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Volkach
Wie wichtig ist der Tourismus für die Mainschleife wirklich? Eine neue Studie liefert eindeutige Zahlen
In Sommerach campen, in Nordheim paddeln, in Volkach bummeln: Die drei Orte locken viele Gäste an. Doch was bringt das finanziell überhaupt? Und wo soll die Reise hingehen?
Als wichtiger Wirtschaftsfaktor für Sommerach, Nordheim (im Bild) und Volkach erweist sich auch der Tagestourismus, egal ob zum Bummeln oder Planschen im Altmain.
Foto: Patty Varasano | Als wichtiger Wirtschaftsfaktor für Sommerach, Nordheim (im Bild) und Volkach erweist sich auch der Tagestourismus, egal ob zum Bummeln oder Planschen im Altmain.
Barbara Herrmann
 |  aktualisiert: 29.01.2025 02:40 Uhr

Es braucht keinen schönen Sommertag, um die Beliebtheit der Mainschleife auf den ersten Blick zu erkennen. Auch im Winter ist Volkachs Innenstadt oft gut gefüllt, stehen Wohnmobile am Altmain in Nordheim oder schlendern Gruppen durch Sommerach auf dem Weg zum Abendessen. Die drei Kommunen bilden zusammen die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Volkach, die man getrost das Herz der Mainschleife nennen kann.

Und das pulsiert eben nicht nur an lauen Weinfest-Abenden, sondern spätestens zu Saisonbeginn an Ostern. Klar ist: Der Tourismus ist längst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die drei Orte. Was das aber konkret bedeutet, ist schwer zu fassen.

Hier bringt die jüngste Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr (dwif) Licht ins Dunkel. Deren neueste Auflage stellten kürzlich Diana Pinnow und Milena Pippert im Rahmen einer interkommunalen Sitzung der drei Orte im Volkacher Schelfenhaus vor.

Im Schelfenhaus informierten (von links) Tourismuschef Sebastian Karl sowie Milena Pippert und Diana Pinnow vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr (dwif) über die jüngste Studie zu den Tourismus-Zahlen der VG.
Foto: Barbara Herrmann | Im Schelfenhaus informierten (von links) Tourismuschef Sebastian Karl sowie Milena Pippert und Diana Pinnow vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr (dwif) über die jüngste Studie zu ...

Der Festsaal war gut gefüllt mit Stadt- und Gemeinderatsmitgliedern, Gewerbetreibenden, Gastronomen und Winzerinnen, denen auch Tourismuschef Sebastian Karl Rede und Antwort stand. Nicht nur den Bürgermeisterinnen Sybille Säger (Nordheim), Elisabeth Drescher (Sommerach) und Bürgermeister Heiko Bäuerlein (Volkach) dürfte gefallen haben, was ihnen da präsentiert wurde. Es gab aber auch klare Forderungen. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse.

Wie hat sich der Tourismus in den drei Orten entwickelt?

Die Zahl der Übernachtungen in der VG ist in den vergangenen Jahren Milena Pippert zufolge deutlich gestiegen. Das zeige schon der Blick auf die Zahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik. Zudem war die Corona-Delle hier weniger stark als im bayernweiten Vergleich, vor allem dank der zahlreichen Campingbetriebe an der Mainschleife.

Wie wichtig ist der Tourismus für die Mainschleife wirklich? Eine neue Studie liefert eindeutige Zahlen

Das bestätigen auch die Zahlen des dwif, das dank eigener Studien und Auswertungen über genauere Daten verfügt. Sie zeigen, dass 2023 von gut 430.000 Übernachtungen (inklusive Privatquartiere und Ferienwohnungen) mit 48,5 Prozent fast die Hälfte auf Camping (inklusive Wohnmobile) entfielen.

Haben die Touristen überwiegend eine weite Anreise?

Nein, in Nordheim, Volkach und Sommerach gab es 2023 rund 800.000 Tagesreisen, also fast doppelt so viele wie Übernachtungen. Definiert sind diese als "Verlassen des täglichen Wohnumfelds ohne Übernachtung". Der Sommeracher in der Nordheimer Badebucht zählt innerhalb der VG-Studie also ebenso wenig dazu wie die Fahrt in den Volkacher statt Kitzinger Supermarkt.

Wunderbar für einen Tagesausflug eignet sich der Strand am Altmain bei Nordheim. 
Foto: Patty Varasano | Wunderbar für einen Tagesausflug eignet sich der Strand am Altmain bei Nordheim. 

Diese Tagesgäste geben bei ihren Ausflügen, Veranstaltungen und Restaurantbesuchen allerdings mit fast 32 Euro im Durchschnitt deutlich weniger Geld aus als Übernachtungsgäste mit knapp 160 Euro pro Nase. Bei Campinggästen sind es immerhin noch gut 52 Euro. 

Wie viele Menschen leben in der VG vom Tourismus?

Aus diesen Zahlen berechnen sich die Bruttoumsätze, die in direkte und indirekte Einkommen aufteilbar sind. Bei der Wertschöpfung, so erläuterte Diana Pinnow, gebe es "heimliche Profiteure des Tourismus". Von der Bäckerei, die das Hotel beliefert, bis zu den Versicherungen, die dieses benötigt, reiche die Spanne. Einzelhandel und Lebensmittelgeschäfte profitieren hingegen von direkten Ausgaben der Gäste.

Wie wichtig ist der Tourismus für die Mainschleife wirklich? Eine neue Studie liefert eindeutige Zahlen

Daraus abgeleitet ergibt sich eine spannende Zahl: 9,3 Prozent beträgt der Beitrag zum Primäreinkommen. Vereinfacht gesagt: Fast jeder zehnte VG-Bürger kann vom Tourismus leben. Ein "sehr, sehr hoher Wert", wie Pinnow sagte. Zum Vergleich: In der Stadt Kitzingen sind es 3,5 Prozent, am Timmendorfer Strand etwa 19 Prozent.

Erkennbar ist zudem, dass die VG bei fast allen Kennzahlen ein dickes Plus verzeichnet. Nur die Zahl der Tagesgäste stagniert; sie sei wegen der Wirtschaftslage und vermehrter Auslandsreisen aber deutschlandweit gesunken.

Wo die Reise hingeht: Soll der Tourismus in der VG weiter wachsen?

Die Frage nach einer weiteren Steigerung der Touristenzahlen an der Mainschleife interessierte mehrere Gäste im Schelfenhaus. Diana Pinnow nannte das Wachstum "endlich" und prognostizierte: "Es kann schon sein, dass es in den nächsten Jahren nicht mehr so nach oben gehen wird." Sie schob hinterher: "Die Frage ist, ob man das überhaupt möchte."

"Wollen wir mehr Touristen haben? Nein!"
Sebastian Karl, Tourismuschef der VG Volkach

Diese griff Sebastian Karl auf – und beantwortete sie eindeutig: "Wollen wir mehr Touristen haben? Nein!" Man müsse sich stattdessen fragen, wie sich Attraktivität, Effizienz und Rentabilität steigern ließen.

Welche Strategie verfolgt die VG in den kommenden Jahren beim Tourismus?

Mehrere Zuhörer trieb die Frage um, wie diese touristische Strategie der VG für die kommenden Jahre denn aussehe. Was passiert etwa, wenn die Best Ager weniger werden, Jüngere aber nicht nachkommen – auf welche Zielgruppe setzt man? Sebastian Karl formulierte es so: "Wollen wir mehr Familien oder das Pärchen aus Hamburg mit dem Mercedes SLK?"

Von der anhaltenden Camping-Begeisterung der Reisenden profitiert auch Sommerach und der dortige Campingplatz Katzenkopf.
Foto: Patty Varasano | Von der anhaltenden Camping-Begeisterung der Reisenden profitiert auch Sommerach und der dortige Campingplatz Katzenkopf.

In der Diskussion zeigte sich, dass der Welpenschutz für ihn bei dem Thema vorbei ist. Seit einem Jahr ist der 44-Jährige im Amt, er scheint als Tourismuschef gut angekommen zu sein – und anzukommen.  Doch von ihm wird verlangt, die Strategie-Frage zügig anzugehen. Das sah er selbst genauso: "Da müssen wir unbedingt ran." Genau dafür sei es "wahnsinnig wichtig, dass wir die strategischen Entscheidungen nicht aus dem Bauch heraus treffen", sagte er mit Blick auf die dwif-Studie.

Wie bewertet der Tourismuschef sein erstes Jahr im Amt?

"Es ist nichts explodiert und nichts eingegangen", sagte Karl mit einem Lachen. Er habe gelernt, wie groß die Bedeutung der Bauhöfe ist und wie hilfreich es sein kann, Gutscheine zu verteilen. Das Ziel sei immer, ein Gleichgewicht zwischen dem Tourismus und dem Angebot für die Anwohner zu schaffen. Das gelang ihm und seinem Team offenbar, bekam er laut eigener Aussage doch "relativ wenig negative Resonanzen".

Dazu passte die Aussage von Bürgermeister Heiko Bäuerlein, der zu Beginn der Veranstaltung im Schelfenhaus festgestellt hatte: "Wir wollen alle einen Tourismus, der allen guttut."

 
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  • Martin Nicoly
    Wer schützt uns vor dem 'Overtourism' und seinen Managern? Der Normalbürger, der seine Heimat liebt hat nichts davon.
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