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Unterstützt Knauf die Rekrutierung russischer Soldaten? Gips-Konzern weist im "Spiegel" erhobenen Vorwürfe zurück
Ein "Spiegel"-Bericht legt nahe, dass eine russische Knauf-Tochter die Mobilisierung von Soldaten für Putins Krieg in der Ukraine unterstützt. Der Konzern wehrt sich.
Die Hauptverwaltung des Gipskonzerns Knauf in Iphofen (Lkr. Kitzingen). Das unterfränkische Unternehmen weist die Vorwürfe zurück, die im Nachrichtenmagazin 'Spiegel' erhoben wurden. Demnach soll eine russische Tochter-Firma von Knauf das Putin-Regime bei der Rekrutierung von Soldaten unterstützt haben.
Foto: Andreas Brachs | Die Hauptverwaltung des Gipskonzerns Knauf in Iphofen (Lkr. Kitzingen). Das unterfränkische Unternehmen weist die Vorwürfe zurück, die im Nachrichtenmagazin "Spiegel" erhoben wurden.
Benjamin Stahl
 und  Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:52 Uhr

Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" erhebt in seiner aktuellen Ausgabe schwere Vorwürfe gegen den unterfränkischen Gipskonzern Knauf. Demnach soll eine russische Tochter-Firma des Familienkonzerns aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) das Putin-Regime bei der Rekrutierung von Soldaten unterstützt haben. Auf Anfrage dieser Redaktion wies die Knauf-Geschäftsleitung den "Vorwurf einer willfährigen oder gar aktiven Unterstützung der Kriegführung mit allem Nachdruck zurück".

Im Firmen-Bus zur Wehrbehörde

Der "Spiegel" beschreibt einen Vorgang, der sich am 22. September im Knauf-Werk in Krasnogorsk vor den Toren Moskaus zugetragen haben soll. Demnach wurde zehn Männern kurz nach Arbeitsbeginn eine Anordnung vorgelegt, sich noch am selben Vormittag beim zuständigen Wehramt einzufinden. "Wenig später rollte ein Minibus der Firma vom Fabrikgelände und brachte die Männer zur Wehrbehörde", schreibt das Magazin. Erst dort sollen den zehn Russen dann die "verbindlichen Einberufungsbescheide" ausgehändigt worden sein. Weiter heißt es in dem Bericht: "Unter Knauf-Beschäftigten und Angehörigen schürt das den Verdacht, dass nicht das Wehramt entschieden hat, wer genau sich melden musste – sondern das russische Management von Knauf."

Während die Konzernmutter in Iphofen dem "Spiegel" lediglich mitgeteilt habe, man habe "von dem Vorgang" erst durch die Anfrage der Journalisten erfahren und werde der Sache nachgehen, antwortete Knauf auf eine Anfrage dieser Redaktion am Sonntag ausführlich. Man habe "zur Kenntnis nehmen" müssen, "dass das russische Knauf-Unternehmen in Krasnogorsk Ende September ein Schreiben erhalten hat, das die Einberufung von zehn Mitarbeitern zu einer turnusgemäßen, alle drei Jahre stattfinden Wehrübung für Reservisten enthielt", heißt es in der Stellungnahme. Die Namen der Mitarbeiter seien dem Unternehmen "von der zuständigen Behörde übermittelt worden".

Knauf: Auf "Erfassung der Reservisten keinen Einfluss"

Weiter schreibt Knauf: "In Russland werden Einberufungen, auch zu regulären Wehrübungen, in der Regel über den Arbeitgeber zugestellt. Weitere fünf Mitarbeiter wurden auf Anordnung der russischen Behörden zur Organisation der Wehrübung herangezogen." Letztlich seien die Betroffenen allerdings nicht zu der Übung angetreten, da sie kurzfristig abgesagt worden sei. "Im Rahmen der aktuellen Teilmobilmachung in Russland wurden bislang drei Knauf-Mitarbeiter zum Wehrdienst eingezogen."

Knauf sei "nach örtlichem Recht dazu verpflichtet, die Informationen an die Mitarbeiter weiterzuvermitteln", betont das Unternehmen. Und: "Die Geschäftsleitung hat auf die Erfassung der Reservisten keinen Einfluss und legt Wert darauf, dass es dabei keinerlei Auswahl unter den Mitarbeitern durch Knauf gegeben hat."

Namensliste laut "Spiegel" von Knauf-Fabrikleiter unterschrieben

Der "Spiegel" stellt dieses Detail anders dar. So habe die Verwaltung von Krasnogorsk Briefe an Betriebe in der Industriestadt verschickt samt einer Auflistung, "welche Firma welche Anzahl von Rekruten zu stellen habe". Laut "Spiegel"-Bericht tauchten darin keine konkreten Namen auf. Auch weil Unternehmen die Möglichkeit hätten, "bei den zuständigen Wehrkommissionen Beschäftigte für unverzichtbar zu erklären". Gleichzeitig liegt dem Nachrichtenmagazin nach eigenen Angaben eine Aufstellung mit den Namen der betroffenen Knauf-Mitarbeiter vor – unterschrieben von Fabrikleiter Alexander Trebunskich.

"Andere Unternehmen verhalten sich angesichts der Einberufungs­welle weniger komplizenhaft", schreibt der "Spiegel" weiter. So habe etwa eine russische VW-Tochter die Produktion bereits im März gestoppt, die Arbeiter seien nicht mehr vor Ort im Betrieb. Der Konzern habe erklärt, "nie einen Einberufungsbescheid an Mitarbeiter verschickt" zu haben.

Auch ukrainische Knauf-Mitarbeiter eingezogen

Knauf steht seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in der Kritik. Dem Unternehmen werden gute Kontakte in den Kreml nachgesagt. Der 86-jährige Firmenpatriarch Nikolaus Knauf ist erst Mitte März nach öffentlichem Druck als russischer Honorarkonsul zurückgetreten.

"Wir bedauern die Entwicklungen in Russland außerordentlich", schreibt Knauf am Sonntag in seiner Antwort auf die Fragen der Redaktion. Man hoffe, "dass sowohl die in Russland als auch die in der Ukraine zum Militärdienst eingezogenen Mitarbeiter unserer Unternehmensgruppe bald wieder unbeschadet an Leib und Seele zu ihren Familien zurückkehren können". Abgesehen von den Vorgängen in Krasnogorsk seien "in der Ukraine für die ukrainischen Streitkräfte schon zu Beginn des Krieges Mitarbeiter zum Wehrdienst eingezogen worden oder haben sich freiwillig gemeldet". Für sie zahle Knauf die Gehälter weiter.

 
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  • P. v.
    Es heißt ja auch Lügenpresse die Meinungsfreiheit verhindert1 Ihr Kommentar entspricht nicht UNSEREN Regeln sagt doch alles??
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  • K. W.
    Auch wenn bei uns Meinungsfreiheit sichergestellt ist, muss nicht jede krude Sichtweise weiterverbreitet werden.
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  • H. H.
    Ich hoffe doch sehr

    alle Knauf-Basher hier kaufen ausschließlich "fair" ein, haben keine Gas-Heizung und auch noch nie irgendwie nationalistisch gedacht...

    Wahrscheinlich war es schon vor vielen, vielen Jahren der Kardinalfehler, sich in Russland zu engagieren, aber da war es ja auch noch gängige Politik, Russland möglichst eng in die Weltwirtschaft einzubinden, um seine Isolierung und damit aggressive Aktionen zu verhindern. Dafür kriegen ja jetzt die Leute mit Gasheizung Staatsknete, und wer auf erneuerbare Energien gesetzt hat, bezahlt dasselbe wie jemand mit Ölheizung... oder?
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  • M. N.
    Es ist immer leicht vom heimischen Sofa aus moralisierend den Zeigefinger zu heben. Knauf ist einer der grössten Arbeitgeber in unserer Region. Die Firma bildet junge Menschen aus und schafft Arbeitsplätze . Diese Arbeitsplätze in der Heimat werden auch durch die exponierte Weltmarktstellung gesichert. Dies sollte bei aller Kritik immer berücksichtigt werden. Andere Regionen wären froh wenn sie so ein Unternehmen vor Ort hätten. In Deutschland bewirft man Leistungsträger bei jeder Gelegenheit mit Dreck. Das finde ich sehr traurig. Ich arbeite übrigens nicht bei Knauf und habe auch sonst keinerlei Bezug zum Unternehmen.
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  • K. W.
    Prinzip: "Der Zweck heiligt die Mittel."
    Kann man so sehen, ist aber nicht mein Verständnis von allg. Handlungsgrundsätzen. Das würde auch bedeuten, dass man sich berechtigt fühlt, sich unlauterer Mittel zu bedienen, falls Ziele nicht anders zu erreichen sind.
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  • S. O.
    Hauptsache, der Rubel rollt...
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  • N. G.
    Ich finde auch, dass die Details dieser Spiegel-Einberufungsstory von russischen Wehrpflichtigen ein "Nebenkriegsschauplatz" ist. Der wirkliche Skandal ist doch, dass Knauf mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten in Russland die russische Volkswirtschaft und damit den russischen Überfall auf die Ukraine unterstützt. Und das aus reiner Profitgier. Hoffentlich steigt jetzt der öffentliche Druck, damit sich Knauf endlich aus Russland zurück zieht. Knauf's Argument, man hätte eine Fürsorgepflicht für die russischen Mitarbeiter, halte ich für skandalös. Knauf macht sich zum Komplizen des verbrecherischen Putin-Regimes !
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  • R. F.
    Was sollen diese Neiddiskussionen.
    "Andere Unternehmen verhalten sich angesichts der Einberufungs­welle weniger komplizenhaft", schreibt der "Spiegel" weiter. So habe etwa eine russische VW-Tochter die Produktion bereits im März gestoppt, die Arbeiter seien nicht mehr vor Ort im Betrieb. ........." Dann werden vermutlich diese ehemaligen Arbeiter halt auf andere Art und Weise eingezogen. Ich denke unsere elitären Journalisten, die einfach die Verhältnisse in Russland ignorieren, sollten endlich mal begreifen, dass es in Russland unter Putin andere Gesetze und Abläufe gibt. Verwaltungsgerichtsentscheidungen sind dort nicht wirklich gefragt. Natürlich ist es nicht gut, wenn ein Betrieb so über seine Mitarbeiter entscheiden muss. Auch wenn Knauf sich zurückgezogen hätte, wären sicherlich der eine oder andere ehemalige Arbeitnehmer unter den nun eingezogenen Menschen.
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  • G. L.
    Wo geht es hier denn um Neid?

    Es geht um die unmoralische und grenzenlose Gier eines Familienunternehmens mit einer Quasi-Monopolstellung.

    Andere Unternehmen handeln vorbildlich und stellen ethische Grundsätze in den Mittelpunkt ihres Handelns.
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  • R. F.
    Ethische Grundsätze? Echt bei VW? Denke hier an den Dieselskandal. War der Grund für den Rückzug von VW nicht vielleicht doch die durch die Sanktionen nicht mehr lieferbaren Komponente? Hier haben die Journalisten einfach Äpfel mit Birnen verglichen.
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  • H. H.
    Am Ende

    haben die Behörden zum Chef gesagt, entweder er sucht die Leute aus, oder sie machen das, und er ist selber als erster dabei...
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  • H. S.
    Knauf kommt bei meinen Bauten schon länger nicht mehr in Frage, da stimmt was nicht
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  • K. F.
    Zieht euch warm an im "Altertheimer Becken"
    ...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Knauf macht ein zunehmend schlechtes Bild in der Öffentlichkeit.
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  • H. M.
    Nikolaus Wilhelm Knauf hat gedacht es genügt als Honorarkonsul zurückzutreten, um die Gemüter zu beruhigen. Für den Rest , macht man weiter wie bisher.
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  • T. R.
    Auch Knauf sollte der Realität ins Auge sehen und hier die Bremse ziehen. Und wenn es was kostet, geht es Knauf nicht anders als den Rest der Bevölkerung. Wir zahlen alle für diesen Irrsinn und hoffen, dass er bald vorbei ist…
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  • K. F.
    denke auch dass dieser vorfall knauf teuer dafür bezahlen muss.
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  • F. S.
    Wenn man ein derartiges Quasi -Monopol in Sachen Gips & Co in der Welt u.a. auch in Russland zu bewahren hat, braucht man offensichtlich ein recht flexibles Rückgrat.
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  • P. v.
    Macht Schröder auch noch Geschäfte in Russland??
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  • P. K.
    Allein die Tatsache, dass Knauf immer noch in Russland Geschäfte macht ist schändlich genug. Da kommt es wirklich nicht mehr auf Details bei der Einberufung von Reservisten an.
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