Die Energiewende soll Deutschland von Atomkraft und fossilen Brennstoffen unabhängig machen und zugleich den CO2-Ausstoß senken, indem erneuerbare Energien und die Netzinfrastruktur ausgebaut werden. Doch die Politik hat dieses Ziel bisher zu zaghaft verfolgt, wie die aktuelle Gas- und Stromkrise beweist. Gerade Bayern hat mit seiner 10-H-Abstandsregel den Neubau von Windkraftanlagen fast zum Erliegen gebracht.
Das Umdenken hat vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges eingesetzt; viele Auflagen für den Bau von Windkraft werden gelockert. Und auch bei Freiflächen-Photovoltaik ist ein Boom zu erwarten. Die Stadt Kitzingen möchte einerseits den Umbau von fossilen zu erneuerbaren Energien mitmachen und beim Strom sogar autark werden. Und sie will das Geschäft nicht fremden Investoren überlassen, sondern im besten Fall die eigene Bevölkerung daran beteiligen.
Mit Wind und Sonne stromautark werden
Wie das gehen könnte, erläuterte Marek Zelezny, Geschäftsführer der Licht-, Kraft- und Wasserwerke (LKW) Kitzingen. Zurzeit verbrauchen die privaten Haushalte und die Betriebe in Kitzingen viermal so viel Strom, wie die LKW erzeugen. Um die in Kitzingen benötigte Strommenge selbst zu produzieren, brauche es einen Wind- und einen Solarpark. Im ersten Schritt kann sich Zelezny einen Windpark mit vier oder fünf Windkraftanlagen im Waldgebiet "Klinge" vorstellen. Das Areal liegt zwischen Golfplatz, Sulzfeld und A 7. Ein zweiter Standort, der aufgrund seiner Windhöffigkeit infrage käme, sei in privater Hand.
Der Solarpark könnte nach ersten Voruntersuchungen auf etwa 20 Hektar Fläche gebaut werden: im Dreieck zwischen Hohenfeld, Sickershausen und Michelfeld, zwischen Sickershausen und Mainbernheim oder zwischen Hoheim und dem Flugplatz. Wie schon beim Windpark setzt die Stadt Kitzingen auch hier auf eigenen Grund und Boden. Weitere Standorte zur Stromerzeugung seien in Zukunft möglich.
Wind- und Solarpark zusammen könnten dann die Restmenge Strom produzieren, die Kitzingen noch fehlt, um hier autark zu werden. Idealerweise sollte das Ganze durch einen Stromspeicher ergänzt werden, um Spitzen auszugleichen, wie Zelezny erklärte. Dieser Speicher müsste die Größe "einer kleinen Turnhalle" haben. Kosten allein dafür: rund acht Millionen Euro. Dann wäre die Stadt tatsächlich autark nach dem Motto "Strom aus Kitzingen für Kitzingen".
Für Zelezny ein Muss ist eine Bürgerbeteiligung. Zum einen soll so die millionenschwere Investition für den Aufbau der "grünen" Stromproduktionskapazitäten ermöglicht werden, und zum anderen würde das dazu führen, dass die Bürgerschaft von der Rendite profitieren könnte. Oberbürgermeister Stefan Güntner sagte: "Die Wertschöpfung soll kommunal bleiben." Ein weiterer erhoffter Nebeneffekt: Bei einer Beteiligung würden sich wahrscheinlich noch mehr Menschen der Stadt für einen LKW-Stromtarif entscheiden. Denn die LKW stehen bundesweit im Wettbewerb mit vielen anderen Stromanbietern.
Wie die Bürgerschaft profitieren kann
Was für Zelezny den besonderen Charme einer eigenen Stromproduktion ausmacht: Dieser Strom wird nicht an der Börse gehandelt, unterliegt also nicht den dort herrschenden starken Preisschwankungen. In der Folge wäre es möglich, langfristige Laufzeiten mit genau kalkulierbaren Strompreisen anzubieten. Wie der LKW-Geschäftsführer erklärte, würden heute schon Unternehmen nach Zehn-Jahre-Tarifen zu Festpreisen fragen, die die LKW nicht bedienen kann.
Auf Nachfragen aus dem Stadtrat erklärte Zelezny, dass der Bau eines Solarparks nach der Genehmigung durch die Behörden etwa ein Jahr dauern würde, der Bau eines Windparks etwa fünf Jahre. Diese Genehmigungen zu bekommen sei "realistisch", sagten Zelezny und Güntner.
Verschiedene Redner hatten auch erwartet, etwas zu einer lokalen Wasserstoff-Produktion zu hören, um Wege aus der Gas-Abhängigkeit aufzuzeigen. Doch auch wenn Zelezny dieses Thema für interessant hält, verwies er darauf, dass dafür noch einmal die doppelte Menge Strom produziert werden müsse. Das sei nicht alles auf einmal zu leisten. Auch der OB ergänzte: Das aktuelle Gas-Problem der Bevölkerung lasse sich damit nicht lösen.
Zur Diskussion um die richtigen Standorte für Wind- und Solarparks sagte Zelezny noch: Es würden mehrere Flächen untersucht, aber nicht alle seien geeignet. Am Ende votierte der Stadtrat nur gegen die Stimme von Christa Büttner (Grüne), die eine Alternative zur Gas-Erzeugung vermisste, für den Ausbauplan.