Frischen Fisch am Kitzinger Marktplatz? Bekommt man freitags beim Grünen Markt. Doch es gab Jahre, da musste die Lust auf ein Fischbrötchen nicht auf den Markttag warten. Direkt im Herzen der Stadt residierte einst die "Nordsee" mit einer Filiale. Sie ist längst nicht das einzige Geschäft, das in die Innenstadt gekommen und wieder gegangen ist. Eine Geschichte rund um den Wandel im Handel, um jahrhundertealte Traditionen, fast Vergessenes und – leider – aktuellen Leerstand.
Goldschmiede Kreßmann, Löwen-Apotheke, Dietz. Über Jahrzehnte beliebte Anlaufstellen für die Kunden in Stadt und Kreis, stehen die drei Traditionsgeschäfte heute leer. Seit Wochen, seit Monaten, seit eineinhalb Jahrzehnten – denn im Fall Dietz ging schon 2006 eine Ära zu Ende, die 1845 in dem Gebäude begonnen hatte.
Legendär: Vielfalt und Enge im Haushaltswarenladen Dietz
"Der Dietz" ist wahrscheinlich das Geschäft, das die meisten Erinnerungen hervorruft. An das Gefühl, der Elefant im Porzellanladen zu sein, die Angst, in dem vollgestellten Raum mit den engen, fast nicht vorhandenen Gängen beim Umdrehen mit dem Ellbogen hängenzubleiben und die gesamte Auslage dominosteingleich in einem endlosen Klirren zum Einsturz zu bringen.
Währenddessen war "der Heiner" irgendwo im hinteren Nirgendwo des Hauses unterwegs, um einem wenig später das gewünschte Ersatzventil des Dampftopfes aus den frühen 70ern in die Hand zu drücken. Egal, was man brauchte rund um den Haushalt: Beim Dietz wurde man fündig.
Der scheinbar unendliche "Dietz-Leerstand" ist eine eigene Geschichte, aber es wäre schade, dort zu lange hängenzubleiben. Das Café Wagner lohnt nicht weniger, aus den hintersten Erinnerungen gelockt zu werden. Zwei Schwestern, viel Flair, dunkelroter Samt. Kirschrollen und Schokoladentorte. Im ersten Stock traf man sich zum Tanz. 1925 war das Café sogar mal Drehort für einen Stummfilm: "Die vermummte Braut", einst gelobt als gelungene Verknüpfung "zwischen Unterhaltungsfilm und Reklame". Heute werden in dem Anwesen Brillen verkauft.
Der Kupsch am Kitzinger Marktplatz wird heute noch vermisst
Man könnte von Haus zu Haus wandern in Gedanken, doch die springen lieber, wenn sich Erinnerungen ans Einkaufen früher in Kitzingen melden. Der Kupsch fällt einem mit als erstes ein. Schmerzlich vermisst, ohne dem heute dort ansässigen Buchgeschäft die Attraktivität absprechen zu wollen. Am 30. September 1925 hatte der Würzburger Markt in Kitzingen eine Filiale eröffnet, zunächst in der Marktstraße 23, ab 1968 dann in der Marktstraße 21.
Bis 2011 versorgten sich die Kitzinger dort, dann war Schluss mit den Lebensmitteln im Herzen der Stadt. Nebenan residierte einst eben jene Nordsee, dann Spielwaren Sinkel, an dessen Schaufenster sich die Kinder die Nase platt drückten. Und heute? Damenmode.
Mit Kleidung, Stoffen und Wolle waren die Kitzinger immer gut versorgt
Überhaupt – mit Kleidung und Textilien, Stoffen und Wolle waren die Kitzinger rund um den Markt immer gut versorgt. Mode Weigand am Stadteingang ist so etwas wie der Fels in der Brandung, ansonsten geht es einmal quer durch die Zeit und hin und her in der jetzigen Fußgängerzone am Markt mit Schmitt und Ballinger, Schober Moden, Mode Simon, Bellissimo, Leder Hofmann, Zeitgeist und s. Oliver.
Und Gerry Weber zum Beispiel, die Modefiliale, die erst kürzlich ihre Pforten schloss. Auch so ein Haus mit vielen Wechseln über die Jahre. Mode Schlier war da mal drin, dann der "Storg 3". Denn was Jüngere heute kaum noch wissen: Kitzingens größtes Kaufhaus hatte einst gleich drei Filialen in der Stadt. Neben dem Haupthaus am Stadtgraben und dem „Storg 2“ am Königsplatz wurden im „Storg 3“ Möbel angeboten, insbesondere zum Mitnehmen. 1982 wurde das Geschäft eröffnet, Ende 1997 war Schluss. Es folgten ein Bäcker mit Café und ein Blumenladen.
Textil- und Sporthaus "Hasenknopf": Angebot vom Skistock bis zum Seidenschlüpfer
Blumen gab es schon vorher mal am Markt, auf der anderen Seite, beim "Blumen Lang". Nebenan der Eduscho, dann, noch heute, die Eisdiele Cortina – ganz früher war dort Kaiser`s Kaffee. Nicht fehlen darf die Erinnerung an das Textil- und Sporthaus "Hasenknopf" – Vordereingang zur Kaiserstraße, Hintereingang am Markt – mit einem breiten Angebot vom Skistock bis zum Seidenschlüpfer, vom Stoff bis zum Sporttrikot. 1987 zog auf der Kaiserstraßen-Seite die Dresdner Bank ein, auf der Marktseite war mal der Friseur am Markt, dann die Fahrradgarage.
Wo heute im Casa Conrad geschlemmt wird, war einst Spielwaren Konrad untergebracht – mit K, obwohl der Firmengründer sich eigentlich mit C schrieb. Stofftiere und Puppen, Autos und Bausätze, Sticker und Schirme. Wer einen kaputten Schirm hatte, konnte ihn noch in den 1980ern zum Konrad zum Reparieren bringen. Nachrichtenbörse war das Geschäft ganz früher noch dazu, man trank einen Kaffee, las Zeitung, tauschte sich aus. 2011 schloss der Laden. Gebrannt hatte es zweimal dort – zu Beginn der Firmengeschichte und gegen Ende.
Auch der Lang am Markt war lange eine Institution. Über Generationen deckten sich die Kitzinger dort mit Haushaltswaren ein, bis im Frühjahr 2005 die Lichter ausgingen, die Töpfe, Gläser und Teller ausgeräumt wurden und wenig später ein Optiker einzog. Für Raucher war lange der Marktturm mit dem Tabakladen Grötsch die erste Anlaufstelle.
Lamm-Apotheke, Schuhhaus Hassolt und das Pelzhaus als feste Größen
Mehrere feste Größen im Kitzinger Handel finden sich auch heute noch in direkter Rathausnähe und rund um den Markt. Die Lamm-Apotheke natürlich mit weit über 500-jähriger Tradition. Das Pelzhaus Beer, das Pfaff-Nähzentrum Wohlfart und das Schuhhaus Hassolt zum Beispiel.
Wer weiter nach oben gen Herrnstraße läuft, erinnert sich, mal rechts, mal links, mal gut, mal vage, an das Marktcafé, einen kleinen Lebensmittelladen, die Boutique Yola, eine Drogerie, ein Hutgeschäft, eine Metzgerei und einen Süßigkeitenladen, an die Disco 25, Charlys Bar und die Kaminstube. An die Reinigung Wagner, einen Friseur, Samen Fetzer und Egerer Moden. Ein Aufflackern der Erinnerungen, ein "Weißt du noch", ohne Gewähr auf Vollständigkeit.
Wer seine Erinnerungen beisteuern möchte, darf und soll das gerne tun: Entweder per E-Mail an redaktion@die-kitzinger.de und redaktion.kitzingen@mainpost.de oder Sie hinterlassen uns einfach einen Kommentar.
im Frühjahr 62* in KT bei der Fahrschule " A. van Boxmer" drausse am Bahnhof den Führerschein Kl. 3, auf *Opel-Rekord gemacht, und kann das gezeigte Verkehrsfoto nur bestätigen. Wer dadurch gekommen ist, mußte keine Angst mehr haben.
VZR Flensburg kennt mich nicht!"