Wer täglich in den Straßen Kitzingens unterwegs ist und den Leuten Strafzettel hinter die Scheibenwischer klemmt, kann einiges erzählen. So wie Carmen Klein: "Eines Tages sah ich auf meinem Kontrollgang eine Dame, die den Tränen nahe war." Oder Doris Rodenbach: "Manchmal müssen wir unsere detektivischen Fähigkeiten unter Beweis stellen." Oder Steffi Stockmeyer, die einem Mann begegnete, der ihr lächelnd seinen Personalausweis zeigte. All diese Geschichten bekommt man zu hören, wenn man bei der Pressestelle der Stadt anfragt und die Verkehrsüberwacherinnen von ihrem Alltag berichten lässt. Nicht selten werden sie zu Blitzableitern. Manchmal aber auch zu Heldinnen.
Auf den Straßen herrscht Wildwest und Anarchie. Autos, die in zweiter Reihe parken oder eine Ausfahrt versperren; Eilfertige, die "nur schnell was erledigen müssen" und dabei den gesamten Verkehr blockieren; Mütter, die ihr Kind mit dem Auto zur Schule bringen und sich nicht um Halteverbote scheren. Jeder bekommt es mit, wenn er auf den Straßen unterwegs ist. "Manche Eltern", sagt Doris Rodenbach, "würden ihre Kinder am liebsten bis ins Klassenzimmer fahren. Sie ignorieren Feuerwehrzufahrten, den Schulbusverkehr, kurz: alle Regeln." Aber nicht nur das. "Wie sich die Eltern, besonders manche Mütter, im Beisein ihrer Kinder uns gegenüber auslassen, ist mit Worten kaum zu beschreiben."
Die Pöbeleien sind schon Legende, die menschelnden Geschichten nicht
Rodenbach und ihre Kolleginnen Carmen Klein und Steffi Stockmeyer sind im Kitzinger Straßenbild präsent – und dabei mindestens gefürchtet, wenn nicht gehasst. Diskussionen und Pöbeleien gegenüber den Parküberwacherinnen sind Legende. Die zum Teil menschelnden Geschichten eher weniger. Wir haben die drei erzählen lassen. Sie wurden über die Stadt angefragt, der Pressesprecher überlieferte ihre Aussagen, die eher seltene Einblicke in ihren Berufsalltag geben.
Verwarnungen auszustellen ist für Carmen Klein "täglich Brot". In verzwickten Verkehrslagen aber geht es schon mal um tatkräftige Hilfe. Es war in der Kaiserstraße, als Klein auf eine verzweifelte ältere Dame traf. Die Situation war, nun ja, verfahren. "Sie konnte nicht in ihr Auto steigen, das vor der ehemaligen Commerzbank abgestellt war", so Klein. "Das Nachbarauto hatte viel zu knapp neben ihr geparkt." Eine halbe Stunde hatte die Dame bereits auf den Fahrer des anderen Wagens gewartet. Hilfe war nicht in Sicht. "Also habe ich mich in ihr Auto gequetscht und es aus der Parklücke gefahren."
Auch Steffi Stockmeyer wandelt stets auf einem schmalen Grat. Jeden Augenblick kann die Stimmung umschlagen. "Ich erinnere mich an ein Fahrzeug, das ich an einem einzigen Tag dreimal verwarnen musste – an drei verschiedenen Örtlichkeiten in der Stadt", erzählt Stockmeyer. Als der Fahrer nach der dritten Verwarnung zu seinem Auto kam, fragte er, warum er schon wieder ein Knöllchen bekomme, zwei Strafzettel würden ja wohl reichen. "Ich erklärte ihm, dass er jedes Mal einen Parkschein benötigt, wenn er sein Auto auf öffentlichem Grund abstellt. Daraufhin fuhr er wütend davon."
An einem anderen Tag war Stockmeyer gerade dabei, einen Autofahrer aufzuschreiben. Da er sich "einsichtig und kooperativ" zeigte, verzichtete sie auf ein Knöllchen und verwarnte ihn nur mündlich. Sie hat da einen Ermessensspielraum. "Er meinte, dass heute wohl sein Glückstag sei, und zeigte mir seinen Personalausweis. Sein Name: Herr Glück."
Nicht immer sind die Dinge so, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Dann ist detektivischer Spürsinn gefragt, wie Doris Rodenbach sagt. Sie fühlt sich dann wie die Hobby-Ermittlerin Miss Marple. "Es gibt immer wieder Menschen, die uns hinters Licht führen wollen", sagt Rodenbach. In der Bismarckstraße verwarnte sie einmal eine Autofahrerin wegen einer falsch gestellten Parkscheibe. Noch am selben Tag kam der Einspruch. "Auf dem mitgeschickten Bild sahen wir eine richtig gestellte Parkscheibe. Die Frau gab außerdem zwei Zeugen an und teilte uns mit, dass der Vorgang schon bei ihrem Rechtsanwalt liege."
Das Beweisfoto zeigte, dass die Autofahrerin wohl getrickst hatte
Solche Fälle sind nicht die Regel, aber auch nicht selten. Deswegen machen die Verkehrsüberwacherinnen stets ein Beweisfoto. "Wir vergrößerten das Foto und konnten zeigen, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Verwarnung vor einem ganz anderen Haus stand als auf dem angeblichen Beweisfoto der Fahrerin. Die Verwarnung wurde daraufhin umgehend bezahlt", sagt Rodenbach. Das Fahrzeug sah sie in der Bismarckstraße nie wieder.
Das berüchtigte Bermuda-Dreieck in der Kitzinger City liegt zwischen Schweizergasse, Kaiserstraße und Königsplatz; hier laufen Autofahrerinnen und Autofahrer immer wieder Gefahr, sich in heiklen Situationen zu verlieren. Die Schweizergasse ist gleich in zweierlei Hinsicht tückisch: Zum einen gilt dort außerhalb der markierten Parkflächen ein absolutes Halteverbot, zum anderen befindet sich dort der Eingang zur Fußgängerzone. Immer wieder parken dort Kundinnen und Kunden der Sparkasse, die am Geldautomaten schnell Bargeld ziehen oder eine Überweisung erledigen wollen.
Die Schweizergasse war nach städtischen Angaben auch im vergangenen Jahr mit 1533 Verwarnungen der Hotspot in der Innenstadt. Die Kaiserstraße als Hauptverkehrsachse und Startpunkt in die City liegt in dieser Auflistung mit 1303 Verwarnungen auf Platz zwei. Auch auf dem (kostenpflichtigen) Parkplatz im Schwalbenhof gab es noch knapp über 1000 Verwarnungen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 11.406 Parkverstöße von den Parküberwacherinnen geahndet. Dabei kamen gut 150.000 Euro in die Stadtkasse – vor Abzug aller Kosten. Im Durchschnitt also rund 13 Euro pro Verstoß.
Zum Vergleich: In den deutlich kleineren Städten Bad Neustadt und Gemünden waren es 2021 rund 70.000 Euro und 32.000 Euro. Ein "Gewinn" lässt sich laut Stadt damit nicht erwirtschaften. Die Verkehrsüberwachung sei nicht kostendeckend. Seit Anfang 2022 lässt das Rathaus von einem externen Dienstleister auch den fließenden Verkehr überwachen – ein Testlauf, der zunächst auf ein Jahr befristet ist. Es wird danach wohl wieder viel zu erzählen und zu bereden geben.
Das kann ich auf keinen Fall so stehen lassen. Die Damen sind allesamt nett und korrekt und wer sich an die Regeln hält hat keinerlei Probleme.
Ich bin mit meinen Fahrzeugen viel in Kitzingen unterwegs und habe den letzten "Strafzettel" wegen eines Parkverstoßes 1978 in der Ritterstraße noch mit einem heißen 02-er BMW erhalten.
Daran kann ich mich deswegen so gut erinnern, weil der Scheibenwischer unter dem die 5-D-Mark Verwarnung steckte bei der Aktion abgeknickt wurde und von mir ersetzt werden musste.
Ob es damals schon eine städtische Verkehrsüberwachung gab, oder ob sich damals noch die Polizei um den ruhenden Verkehr kümmerte weiß ich jetzt gar nicht, aber auf jeden Fall ist die heutige Verkehrsüberwachung über jeden Zweifel erhaben.
Man muss sich halt nur auch als Autofahrer korrekt verhalten, dann passt es.