Die Wahl der Schule nach der 4. Klasse ist nicht leicht. Was ist der Familie an der neuen Schule wichtig? Wer entscheidet – die Eltern oder das Kind? Wie wichtig sind die Noten? Monika Frank ist ausgebildete Grundschullehrerin und Staatliche Schulpsychologin. Seit vier Jahren arbeitet sie im Landkreis Kitzingen und ist dort für die schulpsychologische Beratung der Grund- und Mittelschulen zuständig. Sie gibt Eltern und Kindern Tipps, wie sie die richtige Schule finden und erklärt, warum der Übertritt nicht überbewertet werden sollte.
Monika Frank: Neben den Leistungen im mündlichen, schriftlichen und praktischen Bereich in der Schule spielen zum Beispiel auch die Interessen und Neigungen des jeweiligen Kindes sowie andere Faktoren wie Fleiß, Disziplin, selbstständiges Arbeiten, Anstrengungsbereitschaft oder Durchhaltevermögen eine Rolle bei der Schulwahl. Aber auch die angebotenen Ausbildungsrichtungen oder die Verkehrsanbindung der neuen Schule können berücksichtigt werden. Die Übertrittsentscheidung ist letztlich eine sehr persönliche Angelegenheit, denn jedes Kind hat sehr individuelle Stärken und Schwächen und seine eigene Persönlichkeit, sein eigenes Temperament.
Frank: Der Wechsel an eine neue Schulart nach der Grundschule ist durchaus ein wichtiger Entwicklungsschritt für die Kinder. Die Entscheidung in der 4. Jahrgangsstufe sollte dennoch nicht überbewertet werden, weil wir mittlerweile ein sehr durchlässiges Bildungssystem haben und auch zu späteren Zeitpunkten immer wieder alternative Qualifikationsmöglichkeiten gegeben sind. Kinder sind einfach unterschiedlich und auch die Entwicklung verläuft nicht identisch. Manche entwickeln ihren Ehrgeiz erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn ein möglicher Beruf in den Mittelpunkt rückt oder überwinden Lernblockaden und Schwächen, entwickeln sich weiter und setzen sich dann neue Ziele. Daher darf die Schulentscheidung nach der 4. Klasse nicht als endgültig gesehen werden.
Frank: Der Übertritt an eine weiterführende Schule ist eine schwierige und folgenreiche Entscheidung in der schulischen Laufbahn. Es beginnt ein neuer Lebens- bzw. Ausbildungsabschnitt. In diese Entscheidung sollten daher auch die Kinder selbst mit eingebunden werden. Allerdings können Kinder die Konsequenzen dieser Entscheidung noch nicht umfassend überblicken und brauchen Unterstützung von ihren Eltern oder Betreuern. Viele Kinder setzen ein großes Augenmerk auf die sozialen Kontakte, die Freunde, welche mit ihnen an eine neue Schule wechseln würden. Natürlich kann dies ein Kriterium sein, allerdings sollten die vielen oben genannten persönlichen Aspekte nicht vernachlässigt werden, um eine Über- oder Unterforderung zu vermeiden.
Frank: Eine gute Möglichkeit, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, wäre zum Beispiel eine Stärken-Schwächen-Analyse gemeinsam mit den Eltern. Auf Kärtchen notiert jeder (Eltern und Kind), wo sie die persönlichen Stärken, aber auch die Bereiche sehen, in denen das Kind sich anstrengen muss, um gute Leistungen zu erbringen oder effektiv zu lernen. Dann werden die gesammelten Punkte gemeinsam ausgelegt und besprochen und in ihrer Bedeutung bewertet. Genauso wäre dies mit verschiedenen Schulen nach einem Schnupperbesuch oder nach der Informationssammlung über Flyer und Homepage möglich. Auf zwei Zetteln oder bunten Kärtchen wird gesammelt: Was spricht für und was gegen Schule A oder B? Welcher Aspekt ist uns als Familie wichtig, zum Beispiel Erreichbarkeit und Nähe, angebotene Fachrichtung, Zusatzangebote und Kurse, Betreuungsangebote für den Nachmittag?
Frank: Der Probeunterricht, der sich auf die Fächer Deutsch und Mathematik bezieht, kann eine gute Chance sein, um auf die gewünschte Schulart zu wechseln, auch wenn der Notendurchschnitt bis zum Übertrittszeugnis im Mai nicht erreicht wurde oder wenn sich das Kind seit dem Zwischenbericht im Januar verschlechtert hat. Wurde der geforderte Durchschnitt allerdings klar verfehlt und die Lernmotivation war bereits in der Grundschule schwierig, kann der Probeunterricht sich tatsächlich als reine Stress-Situation und Belastung erweisen. Diese sollte man als Eltern seinem Kind besser ersparen.
Frank: Im bayerischen Schulsystem gibt es ein breitgefächertes Beratungsangebot, angefangen vom Informationselternabend in der 3. Jahrgangsstufe, über den Elternabend zum Übertritt in der 4. Klasse und die Gespräche mit den Klassenleitungen. Neben den Lehrkräften kümmern sich vor allem die sogenannten Beratungslehrkräfte um die Unterstützung der Familien bei der Übertrittsentscheidung. Für jede Schule ist eine Kollegin oder ein Kollege zuständig. Auch an den weiterführenden Schulen gibt es Beratungslehrer, die Eltern und Kindern bei der Entscheidung unterstützen und die auch von den Eltern der Viertklässer für die Entscheidungsfindung kontaktiert werden können.