Die Kinder wollten am Ort bleiben, es gab große Nachfrage. Deshalb schossen vielerorts Baugebiete aus dem Boden, meist an den Ortsrändern. Doch manche sind bis heute unbebaut. Viele Kommunen bringt das in eine Zwickmühle: Sie brauchen Bauland, können aber nicht unbegrenzt wachsen, schon allein durch natürliche Gegebenheiten. So rücken immer stärker die Ortskerne in den Fokus einer zukünftigen Baulandpolitik. Nachverdichtung lautet das Zauberwort. An vier Beispielen im Landkreis Kitzingen soll hier die Frage diskutiert werden: Kann das gelingen?
Baugebiete auf der grünen Wiese vor den Toren der Stadt oder des Dorfes waren und sind manchmal noch die einfachsten Lösungen. Die Hürden dafür werden aber immer höher, schon allein wegen der zu schaffenden Ausgleichsflächen. Und wo bitte soll sich zum Beispiel eine Gemeinde wie Sulzfeld hin entwickeln? Weinbergshänge, der Main und Wasserschutzgebiete zeigen dem Ort die Entwicklungsgrenzen auf.
Im Sulzfelder Altort leben viele Familien mit Kindern
Das ist Bürgermeister Matthias Dusel und seinem Gemeinderat sehr wohl bewusst. "Wir haben keine Möglichkeit, groß Baugebiete auszuweisen", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Deshalb gebe es ein Bekenntnis zu "Innen statt Außen". Dusel sagt: "Wir haben das Ziel, den Altort attraktiver zu gestalten." Im Altort gebe es erst wenig Leerstand. Es sei vielmehr so, dass viele junge Familien dort mit ihren Kindern lebten.
Da Baugebiete außerhalb auf absehbare Zeit nicht möglich sind, kann sich Matthias Dusel nur sogenannte Ortsabrundungen vorstellen; das bedeutet, einige wenige Lücken an den Ortsrändern mit Häusern zu füllen. Dort, wo eben keine Weinberge oder Wasserschutzgebiete sind. "Da müssen aber dann die Grundstücksbesitzer mitmachen", betont der Bürgermeister. Bei solchen Vorhaben wäre der Erschließungsbeitrag sehr hoch, sagt Dusel. Und die Gemeinde mache das nur, wenn das Grundstück in ihrem Besitz ist. Dann könnte daraus ein kleines Baugebiet entstehen.
Etwa 40 Grundstücke könnten in Sulzfeld bebaut werden
Der aktuelle Leerstand im Altort umfasst laut Dusel gegenwärtig 15 Gebäude. Außerhalb des Altortes ist ihm kein Leerstand bekannt. Etwa 40 freie Bauplätze in privater Hand gibt es im Gemeindegebiet. "Es war ein Fehler, dass kein Baugebot besteht", meint er dazu. Denn für die Besitzer ist es bei der aktuellen Niedrigzinsphase unattraktiv, ihr Grundstück zu Geld zu machen. Sie wollen Bauland für die nächste Generation aufheben, die vielleicht nie in Sulzfeld wohnen wird, wie der Bürgermeister erklärt – eine Problematik, mit der viele Gemeinden zu kämpfen haben. "Aber wer in Sulzfeld aufgewachsen ist, will eigentlich nicht weg", beschreibt Dusel das große Heimatgefühl der Sulzfelder.
Deshalb müsse der Altort attraktiv sein und attraktiv bleiben. Dazu gehöre auch das Parken, vielfach ein Problem in den engen Gassen, das immer wieder mal diskutiert wird. "Wir suchen Lösungen, die allen gerecht allen werden", betont Dusel. Und: "Wir haben ein relativ genaues Bild vom Bedarf."
Räumlich nicht so begrenzt wie der Mainort ist Iphofen. Über die Jahrzehnte haben sich Stadt und Stadtteile immer weiter vergrößert. Bürgermeister Dieter Lenzer weiß, dass jede Fläche nur einmal bebaut werden kann und auch Iphofen zunehmend an Grenzen stößt. "Es wird schwieriger", sagt er. Deshalb fährt Iphofen zweigleisig. Da sind auf der einen Seite Bebauungspläne wie "Ost IV" mit etwa 30 neuen Bauplätzen, und da ist auf der anderen Seite die Innenstadt. Gerade was die Sanierung von Gebäuden in der Altstadt betrifft, hat Iphofen schon einige Auszeichnungen abgeräumt. Leerstände sollen laut Lenzer vermieden werden, Gebäude eine neue Nutzung erhalten. "Konzepte sind da", sagt Dieter Lenzer. Jetzt hofft er auf die Bereitschaft der Eigentümer, diese Ideen gemeinsam umzusetzen.
Die Stadt Iphofen bietet kostenlose Bauberatung an
In den Stadtteilen sei kaum Leerstand, aber die Nachfragen seien da, auch nach Bestandsgebäuden. Es sei aber ein "zähes Geschäft", leerstehende Scheunen oder Ställe kaufen zu können, wie sich aktuell in Hellmitzheim zeigt. In der Innenstadt spiele der Denkmalschutz eine Rolle. In der Regel werde ein Gebäude nur dann abgebrochen, wenn es einen geeigneten Nachfolgebau gebe. Hier bietet die Stadt kostenlose städtebauliche Beratung an. Häufig komme die Frage, was man statt der Scheune hier machen könne.
Zweigleisig wird auch in der Stadt Volkach gefahren. Baugebiete werden dort wie andernorts nur ausgewiesen, wenn die Stadt alle Flächen besitzt. Bürgermeister Heiko Bäuerlein ist aber bestrebt, den Ortskern zu verdichten. "Hat vereinzelt geklappt", erzählt er. Teils seien Häuser in zweiter Reihe gebaut worden, oder es habe eine Grundstücksteilung stattgefunden mit je einer Doppelhaushälfte. Es sei auch schon passiert, dass wie in Astheim ein Haus aufgestockt wurde. "Das sind so Dinge, die nach und nach kommen", sagt Bäuerlein. Das sei aber auch wünschenswert.
Früher habe es riesige Bauplätze gegeben, heute gehe der Trend zu kleinen. Deshalb könne auf großen Grundstücken durchaus ein zweites Haus errichtet werden. Denn auch in den Ortsteilen gebe es nur noch wenige Flächen. In Volkach steht das MainQuartier auf dem ehemaligen BayWa-Gelände mit Geschosswohnungsbau und Büroflächen an. Was Bäuerlein auch hoffnungsfroh stimmt: "In den vergangenen Jahren wurden lange brachliegende Grundstücke bebaut." Hilfreich wäre seiner Meinung nach die Grundsteuer C für unbebaute, aber bebaubare Grundstücke.
Seinsheim denkt zunächst nicht an neue Baugebiete
Auf "Innen statt Außen" setzt auch die Marktgemeinde Seinsheim. "Es sind definitiv keine neuen Baugebiete in Planung", sagt Bürgermeisterin Ruth Albrecht. In der Gemeinde gibt es – mit Ausnahme von Iffigheim – insgesamt 19 unbebaute Grundstücke in Privatbesitz. Dazu kommen noch leerstehende Wohngebäude oder Hofstellen.
Über die Integrierte Ländliche Entwicklung arbeite man an einem Konzept, was die Baubegleitung betrifft. Bislang sei es in Seinsheim einmal gelungen, ein altes Gebäude zu erwerben. Das sei abgebrochen und das Grundstück dann verkauft worden. Mittlerweile steht dort ein neues Haus. Ähnlich geschehe dies gerade wieder, allerdings auf rein privater Ebene. Für Ruth Albrecht der Idealfall.