
In Kitzingen landete er eher zufällig. Auch oberster Tierschützer wurde er eher zufällig. Der Rest ist alles andere als zufällig und bald Geschichte: Nach 34 Jahren zieht sich Gerd Menche zurück. Wie fällt seine Bilanz aus? Warum geht beim Tierheim-Neubau nichts voran? Und warum kommt er gerne auf den Hund? Ein Rückblicks-Gespräch.
Gerd Menche: Auf der Suche nach Selbständigkeit wurde mir die Stern-Apotheke in Kitzingen zur Pacht angeboten. Allerdings musste ich erst einmal auf der Landkarte suchen, wo diese Stadt überhaupt liegt.
Menche: Beim Besuch der Jahreshauptversammlung des Deutschen Tierschutzbundes haben mich die Vorträge sehr beeindruckt und ich dachte darüber nach, mich ehrenamtlich zu betätigen.

Menche: Etwas später, im Frühjahr 1988, hat mich ein Bekannter zur Jahreshauptversammlung des Kitzinger Tierschutzvereins mitgenommen. Zum meinem Erstaunen und dem meiner Familie kam ich als gewählter Vorsitzender zurück.
Menche: Zusammen mit dem damaligen Tierschutzinspektor war ich landkreisweit unterwegs, um angezeigte und vermutete Tiermisshandlungen in Augenschein zu nehmen und Abhilfe zu schaffen.
Menche: Ich hatte mir immer ein Tier gewünscht. Mit meinen Eltern und zwei Brüdern in einer kleinen Etagenwohnung war es aber nicht möglich, ein Haustier zu halten.
Menche: Hunde und Katzen. Mit unserem Umzug auf den Eselsberg kam der erste Hund, ein Rauhaardackel zu uns. Und es wurden mehr, zu unseren fünf Kindern hatten wir zeitweise drei Hunde und drei Katzen zu gleicher Zeit. Das war schon ein Bild, wenn meine Frau die drei Hunde ausführte, wurde sie oft von zwei unserer Katzen begleitet. Insgesamt hatten wir im Laufe der Jahre sieben Hunde und acht Katzen, meist verlassene Tiere, die eine neue Heimat brauchten. Gegenwärtig haben wir noch einen Straßenhund aus Serbien, Moritz ist etwa 13 Jahre alt.
Menche: Der Hund, seine Anhänglichkeit tut der Seele gut und das regelmäßige Ausführen gibt dem Tag Struktur und garantiert Aufenthalt an der frischen Luft bei jedem Wetter. Aber ich mag auch Katzen, weil sie so eine gemütliche Wärme im Haus vermitteln. Wer eine schnurrede Katze hat, braucht keine Schlafmittel – schade für den Apotheker. Eingesperrte Tiere wie Vögel möchte ich nicht so gerne im Haus haben.
Menche: Einen deutlich höheren Stellenwert als früher. Ein, zwei Kaninchen im Stall, ein Schwein im engen Pferch waren in den Hungerjahren der Kriegs- und Nachkriegszeit meiner Jugend alltäglich, man kaufte auch beim Pferdemetzger. Heute sind unsere Haustiere respektierte Familienmitglieder. Verlassene Tiere werden in Tierheimen aufgenommen, Hunde und Katzen von privaten Organisationen und einzelnen engagierten Bürgern aufgelesen und an liebe Menschen vermittelt. Der Tierschutz ist im Gesetz verankert und Verstöße sind unter Strafe gestellt. Aber noch immer wird das Tier rechtlich als 'Sache' behandelt.
Menche: Wir sind sensibler geworden. Die Haltungsvorschriften von Nutztieren sind absolut unzureichend aber in der Diskussion angekommen, ebenso die Frage, ob Tierversuche wirklich unvermeidbar sind. Tiertransporte wurden begrenzt, Pelztierzucht verboten, das Schreddern männlicher Küken wird absehbar ein Ende habe. Es bleibt noch viel zu tun, nicht nur von Seiten der Gesetzgebung. Fleisch und Eier haben eine Kennzeichnung zur Haltungsform. Wir als Verbraucher sind gefragt, umzudenken und unsere Konsumgewohnheiten zu ändern. Der Biomarkt boomt, besonders unter der Jugend wächst die Zahl der Vegetarier und Veganer. Denn Tierschutz ist auch Artenschutz. Artenschutz ist Umweltschutz. Umweltschutz ist Klimaschutz. Wir sind noch lange nicht am Ziel, aber wir sind bewusster geworden.
Menche: Es gehen wenig Beschwerden bei uns ein. Ausdrücklich danke ich dem Veterinäramt und der Polizei für jahrelange gute Zusammenarbeit. In dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass wir weder räumlich noch personell in der Lage sind, die gesetzlichen Vorgaben zur Aufnahme von Wildtieren zu erfüllen. Ein besonderer Dank gilt daher engagierten Mitbürgern, die sich seit vielen Jahren fachkundig und auf eigene Kosten dem Tierschutz widmen: dem Ehepaar Martin in Gerbrunn mit ihrer Igelstation und Anita Scheidig in Schwarzenau mit ihrer Schildkröten-Auffangstation. Verletzte Vögel wurde über Jahrzehnte von Robert Endres aufgenommen und gepflegt. Leider gibt es für ihn keinen Nachfolger.
Menche: Ein Problem, das heutzutage alle Vereine bewegt, ist die sinkende Bereitschaft, sich ehrenamtlich einzubringen. Deshalb bin ich sehr glücklich darüber, dass sich nach langer Suche Christian Fexer für meine Nachfolge zur Verfügung stellt. Aber noch nicht alle freien Posten können wir neu besetzen. Ausdrücklich lobe ich die vielen treuen Gassigänger, die zuverlässig tagtäglich unsere Hunde ausführen. Wir wünschen uns weiterhin aufmerksame Mitbürger und Mitbürgerinnen, die mit offenen Augen beobachten, wie es den Tieren in ihrer Nähe ergeht.
Menche: Der größte Erfolg war es sicherlich, dass ich den Verein wirtschaftlich auf eine sichere Basis stellen konnte. Kontinuität, Seriosität und Bekanntheitsgrad der Vereinsführung verschafften uns eine gute Position in der Meinung der Bevölkerung. Das sind unerlässliche Kriterien für die Spendenbereitschaft.
Menche: Vielleicht hätte ich mich öfter auch in der praktischen Tierschutzarbeit betätigen können. Allerdings leisten die Tierheimleiterin Angela Drabant und ihr Team seit Jahrzehnten so hervorragende professionelle Arbeit, dass es für mich keinen Anlass gab, da – mehr oder weniger laienhaft – mitzumischen.
Menche: Die endlose Suche einem geeigneten Standort für den notwenigen Tierheimneubau.
Menche: Das ist wirklich zum Verzweifeln, aber auch überaus schwierig. Zunächst sind wir abhängig von der Kommune, die uns kostengünstig ein geeignetes Grundstück zur Verfügung stellen muss. Wir hoffen weiterhin auf die tatkräftige Unterstützung von Seiten des Stadtrats. Die Kriterien für eine Eignung sind vielfältig: Einerseits benötigen wir viel Natur rundum für Spaziergänge mit unseren Hunden, andererseits eine gute Anbindung an die Stadt, damit das Tierheim für Besucher gut erreichbar bleibt. Katzen und Kleintiere, die niemand besucht, werden kaum ein neues Zuhause finden. Aber Anwohner dürfen nicht gestört werden. Dass unsere Tiere optimal untergebracht werden, ist nicht nur ein Wunschdenken, dazu sind auch zahlreiche gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Ein gutes Beispiel für den höheren Stellenwert, den der Tierschutz heutzutage hat.
Menche: Einen guten Start für meinen Nachfolger in einem neuen Tierheim, Kontinuität in der Vereinsführung und weiterhin zuverlässige Mitarbeiter im Tierschutz vor Ort.
Menche: Es ist noch ungewiss, wann wir Corona-bedingt eine Mitgliederversammlung abhalten können. Meinem Nachfolger wünsche ich, dass er oder sie nach 30 Jahren im Amt ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht auf eine erfolgreiche Zeit zurückblickt!
Menche: Mit Wehmut und Vorfreude.
Menche: Ja sehr gerne, es war eine wunderbare Zeit! Durch meinen Doktor-Titel und in Verbindung mit dem Amt im Tierschutz wurde ich oft für einen Apotheker, Arzt oder Tierarzt gehalten – sehr zur Freude meiner Mitarbeiterinnen.
Menche: Von 1974 bis 2005.
Menche: In einen Vorort von Düsseldorf, nach Wittlaer, eine Kleinstadt ähnlich Kitzingen – nur am Rhein statt am Main. Ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer Tochter und ihrer Familie.
Menche: Liebenswerte Menschen, meinen Bekanntheitsgrad, die schöne Umgebung mit Weinbergen, den Blick auf den Schwanberg, die Heimat unserer Kinder und unsere für fast 50 Jahre.
Menche: Auf jeden Fall bleibe ich Mitglied im Tierschutzverein Kitzingen Stadt- und Landkreis. Und in Düsseldorf werde ich mich mal umsehen, das Tierheim besuchen, mal sehen...
braucht man sich wahrhaftig nicht zu wundern, dass kaum jemand bereit ist, auf dem Gebiet des Tierschutzes ehrenamtlich Verantwortung zu übernehmen.
Und wohlgemerkt, es ist rein rechtlich eine kommunale Pflichtaufgabe, sich um herrenlose Tiere zu kümmern (s. z. B. https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/17_0012792.pdf), d.h. wenn es die (Tierschutz-)Vereine und anderen Ehrenamtlichen nicht gäbe, müssten die Städte und Gemeinden das KOMPLETT SELBER ORGANISIEREN UND BEZAHLEN. Ich schreib das hier mit Absicht groß; nicht dass ich glaube mein bescheidener Beitrag bewirkt was, aber ein bisschen schämen dürften sich die Großkopferten in den Rathäusern (und nicht nur dort...) mMn schon.