
Eines muss man Bernhard Mosandl lassen: Er kennt seine Zahlen – und weiß sie geschickt einzusetzen. Eine erste, die er im Gespräch in einem Volkacher Café scheinbar beiläufig erwähnt, führt gleich mitten hinein in eines seiner neuen Geschäftsfelder: Auf rund 900 000 Wohnmobile kommen in Deutschland nicht einmal 5000 Stellplätze. "Genauer gesagt 4672, die Zahl habe ich erst gestern für ein Treffen in Prichsenstadt nachgeschaut", sagt der 59-Jährige.
Der Mann ist nicht nur Tourismus-Experte, sondern auch studierter Wirtschaftswissenschaftler. Und er ist vielfach "ehemaliger": Kurdirektor von Bad Neustadt und dort in der Rhön acht Jahre für die Freien Wähler im Stadtrat, Tourismusdirektor und Bürgermeister-Kandidat in Bad Säckingen (Baden-Württemberg), Geschäftsführer der Bodenmais Tourismus und Marketing GmbH und dort im Bayerischen Wald zuletzt Geschäftsführer eines neu gebauten Fünf-Sterne-Campingresorts.
Tourismus wird stiefmütterlich behandelt
Vor einem Jahr hat sich Bernhard Mosandl im Landkreis Kitzingen niedergelassen, genauer gesagt in Nordheim am Main. In dem Winzerort fühle er sich unheimlich wohl, "beruflich wie privat". Und hier schickt er sich nun an, den mancherorts immer noch stiefmütterlich behandelten Tourismus anzuschubsen. Wobei er die Mainschleife und deren Tourismuschef Marco Maiberger ausdrücklich ausnimmt, wenn er von nicht ausgeschöpftem touristischen Potenzial spricht.

Aber, die Frage an den früheren Fußballer muss auch bei einem Treffen in Volkach erlaubt sein: Ist das nicht ein Abstieg aus der Champions-League des Tourismus in die Holzklasse? Mosandl selbst sieht das betont gelassen, bekennt zu seinem Abschied aus Bodenmais aber: "Da hat's dann gemenschelt." Er nennt den Kurort "eine der führenden Destinationen Deutschlands" und seine Jobs dort seien "unheimlich reizvolle Aufgaben" gewesen. Doch nun sei er überzeugt: "Man geht weg von den Hotspots, hin in die ländlichen Regionen."
Gemeinden der "Dorfschätze" voranbringen
Dann dürfte er neben seinem Auftrag zur besseren touristischen Ausrichtung Dettelbachs ja genau richtig sein bei der Allianz "Dorfschätze": Bei deren neun Gemeinden Abtswind, Castell, Großlangheim, Kleinlangheim, Prichsenstadt, Rüdenhausen, Schwarzach am Main, Wiesenbronn und Wiesentheid ist touristisch durchaus noch Luft nach oben. Mit der Beratung durch seine RegioTourismusMarketing GmbH will Mosandl das ändern. Bei der Ausschreibung der Allianz hat sich der Kleinunternehmer gegen große Agenturen durchgesetzt.

Von denen habe sich sein Konzept komplett unterschieden, sagt Mosandl. Er wolle die Gemeinden sechs bis acht Monate begleiten und im täglichen Geschäft Lösungen entwickeln. Für ihn ist das der richtige Weg für Kommunen, "die nicht gleich das ganz große Geld ausgeben wollen". Wohnmobil-Stellplätze entwickeln und vermarkten wäre so ein Thema. Denn der Tourismusprofi ist überzeugt: Der Reisemobil-Boom wird nicht nachlassen.
Eine Kommune könne mit acht bis 16 Stellplätzen viel erreichen. Die bringen Mosandl zufolge Wirtschaftskraft in den Ort, "aber nehmen niemandem etwas weg". Also her mit den konkreten Zahlen, mit denen er so gerne argumentiert: Bei zwölf Stellplätzen in Kleinlangheim, einer Gebühr von zehn Euro pro Nacht und einer durchschnittlichen Belegung von 65 Tagen im Jahr macht das knapp 8000 Euro Gebühren. Noch spannender dürfte allerdings sein, was diese Wohnmobilisten dem Ort bringen. Bei im Schnitt 2,3 Menschen im Reisemobil, die bei 1794 Übernachtungen pro Gefährt rund 50 Euro am Tag ausgeben, kommt Mosandl in seinem Beispiel auf eine Wirtschaftskraft von rund 90 000 Euro im Jahr.
Kleinlangheimer Kirchenburg als Erlebnis
Und das in Kleinlangheim? Ja, betont der Profi, der Ort habe durchaus touristisches Potenzial. Wichtig sei aber, "das Erlebnis, die Emotion" zu verkaufen. Also erst zu zeigen, dass sich der Besuch von Kleinlangheims Kirchenburg lohnt und die Schlachtschüssel im Gasthof dort danach besonderes gut ist. Und dann könne man darauf verweisen, dass es in Kleinlangheim ja noch dazu einen schön gelegenen Wohnmobil-Stellplatz gebe.

Dieser ließe sich dann auch sicher gut auf der Online-Plattform Regiostellplatz.de vermarkten, die Mosandl ins Leben gerufen hat. Darauf verspricht er "attraktive Reisemobilstellplätze im ländlichen Raum, abseits der touristischen Hotspots". Bislang findet sich dort mit dem Stellplatz in Bad Bocklet aber nur ein erstes Beispiel aus seiner Rhöner Heimat. Doch die Internetseite strebt den schnellen Ausbau zusammen mit kommunalen Partnern an: "Aktuell stehen wir bereits mit über 40 weiteren attraktiven Standorten im Kontakt."
Und noch ein wohlklingendes Versprechen gibt Bernhard Mosandl bei dem Gespräch in Volkach: "Ich mache den Tourismus nicht für den Gast, sondern für den Einheimischen." Sei dieser zufrieden, werde es der Gast auch. Und das frühere Stadtratsmitglied hat noch ein Argument, das Kommunalpolitikerinnen und -politiker gerne hören dürften: "Je touristischer du bist und je liebenswerter, desto eher bekommst du gute Arbeitskräfte." Das habe er am Beispiel Rhön-Klinikum erlebt.

Sicher ist, dass der Mann mit den vielen Stationen im Leben viele Ideen hat für Dettelbach und die "Dorfschätze" – und dank seiner guten Vernetzung in der Tourismusbranche zudem bei vielen weiteren Projekten mitmischt. Seine Devise "immer im Sturm" gilt sicher nicht nur für seine Leidenschaft Fußball.
"Bisserl langsamer machen" nennt der verheiratete Mosandl dennoch seine persönliche Devise. Vor wenigen Tagen ist er 59 geworden. In einem Gespräch mit einem Reporter der Rhön-Redaktion hatte er vor sieben Jahren gesagt: "Wenn es geht, will ich in Bayern auch in Ruhestand gehen.“ Nach den drei Mittelgebirgen Rhön, Südschwarzwald und Bayerischer Wald könnte er sich nun vorstellen, dass es bei den Weinbergen im Landkreis Kitzingen bleibt.