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Kitzingen
Steigerwaldbahn-Trasse: Vom Schandfleck zu einem Traum-Fahrradweg?
Das Ende der Steigerwaldbahn scheint eingeläutet. Was aber passiert nach der Entwidmung? Was plant der Besitzer, was die Anrainer? Immer öfter fällt das Stichwort Fahrradweg.
Dornröschen lässt grüßen: Die Bahnstrecke von Gerolzhofen nach Kitzingen bei Kleinlangheim.
Foto: Hartmut Hess | Dornröschen lässt grüßen: Die Bahnstrecke von Gerolzhofen nach Kitzingen bei Kleinlangheim.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 09.02.2024 13:29 Uhr

Was wird aus der Trasse der Steigerwaldbahn? Diese Frage rückt immer mehr in den Mittelpunkt – zumal die Tage der Bahngleise endgültig gezählt scheinen. Fakt ist: An einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn besteht aktuell kein Mehrheits-Interesse, obwohl das Pendel ansonsten generell immer stärker in Richtung Klimaschutz ausschlägt. 

Die aktuelle Situation sieht so aus: Der Kreistag des Landkreises Schweinfurt hob am 4. November den Reaktivierungsbeschluss für die Steigerwaldbahn auf. Der Verkehrs- und ÖPNV-Ausschuss sowie der Kreisausschuss des Landkreises Kitzingen empfehlen dem Kreistag des Landkreises ebenfalls, den Reaktivierungsbeschluss aufzuheben. Die finale Entscheidung fällt bei der nächsten Sitzung am kommenden Montag, 13. Dezember, in der Wiesentheider Steigerwaldhalle.

Absage an Thüringen

Auf politischer Ebene muss dann noch der Schweinfurter Stadtrat entscheiden: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft stellt dem Gremium am 21. Dezember die Ergebnisse eines Gutachtens zum Fahrgast-Aufkommen vor, anschließend wird das Gremium nochmals beraten.

Die Rettung der Bahnstrecke hätte noch die Thüringer Eisenbahn GmbH bringen können, die Güter- und Tourismusverkehr auf den knapp 50 Kilometer langen Gleisabschnitt bringen wollte. Doch: Am 1. Dezember lehnte das Bayerische Verkehrsministerium genau diesen Antrag jedoch ab.

Rückbau der Gleise steht an

Nimmt die Thüringer Eisenbahn das ohne das Einlegen von Rechtsmitteln hin und liegen alle Aufhebungen des Reaktivierungsbeschlusses vor, kann es schnell gehen: Dann würde die Strecke wohl entwidmet und der Eigentümer dürfte mit dem Rückbau der Gleise beginnen. Genau zu diesem Zweck hatte die Gleisrückbaufirma Meißner die Strecke auch vor ein paar Jahren erworben.

Aber was wird aus dem Grund und Boden? Gibt es eine Idee für den Streckenverlauf? Oder wird alles nach und nach zerschlagen, weil die Anrainergemeinden ihren jeweiligen Streckenverlauf kaufen und danach eigene Interessen haben?

"Ein eigener Erwerb der Strecke durch den Landkreis ist nicht geplant".
Corinna Petzold-Mühl, Pressesprecherin des Landratsamtes Kitzingen

Stellt man dieser Frage dem Kitzinger Landratsamt, gibt es zumindest eine Vermutung:  Es gebe wohl "unterschiedliche Vorstellungen für die jeweiligen Flächen" in den betroffenen Gemeinden, betont Pressesprecherin Corinna Petzold-Mühl. Auf alle Fälle werde "der Landkreis die Planungshoheit der Gemeinden respektieren". Und, auch das nicht ganz unwichtig mit Blick auf einen möglichen Bestand der Trasse: "Ein eigener Erwerb der Strecke durch den Landkreis ist nicht geplant."

Es fährt kein Zug... bei Kleinlangheim. 
Foto: Hartmut Hess | Es fährt kein Zug... bei Kleinlangheim. 

Strecken-Besitzer ist die Firma Gleisrückbau Meißner aus dem baden-württembergischen Dörzbach. Der Familienbetrieb hat sich seit 2005 unter anderem auf den Gleisrückbau spezialisiert. Timo Meißner betont auf Anfrage, dass er "die Strecke nicht zerreißen möchte". Knapp 50 zusammenhängende Kilometer – das könnte in Zukunft noch richtig wichtig und wertvoll werden. Weshalb der Firmenchef auch kein Problem damit hätte, wenn die Strecke womöglich "vorerst brach liegen bleibt", falls aktuell zündende Ideen für eine Zweitverwertung fehlen würde.

Und wie sieht es vor Ort bei den Orten im Landkreis Kitzingen aus, durch die die Strecke führt? Großlangheims Bürgermeister Peter Sterk verweist auf ein Kernwegekonzept seiner Gemeinde, das das Ziel genau definiert: "Wir möchten die Strecke in einem Stück erhalten." Immerhin handelt es sich um 3,6 Kilometer, für die man auch ein Vorkaufsrecht besitze, so der Bürgermeister weiter. Vorstellbar wäre beispielsweise ein landwirtschaftlicher Weg, wobei das "nicht morgen passieren muss". Auch die große Variante als 50-Kilometer-Strecke sei demnach weiterhin denkbar: "Gerne auch durchgängig."

Keine schnelle Entwidmung?

Im Nachbarort in Kleinlangheim sieht das Gerlinde Stier ähnlich. Die Bürgermeisterin glaubt zudem nicht, "dass die Entwidmung schnell erfolgen wird". Schließlich sei es ein erklärtes Ziel der Landesregierung, den Ausbau und die Intensivierung des Bahnverkehrs voranzutreiben. "Ich denke, zum Thema Bahnlinie ist noch lange nicht das letzte Wort gesprochen", so die Einschätzung von Gerlinde Stier. 

Leider sei die Bahnlinie in den vergangenen Jahren "immer mehr zum Schandfleck in den Gemeinden" geworden. Deshalb hätten sich die Dorfschätze "bereits 2016 Gedanken über eine sinnvolle Nutzung der ungenutzten Bahnlinie gemacht". Über ein Förderprogramm habe es "eine Überplanung der Bahnlinie zur Nutzung als Kernwegenetz" gegeben.

Die Fahrradweg-Idee

Ziel sei es, die Bahntrasse von Großlangheim bis Prichsenstadt für die durchgängige Nutzung als Wirtschafts- und Fahrradweg umzubauen. Für die Umsetzung dieser Maßnahme sei eine Förderung von mindestens 75 Prozent in Aussicht gestellt, was den Kostenanteil für die Gemeinden überschaubar mache. Ob dieses überörtliche Kernwegenetz tatsächlich umgesetzt werden kann, "ist aus meiner Sicht fraglich, weil es mittlerweile auch andere Konzepte und Nutzungsvorschläge gibt", so Stier.

Das Endstück der Steigerwaldbahn kurz vor Kitzingen. Hier wurden die Gleise bereits abgebaut.
Foto: Frank Weichhan | Das Endstück der Steigerwaldbahn kurz vor Kitzingen. Hier wurden die Gleise bereits abgebaut.

In Prichsenstadt sieht Bürgermeister René Schlehr "noch nicht, dass die Strecke tatsächlich entwidmet wird". Es bestehe durchaus die Möglichkeit, "dass der Reaktivierungsprozess weiterlaufen kann". Für eine mögliche Zeit danach habe Prichsenstadt "keine konkreten Pläne, da wir ja nicht der Eigentümer der Flächen sind". Prichsenstadt bleibe letztlich nur abzuwarten, was die Firma Meißner als Besitzer plane.

Wiesentheids Bürgermeister Klaus Köhler betont, dass es "aktuell keine Pläne für die Zeit danach" gebe. Komme es zu der Entwidmung, habe er aber eine Idee, die er "bei gegebener Zeit dem Gemeinderat präsentieren" wolle. Ein Vorkaufsrecht habe man sich zwar nicht gesichert, aber Köhler ist überzeugt, "dass der Eigentümer sehr gerne mit uns spricht".

 
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  • M. D.
    Ein Traum-Fahrradweg wird die Strecke hoffentlich nur in der Hinsicht, dass es ein Traum bleiben wird, dass dort Radler unterwegs sind.
    Daher hoffe ich, dass die Bürgermeisterin aus Kleinlangheim, Frau Stier, Recht mir ihrer Annahme hat, dass zum Thema Bahnlinie noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist.

    In Zeiten des Klimawandels wäre es ein Armutszeugnis für die Region, wenn eine vorhandene Trasse zerstört wird.

    Denkt auch mal jemand an die nachfolgenden Generationen?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Die Bahnstrecke als "Schandfleck" zu bezeichnen, ist nur insofern angemessen, als es in der Tat eine Schande ist, eine bestehende Infrastruktur so verlottern zu lassen, statt sie zu nutzen. Das ist bayerische Politik, bekanntlich läuft das in anderen Bundesländern ganz anders (nicht nur Ba-Wü, auch Hessen, Rheinland-Pfalz etc.). Dem einen "Traum-Radweg" gegenüberzustellen, ist allerdings völlig unangemessen, denn erstens gibt es auf weiten Strecken parallel bereits einen Radweg - zum Teil unmittelbar daneben - so dass dieser Radweg überflüssig wäre und zweitens ist die Streckenführung auch nicht gerade traumhaft - es geht ja nicht durch den Steigerwald, sondern bleibt in besiedeltem Gebiet im Steigerwaldbahnvorland. Ein weiterer Versuch, die Bahn schlechtzumachen - scheinbar haben hierzulande (zu) viele Menschen lange keine Bahn mehr von innen gesehen.
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  • R. B.
    Ein Radweg wäre nur insoweit ideal, als die Trasse dafür bereits besteht. Gut ausgebaut würde diese Trasse mit den E-Bikes dann zu einem Fahrrad-Schnellweg. Unfälle mit dem Normalverkehr bleiben dann nicht aus. Allerdings - bevor man hier wieder Millionen in den Wegebau investiert - wäre auch zu analysieren, wo der geneigte Radfahrer in der Masse zu fahren pflegt: Bestimmt nicht auf dieser Strecke! Agri-Photovoltaik - das wäre eine kostengünstige Alternative! Ein Photovoltaikband finanziert durch interessierte Bürger und damit in Bürgerhand verbindet die Landkreise, Trasse bleibt erhalten, das längst entstandene Biotop wird nicht zerstört - Flächenverbrauch gleich Null. Ein schneller Schritt zur notwendigen Erweiterung erneuerbarer Energien!
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  • W. B.
    Recht hat er der Herr Weichhahn.
    Kitzingen ist erledigt und das ist gut so! Fährt er auch mit der Bahn nach Kitzingen ?
    Warum hat auch " Fehrer " sehr viele seiner Leute mit Bussen nach Kitzingen gekarrt?
    Eigentlich konnten nur die " Stifte" aus der östlichen Umgebung die Bahn benutzen ,aber ab "16" war dann nur noch das Moped gefragt.
    Aber ,Recht hat er ... Ein Radweg wäre ideal. Daran bleiben Herr Weichhahn. Nur die Presse noch retten.
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  • T. A.
    Interessant wäre auch mal die Gemeinden im Landkreis Schweinfurt zu fragen wie sie darüber denken. Gerolzhofen hat sicher ein komplett anderes Ansinnen wie zum Beispiel Sennfeld.
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