
Manche Geschichten klingen wie ein moderner Albtraum: Menschen, die mittags durch Iphofen irren, immer auf der Suche nach einem kulinarischen Leuchtfeuer, und am Ende ihrer verzweifelten Odyssee fühlen sie sich ausgebrannt, hungrig und – abserviert. Sie schimpfen und schütteln die Fäuste und fliehen die Stadt, womöglich auf Nimmerwiedersehen.
Claudia Bellanti kennt diese Geschichten. Seit fast einem Vierteljahrhundert ist sie die Chefin der Iphöfer Tourist-Info. In dieser Odyssee wirkt sie wie eine Pfadfinderin, die ihrem Fähnlein mit gebetsmühlenartiger Beharrlichkeit zur Orientierung verhilft. "Für die engagierten Gastgeber", sagt sie, finde sie es "wirklich schade", dass diese immer wieder mit dem gleichen Vorwurf konfrontiert würden.
Vor kurzem ist es bei einem abendlichen Treffen in der Rathaushalle um den Tourismus im Allgemeinen gegangen. Im Besonderen hat Bellanti auch wieder jenen Einwand gewärtigen müssen, den sie nun wirklich zur Genüge kennt: dass die Restaurants und Gasthöfe in der Stadt ihre Ruhetage nicht miteinander abstimmen würden und deshalb vor allem Mittagsgäste vor verschlossener Tür stünden. Sie blieb ruhig und sagte: "Das stimmt einfach nicht."
Drei Wirte wehrten sich gegen den Vorwurf der "Geisterstadt"
Vor fünf Jahren saßen drei Gastronomen um den Tisch eines Lokals in der Altstadt und diskutierten mit dem Reporter über einen Vorwurf, der schon damals nicht ganz neu war. Das böse Wort von der "Geisterstadt Iphofen" machte die Runde, womit die mitunter gespenstische Stille zur Mittagszeit in der Gastro-Szene gemeint war.

Der Eindruck lastete schwer auf einem touristischen Hotspot, der jährlich von mehr als 400.000 Tagesgästen angesteuert wird. Und die drei Männer wiesen – auch namens ihrer Kolleginnen und Kollegen – den unappetitlichen Verdacht von sich, dass es Tage gebe, an denen mittags kein einziges Lokal geöffnet habe.
Das Treffen damals fiel gerade auf den Beginn der Corona-Pandemie, und gut möglich, dass in den Wochen und Monaten danach einiges nicht ganz so geordnet lief, wie mancher Gast sich das gewünscht hätte. Aber dabei handelte sich nicht unbedingt um ein exklusives Iphöfer Problem. Als die weltweite Seuche zu Ende war, war die Gastronomie im Land nicht mehr die gleiche. Sie hatte massiv Personal eingebüßt, das auch nicht mehr zurückkehrte, als die Menschen wieder verstärkt in die Gaststuben drängten. Für nicht wenige Wirte war Corona eine Zäsur – oder gleich ganz das Ende.

Öffnungszeiten wurden gekürzt, Speisekarten verkleinert, Gewohnheiten gekappt. Hinzu kamen – als Folge des Ukraine-Kriegs – steigende Preise. Man kann sagen: Das Unbeschwerte ging der Branche verloren. "Sie können heute vielerorts nicht mehr einfach kommen und auf einen Platz hoffen, schon gar nicht als Gruppe", sagte Iphofens Bürgermeister Dieter Lenzer jüngst in der Rathaushalle. Ohne Reservierung werde es schwierig.
Vom Döner bis zum Kalbsfilet reicht die Palette der Lokale
Claudia Bellanti ist weit davon entfernt zu resignieren. Mit ihrem Team der Tourist-Info entwickelt sie Woche für Woche eine Art kulinarischen Fahrplan. "Zwei Kolleginnen haben richtig Arbeit, diesen Plan aktuell zu halten", sagt sie. Er enthält sieben senkrechte Spalten, eine für jeden Wochentag; waagrecht finden sich jeweils die passenden Einkehrmöglichkeiten. Zur Auswahl stehen insgesamt elf Restaurants und Gasthäuser sowie zehn Cafés, Weinstuben oder Imbisse. Vom Döner bis zum Kalbsfilet ist für jeden Geschmack etwas dabei.
An Möglichkeiten, so die Botschaft der Tourismus-Expertin, fehlt es also nicht. "Es ist eher ein Problem des Sich-Informierens." Für Bellanti gibt es im Moment keine Lücken im täglichen Mittagsangebot. Wenn der Gast Hunger habe, bekomme er auch etwas zu essen. Und sollte er bei einem Lokal einmal vor verschlossener Tür stehen, bedeute das ja nicht, dass überall in der Stadt die Küche kalt bleibt.
An alle, denen in Iphofen ausgehungerte Gäste über den Weg laufen, hat sie einen nüchternen Rat: "Wenn Sie so jemanden auf der Straße sehen, schicken Sie ihn zu uns in die Tourist-Info. Wir helfen weiter."
Dann kam Corona, und viele ausgebeutete Mitarbeiter merkten: hoppla, woanders gibt es geregelte Arbeitszeiten, mehr Urlaub und Gehalt! Und Tschüss!
Und jetzt ist man am Ende angelangt: vielerorts lohnt sich Gastronomie überhaupt nicht mehr. Die gebotene Qualität wurde immer schlechter, der Service immer lausiger und vor allem den Preis nicht mehr Wert.
Der Mensch braucht Essen zum Überleben, die Gastronomie aber nicht. Die ist Luxus, und kann zur Not auch weg.
Wenn ein Gasthof keinen Mittagstisch hat, lohnt es sich entweder nicht mehr oder er findet dafür kein Personal. Meist lohnt es nicht. Darüber jammern bringt auch nichts. Und selbst eine Bratwurstbude geht oft nicht mehr richtig, da zu teuer.
Ich bin seit 40 Jahren selbsttätig und habe aufgehört, mich von Einzelschicksalen abhängig zu machen…
Alle Restaurants und auch der Franzenbäck haben am Montag Mittag geschlossen. Eine organisatorische Meisterleistung der Gastronomen.
Da kann die Tourist Info Ratsuchende nur in eine andere Ortschaft schicken, besten gleich nach Würzburg.
Aber bemängeln, dass es ein Problem des Sich-Informierens ist ??
Aber vielleicht könnten die Gastronomen sich bei den Apotheken etwas abschauen: Wenn geschlossen ist, hängt ein Zettel mit der nächsten offenen Apotheke im Fenster.
An anderen Tagen wäre es komplizierter und ganz sicher aus diesen und jenen Gründen nicht zu machen.