
Viele Deutsche hätten die eigenen vier Wände aufgrund der Corona-Pandemie am liebsten gar nicht verlassen. In den Urlaub fahren wäre für die reisefreudigen Deutschen dann aber schwierig geworden. Deshalb entschieden sich 2020 viele dazu, ihre vier Wände mit in die Ferien zu nehmen: Sie gingen unter die Camper. Die Zahl der Neuzulassungen von Wohnmobilen stieg im Juli diesen Jahres um 95 Prozent, verglichen mit dem Vorjahreswert, teilt der Caravaning Industrie Verband mit. Ähnliche Zahlen gibt es quer durch alle Geschäftsfelder in der Branche.
Davon profitierte auch Maincamp in Marktbreit. Die Firma ist als Einzelhandelsunternehmen ein Teil der Firmengruppe Frankana Freiko, die seinen Sitz im nahen Gollhofen hat. Auf über 6000 Quadratmetern kann man dort nicht nur die neusten Modelle besichtigen oder kaufen, sondern auch Reisemobile und Wohnwagen ausleihen oder reparieren lassen. Dazu gibt es einen Zubehörshop, der vom großen Vorzelt bis zur Grillzange alles im Angebot hat.

Guter Start ins Jahr, dann Lockdown
"Für uns hat das Jahr gut begonnen und auch 2019 war bereits ein Rekordjahr", berichtet Klaus Büttner von Maincamp. Doch dann folgte der Corona-Lockdown. Auch Maincamp musste bis Mitte Mai schließen und sämtliche Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Der Umsatz ging um 60 bis 70 Prozent zurück. Doch nach der Ruhe folgte der Sturm. "Den Verlust haben wir mittlerweile wieder reingeholt. Seit der Wiedereröffnung leben wir in einer Ausnahmesituation", berichtet Büttner.
Maincamp hat im Vergleich zum Vorjahr 95 Prozent mehr Reisemobile verkauft, bei den Wohnwagen wuchs der Absatz um 60 Prozent an. In der Hochzeit im Juni, Juli und teilweise im August waren die Schlangen in Marktbreit so lang, dass die Firma außen Sonnenschirme aufstellte und die Wartenden Kunden bewirtete, immer unter Beachtung der Corona-Schutzverordnungen. Doch nicht nur die Neuzulassungen boomten. 30 Mietfahrzeuge hat Maincamp, teilweise hätten sie bis zu doppelt so viele vermieten können.
Camper lieben dieses Freiheitsgefühl
Auffällig war, dass viele neue Kunden kamen, oft junge Familien mit Kindern, die sich nun fürs Campen begeisterten und auch bereit waren, viel Geld zu investieren. "Der Kreuzfahrtschifftourismus geht stark zurück, davon profitiert sicherlich auch die Camping-Branche", erklärt Büttner. Bereits seit 2009 gebe es einen Aufwärtstrend, sagt Büttner, der selbst ein leidenschaftlicher Camper ist.
"Dieses Jahr mussten wir uns zum ersten Mal einen Platz auf einem Campingplatz reservieren", und, so Büttner weiter, "das könnte ein Problem werden." Denn Camping bedeute für viele Urlauber auch ein Gefühl von Freiheit. Die Freiheit heute hier sein zu können und morgen an einem anderen Ort, ohne es vorher planen zu müssen. Dieses Freiheitsgefühl sieht Büttner nun gefährdet.

Viele junge Familien an der Mainschleife
Dass Camping absolut boomt, bestätigen auch die Campingplätze in der Region. Bei vielen Anbietern im Landkreis ist das Telefon durchgehend belegt. Kirsten Maier vom Campingplatz Mainschleife in Escherndorf am Main hat ebenfalls einen starken Anstieg beim Wohnmobiltourismus festgestellt. "Camping erfreut sich wieder großer Beliebtheit. Viele Gäste, die sonst weiter nach Italien oder Kroatien gereist wären, bleiben nun länger bei uns", sagt Maier. Dabei sind es nicht nur die älteren Camper, die sonst nach Escherndorf kamen, auch viele junge Familien machen dieses Jahr Urlaub an der Mainschleife.
Die Verantwortlichen bei Maincamp in Marktbreit freuen sich natürlich über die starken Umsätze des Jahres, aber sie fürchten auch die Gefahren. "Es ist ein komfortables Problem, aber wir suchen Mitarbeiter in allen Bereichen", sagt Büttner. Peter Blaß, Prokurist von Maincamp fügt hinzu: "Wir sind trotzdem nicht im siebten Himmel, denn der Ansturm muss bewältigt werden." In der Werkstatt gebe es mittlerweile Wartezeiten von sechs bis acht Wochen, weil jeder der einen Camper kauft, noch individuelle Extras haben möchte. Dies führe auch das eine oder andere Mal zu Unmut beim Kunden. Außerdem gibt es immer wieder Lieferschwierigkeiten im Zubehör-Shop. Besonders die Topseller sind nicht immer verfügbar.
Was bleibt vom Camping-Boom?
Und es bleibt die Frage: Wie viel bleibt vom Camping-Boom, wenn die Corona-Pandemie vorbei ist. Büttner ist sich sicher: "Von den Neucampern werden wohl mindestens 50 Prozent bleiben." In anderen Ländern profitiert die Branche übrigens nicht so stark. "Das liege möglicherweise auch an der besseren wirtschaftlichen Situation in Deutschland mit einer stärkeren Kaufkraft. Denn Urlaub im Camper sei kein billiger Urlaub, es geht schließlich darum seine eigenen vier Wände mit in den Urlaub zu nehmen.
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