Zehn Wochen standen Schere und Haarschneidemaschinen still, seit diesem Montag dürfen Friseure nach der Corona-bedingten Zwangspause wieder schneiden, fönen oder Haare färben. Wer lange Schlangen zerzauster Gesellen mit wirren Frisuren und ungepflegten Bärten vor den Salons erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht: Alle Terminvereinbarungen waren bereits vorab getroffen; bei vielen Friseuren gibt es inzwischen Wartezeiten von Tagen oder gar Wochen.
Hinzu kommt, dass die meisten Friseure zwar entgegen der üblichen Gepflogenheit der Branche bereits an diesem Montag geöffnet hatten. Weil es aber Mindestabstände und Hygieneregeln gibt, können viele Salons nicht mit voller Kapazität arbeiten, um die Abstandsregeln nicht zu verletzten.
So auch bei Birgit Hartbauer in der Klosterstraße in Heidingsfeld. Sie hat ihren Salon am 1. März vor genau 25 Jahren eröffnet, erzählt die Innungsobermeisterin für Würzburg Stadt und Land, während sie einer Kundin die Haare macht. In der Würzburger Innung sind 64 aktive Betriebe zusammengeschlossen.
"Einen kleinen Haarschnitt können wir schon mal dazwischenschieben", sagt sie, "aber wenn es aufwändiger wird, zum Beispiel mit einer komplizierten Fönfrisur, haben wir im Moment vier Wochen Wartezeit." Und das, obwohl sie in den kommenden zwei Wochen mit ihren Mitarbeiterinnen von Montag bis Samstag, von acht bis 18 Uhr, frisieren wird.
Während des Lockdowns hatte Hartbauer mit ihren zwei Salons in Heidingsfeld und Rottenbauer schon Angst, dass es nicht weitergehen würde, gesteht sie. "So etwas haben wir ja noch nie mitgemacht, und so etwas wäre wirtschaftlich nicht mehr machbar. Einen dritten Lockdown können die nicht machen, das hält keiner mehr aus", schickt die Innungsobermeisterin ihre Botschaft in Richtung München und Berlin. "Da müssen andere Lösungen her, wir haben ja gezeigt, dass unsere Hygienekonzepte funktionieren, wir hatten weder hier noch in Rottenbauer einen einzigen Corona-Fall."
"Ich bin froh und glücklich, dass ich wieder arbeiten darf, dass ich wieder Geld verdienen und für meine Kunden da sein kann", so Hartbauer weiter. "Und ich habe auch keine Angst vor Ansteckung." Durch die Corona-Beschränkungen könne sie nicht so viele Kunden wie gewöhnlich bedienen, sagt sie. "Es bleibt immer ein Platz zwischendrin frei, deswegen können wir nicht zu dritt, sondern nur zu zweit in Schichten arbeiten."
Kundin Luxa Vogel lässt sich auf ihrem Stuhl gerade die Haare schneiden und föhnen. "Gut", antwortet sie auf die Frage, was es für ein Gefühl sei, endlich wieder frisiert zu werden. Sie habe in der Zwischenzeit versucht, sich selbst zu frisieren, gesteht Vogel. "Aber das war mehr gebastelt", sagt sie und lacht.
Froh, wieder arbeiten und Geld verdienen zu können
"Frauen haben es oft besser geschafft, auch eine längere Frisur noch ganz gut hinzukriegen", sagt Hartbauer. "Aber wenn ich unterwegs war und manche Männer gesehen habe, hab' ich mir oft gedacht, 'die sehen aus wie Clochards - jetzt wird's aber Zeit'."
Zwei Stühle nebenan sitzt eine ältere Dame, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. "Das ist heute ein sehr gutes Gefühl", sagt sie. Seit Mitte Dezember sei sie nicht mehr beim Friseur gewesen, dabei komme sie sonst jede Woche. "Man muss sich ja wohl fühlen", weiß sie. Frisiert wird sie von Renate Burtz. Auch diese ist froh, endlich wieder arbeiten zu dürfen. Seit sechs Jahren arbeitet sie im Friseursalon Hartbauer. "Wir sind froh, dass wir wieder schaffen dürfen und unser Geld verdienen können", sagt sie. Und so wie ihr wird es an diesem Montag wohl vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen in Stadt und Land gegangen sein.