zurück
Marktbreit
"So sparen Sie bares Geld": Der Energiesparkommissar kennt die Wunderwaffe in Sachen Energie- und Wärmewende
Energie-Effizienz ist ein Riesenthema, denn: Jeder kann dadurch seine Kosten reduzieren. Der erfolgreiche Youtuber Carsten Herbert verrät in Marktbreit, wie es geht. Und vorab hier.
Er will niemanden frieren lassen. Bis zu einem Drittel der Energiekosten kann jeder Haushalt einsparen, ohne auf Komfort zu verzichten, sagt Energiesparkommissar Carsten Herbert. 
Foto: Tim Wegner | Er will niemanden frieren lassen. Bis zu einem Drittel der Energiekosten kann jeder Haushalt einsparen, ohne auf Komfort zu verzichten, sagt Energiesparkommissar Carsten Herbert. 
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:34 Uhr

Wenn einer den Titel "Sparfuchs" verdient, dann er. Carsten Herbert widmet sich seit 25 Jahren dem Thema Energie-Effizienz. Auf Youtube ist der "Energiesparkommissar" ein Star. "Energie sparen, ohne dass man es so richtig merkt" ist das Steckenpferd, auf das der Südhesse auch bei zwei Info-Abenden setzt.

Frage: Herr Herbert, hätten Sie gedacht, dass die Energiewende so schnell so wichtig für uns alle und für unseren Planeten wird?

Carsten Herbert: Mir war in den 90er-Jahren völlig klar, dass die Energiewende ein großes Thema wird. Damals dachte ich, der Peak Oil stünde kurz bevor – also der Zeitpunkt, ab dem das Fördermaximum erreicht ist und die Ölfördermengen sinken werden. Aber dann hat man neue Methoden entwickelt, etwa Fracking, so dass auch heute noch genügend Öl gefördert wird.

'Do it yourself' bei der Heizungsoptimierung? Carsten Herbert erklärt, wie’s funktioniert. 
Foto: Tim Wegner | "Do it yourself" bei der Heizungsoptimierung? Carsten Herbert erklärt, wie’s funktioniert. 
Was würde die Energiewende antreiben?

Herbert: Die Kosten für Öl und Gas waren in den vergangenen Jahrzehnten vergleichsweise gering. Das heißt, es gab für viele Menschen keinen Anreiz, etwas an ihrem Lebensstil zu ändern. Die intrinsisch Motivierten, die selbstlosen Umweltschützer, sind nun mal in der Minderheit. Die weit größere Gruppe wird erst aktiv, wenn sie einen Vorteil hat. Das heißt: Wenn Energie teurer wäre, würden mehr Menschen Energie sparen und Alternativen suchen.

Ist die technische Entwicklung dieser Alternativen überhaupt schon weit genug?

Herbert: Die technische Entwicklung ist gar nicht das Problem. Die Wärmewende zum Beispiel gewinnen wir nicht in topmodernen Neubauten. Die gewinnen oder verlieren wir mit dem Bestand. Jedes neue Haus, das zusätzlich gebaut wird, vergrößert die beheizte Wohnfläche im Land. Für mich steht deshalb fest: Man braucht bessere Konzepte für die bestehenden Gebäude.

'Die Wärmewende gewinnen oder verlieren wir nicht mit Neubauten, sondern mit dem Bestand', ist Carsten Herbert sicher.
Foto: Tim Wegner | "Die Wärmewende gewinnen oder verlieren wir nicht mit Neubauten, sondern mit dem Bestand", ist Carsten Herbert sicher.
Zum Beispiel?

Herbert: Gerade auf dem Land haben wir ein strukturelles Problem: In den 80ern sind viele große Einfamilienhäuser gebaut worden. Dort leben jetzt oft ältere Menschen allein oder zu zweit. Ganze Etagen stehen da leer. Eigentlich müsste der Bund Umbauprojekte fördern, die hier neue Wohneinheiten schaffen. Das wäre gut für beide Seiten. Die Häuser würden erhalten. Und genutzt.

Ist das Gebäudeenergiegesetz GEG, das im Januar in Kraft treten wird, ein Schritt in die richtige Richtung?

Herbert: Dass jetzt die CO2-Steuer eingeführt wurde, ist erst mal gut, hilft uns aber nicht schnell weiter. Wir haben 20 Jahre lang eine Umstellung verpasst, in der sich die Menschen langsam an höhere Energiekosten hätten gewöhnen können. Das wäre dann nichts gewesen, was über uns hereinbricht.

Und nun? Gibt es ein Heilmittel, das die Frierenden  wärmen könnte?

Herbert: Es gibt ein Heilmittel. Nur sieht die Politik es noch nicht. Die Wunderwaffe der Wärmewende im Gebäudebestand ist für mich die Luft-Luft-Wärmepumpe, auch bekannt als Klimagerät. In einem typischen Einfamilienhaus kann man mit der Technik für 5000 Euro schon die Anforderungen des GEG einhalten. Das ist damit die günstigste Wärmepumpe, die man bauen kann. Andere Systeme kosten teils ein Vielfaches. Klimageräte kühlen im Sommer und heizen im Winter.

Klimageräte können Räume im Sommer abkühlen und im Winter beheizen. 
Foto: Christin Klose/dpa | Klimageräte können Räume im Sommer abkühlen und im Winter beheizen. 
Und warum sind sie dann in Deutschland kaum ein Thema?

Herbert: Leider haben die Verbände und Lobbyisten es geschafft, eine Hürde ins Gesetz einzubauen. Da steht jetzt nämlich drin, dass das Zusatzgerät mit der alten Heizung kommunizieren können muss. Da wird es kompliziert – und mit Verlaub: Es ist auch Schmarrn. Klimageräte sind deutlich günstiger und effizienter als Öl oder Gas, sie können alte Heizungen supergut ergänzen.

Gibt es auch einfache Mittel, es im Winter warm zu haben, ohne groß zu investieren?

Herbert: Klar: Energie sparen. Krisen wie der Ukraine- und der Nahostkonflikt führen in der Regel dazu, dass die Energiepreise steigen. Um sich von diesen Krisen unabhängig zu machen, muss man den Bedarf runterfahren. Man kann bis zu einem Drittel des Verbrauchs und der Kosten sparen, ohne dass man auf Komfort verzichten müsste.

Tatataaa: Der Kommissar bläst Energieverschwendern den Marsch.
Foto: Tim Wegner | Tatataaa: Der Kommissar bläst Energieverschwendern den Marsch.
Wie lautet Ihre Strategie?

Herbert: Gehen Sie, wenn Sie Hausbesitzer sind, mal in den Heizungsraum. Jede Heizung hat eine Steuerung. Die Technik ist kein Hexenwerk. Nehmen Sie die Betriebsanleitung Ihrer Heizung zur Hand und optimieren Sie die Einstellungen. Ich habe ein Video mit einer Fotografin namens Theresa gedreht. Die hatte sich nie für ihre Heizung interessiert. Als sie es tat, kriegte sie am Ende der Heizperiode 2000 Euro zurück. Man muss sich nur Zeit nehmen und mit der Steuerung beschäftigen.

Stellt der Heizungsbauer die Anlage nicht so ein, dass sie am effektivsten läuft?

Herbert: Der Heizungsbauer stellt die Steuerung tendenziell immer zu hoch ein, denn er will ja zufriedene Kunden – und die gibt es nur, wenn sie es im Winter schön warm haben. Dass da jede Menge Energie im Schornstein und in Rohren verpufft, ohne je im Heizkörper anzukommen, ist für ihn erst mal zweitrangig.

Allein, indem man einen herkömmlichen gegen einen Sparbrausen-Kopf austauscht, kann man soviel Energie sparen, wie ein Balkonkraftwerk einbringt, sagt Carsten Herbert.
Foto: Hauke-Christian Dittrich | Allein, indem man einen herkömmlichen gegen einen Sparbrausen-Kopf austauscht, kann man soviel Energie sparen, wie ein Balkonkraftwerk einbringt, sagt Carsten Herbert.
Gibt es noch weitere Tricks?

Herbert: Auch eine wunderbar einfache und günstige Maßnahme ist es, eine Sparbrause zu nutzen. Am Duschergebnis ändert sich nichts – aber man kann pro Jahr so viel Energie einsparen, wie ein handelsübliches Balkonsolarkraftwerk produziert, etwa 600 Kilowattstunden. Und da haben wir übers Wasser noch nicht gesprochen! Wir haben 15 Sparbrausen getestet und ein Video über unsere Ergebnisse gedreht.

Wer wird denn da gleich den Kessel umarmen?  Carsten Herbert erklärt, wie es mit der Heizungsoptimierung klappt.
Foto: Tim Wegner | Wer wird denn da gleich den Kessel umarmen? Carsten Herbert erklärt, wie es mit der Heizungsoptimierung klappt.
Und wenn wir eine Nummer größer denken und das ganze Haus energieeffizienter machen wollen?

Herbert: Riesensparpotenzial gibt es bei der Luftdichtheit im Dach. Haben Sie eine Holzinnenverkleidung im Dach? Bei Häusern der 80er-Jahre war das total hipp. Leider hat man damals keine Dampfbremse eingezogen, also keine Folie unter der Verkleidung. Wenn man Gipskartonplatten genutzt hat, ist das okay, aber bei bloßer Holzinnenverkleidung kann die Luft einfach nach außen verschwinden. Dadurch kommt es zu extrem hohem Energieverbrauch. Für Luftdichtheit zu sorgen, ist eine relativ günstige Maßnahme, die aber durchaus 20 Prozent Ersparnis bringt.

In Franken bilden sich vielerorts Bürgergenossenschaften, um Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu betreiben. Was halten Sie davon?

Herbert: Wenn man mit den Flächen sonst nicht viel anfangen kann, kein Problem. Bei landwirtschaftlichen Flächen ist es Quatsch. PV kann man auch auf Dächer bauen – da stört sie niemanden und die Energie entsteht gleich beim Verbraucher statt in der Pampa. Für die Wärmeversorgung von Häusern nutzt Flächen-PV nicht viel, weil wir die maximale Leistung an den kältesten Tagen im Jahr zur Verfügung stellen müssen, mitten im Winter. Wir brauchen also Windkraft, um unsere Häuser in Zukunft beheizen zu können.

Carsten Herbert sagt: Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind nicht in allen Fällen sinnvoll. 
Foto: Axel Heimken/dpa | Carsten Herbert sagt: Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind nicht in allen Fällen sinnvoll. 

Der Kommissar geht um

Carsten Herbert aus dem hessischen Babenhausen ist Energieberater mit Leib und Seele. Mitte der 1990er Jahre hat er die Themen Energie und Energiesparen für sich entdeckt – nach Ausbildungen zum Elektrogerätemechaniker und Energiegeräteelektroniker sowie einem Bauingenieursstudium. Seit 2004 ist er selbstständig.
Zwei Vorträge: Unter dem Motto "Wärmepumpen im Altbau – Schluss mit den Mythen. Durchblicken und Energie sparen!" ist Carsten Herbert zweimal live in Unterfranken zu erleben. Der Verein "We for Future" lädt am Mittwoch, 29. November, ab 19 Uhr auf den Wallochny-Hof ein (Enheimer Steige 8, Marktbreit). Am Donnerstag, 30. November, spricht der Hesse auf Initiative des Unverpacktladens und der Firma ESN ab 18.30 Uhr in 97461 Hofheim/Ufr (Haus des Gastes, Johannisstraße 26). Der Eintritt ist jeweils frei. Infos: www.energiesparkommissar.de
Quelle: ldk
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktbreit
Hofheim
Diana Fuchs
Energie und Heizen
Energieeffizienz und Energieeinsparung
Hauseigentümer
Heizkörper
Hydraulic Fracturing
Krisen
YouTube
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top