
Wenn einer den Titel "Sparfuchs" verdient, dann er. Carsten Herbert widmet sich seit 25 Jahren dem Thema Energie-Effizienz. Auf Youtube ist der "Energiesparkommissar" ein Star. "Energie sparen, ohne dass man es so richtig merkt" ist das Steckenpferd, auf das der Südhesse auch bei zwei Info-Abenden setzt.
Carsten Herbert: Mir war in den 90er-Jahren völlig klar, dass die Energiewende ein großes Thema wird. Damals dachte ich, der Peak Oil stünde kurz bevor – also der Zeitpunkt, ab dem das Fördermaximum erreicht ist und die Ölfördermengen sinken werden. Aber dann hat man neue Methoden entwickelt, etwa Fracking, so dass auch heute noch genügend Öl gefördert wird.

Herbert: Die Kosten für Öl und Gas waren in den vergangenen Jahrzehnten vergleichsweise gering. Das heißt, es gab für viele Menschen keinen Anreiz, etwas an ihrem Lebensstil zu ändern. Die intrinsisch Motivierten, die selbstlosen Umweltschützer, sind nun mal in der Minderheit. Die weit größere Gruppe wird erst aktiv, wenn sie einen Vorteil hat. Das heißt: Wenn Energie teurer wäre, würden mehr Menschen Energie sparen und Alternativen suchen.
Herbert: Die technische Entwicklung ist gar nicht das Problem. Die Wärmewende zum Beispiel gewinnen wir nicht in topmodernen Neubauten. Die gewinnen oder verlieren wir mit dem Bestand. Jedes neue Haus, das zusätzlich gebaut wird, vergrößert die beheizte Wohnfläche im Land. Für mich steht deshalb fest: Man braucht bessere Konzepte für die bestehenden Gebäude.

Herbert: Gerade auf dem Land haben wir ein strukturelles Problem: In den 80ern sind viele große Einfamilienhäuser gebaut worden. Dort leben jetzt oft ältere Menschen allein oder zu zweit. Ganze Etagen stehen da leer. Eigentlich müsste der Bund Umbauprojekte fördern, die hier neue Wohneinheiten schaffen. Das wäre gut für beide Seiten. Die Häuser würden erhalten. Und genutzt.
Herbert: Dass jetzt die CO2-Steuer eingeführt wurde, ist erst mal gut, hilft uns aber nicht schnell weiter. Wir haben 20 Jahre lang eine Umstellung verpasst, in der sich die Menschen langsam an höhere Energiekosten hätten gewöhnen können. Das wäre dann nichts gewesen, was über uns hereinbricht.
Herbert: Es gibt ein Heilmittel. Nur sieht die Politik es noch nicht. Die Wunderwaffe der Wärmewende im Gebäudebestand ist für mich die Luft-Luft-Wärmepumpe, auch bekannt als Klimagerät. In einem typischen Einfamilienhaus kann man mit der Technik für 5000 Euro schon die Anforderungen des GEG einhalten. Das ist damit die günstigste Wärmepumpe, die man bauen kann. Andere Systeme kosten teils ein Vielfaches. Klimageräte kühlen im Sommer und heizen im Winter.

Herbert: Leider haben die Verbände und Lobbyisten es geschafft, eine Hürde ins Gesetz einzubauen. Da steht jetzt nämlich drin, dass das Zusatzgerät mit der alten Heizung kommunizieren können muss. Da wird es kompliziert – und mit Verlaub: Es ist auch Schmarrn. Klimageräte sind deutlich günstiger und effizienter als Öl oder Gas, sie können alte Heizungen supergut ergänzen.
Herbert: Klar: Energie sparen. Krisen wie der Ukraine- und der Nahostkonflikt führen in der Regel dazu, dass die Energiepreise steigen. Um sich von diesen Krisen unabhängig zu machen, muss man den Bedarf runterfahren. Man kann bis zu einem Drittel des Verbrauchs und der Kosten sparen, ohne dass man auf Komfort verzichten müsste.

Herbert: Gehen Sie, wenn Sie Hausbesitzer sind, mal in den Heizungsraum. Jede Heizung hat eine Steuerung. Die Technik ist kein Hexenwerk. Nehmen Sie die Betriebsanleitung Ihrer Heizung zur Hand und optimieren Sie die Einstellungen. Ich habe ein Video mit einer Fotografin namens Theresa gedreht. Die hatte sich nie für ihre Heizung interessiert. Als sie es tat, kriegte sie am Ende der Heizperiode 2000 Euro zurück. Man muss sich nur Zeit nehmen und mit der Steuerung beschäftigen.
Herbert: Der Heizungsbauer stellt die Steuerung tendenziell immer zu hoch ein, denn er will ja zufriedene Kunden – und die gibt es nur, wenn sie es im Winter schön warm haben. Dass da jede Menge Energie im Schornstein und in Rohren verpufft, ohne je im Heizkörper anzukommen, ist für ihn erst mal zweitrangig.

Herbert: Auch eine wunderbar einfache und günstige Maßnahme ist es, eine Sparbrause zu nutzen. Am Duschergebnis ändert sich nichts – aber man kann pro Jahr so viel Energie einsparen, wie ein handelsübliches Balkonsolarkraftwerk produziert, etwa 600 Kilowattstunden. Und da haben wir übers Wasser noch nicht gesprochen! Wir haben 15 Sparbrausen getestet und ein Video über unsere Ergebnisse gedreht.

Herbert: Riesensparpotenzial gibt es bei der Luftdichtheit im Dach. Haben Sie eine Holzinnenverkleidung im Dach? Bei Häusern der 80er-Jahre war das total hipp. Leider hat man damals keine Dampfbremse eingezogen, also keine Folie unter der Verkleidung. Wenn man Gipskartonplatten genutzt hat, ist das okay, aber bei bloßer Holzinnenverkleidung kann die Luft einfach nach außen verschwinden. Dadurch kommt es zu extrem hohem Energieverbrauch. Für Luftdichtheit zu sorgen, ist eine relativ günstige Maßnahme, die aber durchaus 20 Prozent Ersparnis bringt.
Herbert: Wenn man mit den Flächen sonst nicht viel anfangen kann, kein Problem. Bei landwirtschaftlichen Flächen ist es Quatsch. PV kann man auch auf Dächer bauen – da stört sie niemanden und die Energie entsteht gleich beim Verbraucher statt in der Pampa. Für die Wärmeversorgung von Häusern nutzt Flächen-PV nicht viel, weil wir die maximale Leistung an den kältesten Tagen im Jahr zur Verfügung stellen müssen, mitten im Winter. Wir brauchen also Windkraft, um unsere Häuser in Zukunft beheizen zu können.
