlerweile hat das Geschäft in Obersinn, neben diesem Haus nach und nach aufgebaut, drei Stockwerke. 40 Jahre sind seit dem Start in die Selbständigkeit vergangen, ein Jubiläum, das gefeiert wurde, und eine Zeit, in der sich im Friseurhandwerk viel veränderte.
Dauerwelle von morgens bis abends
Alles begann mit ihrer Lehre, die Schäfer in Burgsinn absolvierte. "Damals hatte jeder Dauerwelle. Wir haben Dauerwelle gewickelt, dass uns die Finger geblutet haben, von morgens bis abends", erzählt sie. Das ist in ihrem Fall aufgrund einer Allergie gegen die chemischen Inhaltsstoffe der Friseurmittel wörtlich zu nehmen. In ihrer Lehrzeit sei es besonders schlimm gewesen, "da durften wir keine Handschuhe anziehen. Das ist Wahnsinn von den Produkten her. Was wir für scharfe Mittel benutzt haben!" Heute undenkbar. Sogar Nesselfieber bekam sie.
Von früh bis abends waren die Hände im Wasser, erzählt Schäfer. "Das sieht man auch an meinen Fingernägeln, die sind abgegangen." Nach anderthalb Jahren Lehre sollte sie nach dem Dafürhalten der Berufsgenossenschaft umschulen. Aber sie wollte nie etwas anderes arbeiten. "Dann habe ich gesagt: Ich probiere es nochmal." Sechs Wochen Pause und Cortisonsalbe halfen.
Besser wurde es vor allem, als sie nach der Lehre in einem großen Salon im hessischen Schlüchtern zu arbeiten begann und dort die nassen Arbeiten nicht mehr machen musste. Neben der Arbeit in Schlüchtern machte sie ihren Meister: Montags ins Berufsbildungszentrum nach Würzburg, Dienstag bis Samstag die Arbeit im Salon. Hochschwanger legte sie die Prüfung ab, 1982 kam ihr Sohn zur Welt.
Schnell kam Kundschaft
Nach einem halben Jahr Pause öffnete Schäfer also am 16. Dezember 1982 ihr Geschäft: "Ich habe in dem Räumchen angefangen und gedacht, ich gucke mal, was draus wird. Ich hätte nicht gedacht, dass es so wird." Schon nach kurzer Zeit hatte sie viel zu tun und musste sich etwas einfallen lassen. Das Grundstück nebenan, auf dem vor der großen Scheune der Nachbarn noch ein kleiner Schuppen stand, konnte sie von der Gemeinde kaufen und dort bauen.
Genau ein Jahr später, am 16. Dezember 1983, eröffnete sie dort den neuen Salon, in der Sinngasse 5. Ihr Angebot sprach sich herum. Sie stellte ihre erste Gesellin ein, dann eine Auszubildende, die sie übernahm, dann die nächste Auszubildende und so weiter. Das Geschäft wuchs.
Ohne Eltern keine Chance
Ohne ihre Eltern hätte das nicht geklappt, sagt die Friseurmeisterin heute. Denn die passten oft auf die Kinder auf. "Ich habe immer Vollzeit gearbeitet, oft länger. Wenn man die Kunden da hat, oder jemand ist krank, dann muss man sehen, wie man es hinkriegt." Die Kinderbetreuung hätte sie sich damals gewünscht, so, wie sie heute ist.
In Obersinn gab es anfangs nur halbtags ein Angebot, das zweiwöchentlich zwischen Vor- und Nachmittag wechselte. Später machte der Kindergarten Mittagspause von 11.30 bis 13 Uhr, in der Zeit mussten die Kinder abgeholt werden. "Bei mir ging es. Der Kindergarten war direkt gegenüber. Aber wenn du auswärts gearbeitet hast und hattest keine Oma, hattest du keine Chance", erzählt die 64-Jährige.
1992 kam dann die Tochter Sophia zur Welt, die heute ebenfalls Friseurin ist. "Ich habe bis zum letzten Tag abends um 19 Uhr gearbeitet, dann kam sie in der Nacht", erzählt Schäfer. "Ich hatte noch frühs Kunden bestellt für mich." Eine ihrer Stammkundinnen half, die Situation zu managen. Vier Wochen später stieg Schäfer wieder ein.
Im Salon ausgeschlafen
"Bei der Sophia hatte ich Glück, die war so ein Nachtmensch. Abends nach Feierabend haben wir viel unternommen, Schwimmbad, Spielplatz, weil ich das nachholen wollte. Und frühs hat sie hier geschlafen." Zwei Stühle wurden im Salon zusammengestellt, Kissen darauf, und dann schlief Sophia bis halb zwölf, während um sie herum frisiert, geföhnt und telefoniert wurde. "Ich hab gedacht: Da ist sie auch betreut, wenn sie schläft."
Einige Jahre später begann Tochter Sophia Schäfer ihre Ausbildung zur Friseurin im Salon der Mutter, gewann Meisterschaften als Bayerns und Deutschlands bester Lehrling, arbeitete zwei Jahre lang bei Starfriseur Udo Walz in Berlin. "Das war schon präsent", auch im heimischen Salon, erzählt Gabriele Schäfer. Sophia habe viel Wissen mitgebracht.
Denn in den vergangenen Jahren veränderte sich das Friseurgeschäft rasant. Die Art zu werben, habe sich um 180 Grad gewendet, berichtet Schäfer. Jetzt nutze man Facebook und Instagram. Natürlich veränderten sich die Frisurentrends. "Was früher Dauerwelle war, ist heute Farbe", sagt Schäfer. Balayage, Strähnchen und gute Haarschnitte seien heute wichtig. "Früher gab es noch nicht so viele Farben, vielleicht zehn oder fünfzehn. Heute haben wir 100 oder 120 Farben", berichtet die Friseurin.
Die größte Hürde in den 40 Jahren, sagt Gabi Schäfer, war die Pandemie: "Von heute auf morgen zumachen, dann musste man sich was einfallen lassen. Was wir an Geld investieren mussten!" Und das Schönste? "Wenn eine Kundin zufrieden ist. Treue Kunden, das tut wirklich der Seele gut", sagt die Friseurmeisterin. Denen zu danken, ist ihr wichtig. "Das sind Weggefährten geworden. So ist es auch mit den Mitarbeitern. Ohne meine Familie und meine Kinder hätte ich das nicht gekonnt, dann wäre ich auch stehen geblieben."
Wie es weitergeht, weiß die 64-Jährige schon. Bis 67 will sie noch arbeiten. "Wenn Gott will", betont sie. Tochter Sophia Schäfer hat seit 2021 einen eigenen Salon in Motten bei Fulda, und wird das Geschäft ihrer Mutter später übernehmen. "Dann werde ich aber noch hier sein. Aber kürzer treten", sagt Gabi Schäfer und lacht.