
Vergangenen August war Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) da. Zunächst informierte er sich im Rathaus Prosselsheim über die geplante Reaktivierung der Mainschleifenbahn zwischen Astheim und Seligenstadt. Anschließend begab man sich zum fahrenden Objekt, um so richtig Fahrt aufzunehmen: Mit der Mainschleifenbahn machte sich der Tross um den Minister auf den Weg nach Astheim.
Die Stimmung war gut. Ein Tag, der wie gemacht schien für große Versprechen. In der Zeitung stand später, der Minister hätte "den Verantwortlichen in den Landkreisen Kitzingen und Würzburg viel Hoffnung auf eine tatsächliche Umsetzung" gemacht. Der Traum vom Schienenpersonenverkehr – er lebte. Was für eine Vorstellung: In knapp 25 Minuten von Volkach in einem Stück bis zum Würzburger Hauptbahnhof. Da konnte man nur gute Stimmung bekommen. Lediglich das Wetter wollte nicht so richtig zum allgemeinen Strahlen passen – es nieselte vor sich hin.
Inzwischen hängen über dem Reaktivierungsversuch fast ausschließlich dunkle Wolken. Die Anfangseuphorie – weg. Längst hat sich Ernüchterung breit gemacht, hier und da sogar Frust. Vieles fühlt sich gerade so an, als könnten sich jederzeit die Himmelsschleusen öffnen und das Projekt womöglich sogar fortspülen. Ausgeschlossen scheint im Moment jedenfalls nichts mehr.
Wirtschaftsförderer Frank Albert als unfreiwilliger Eisenbahn-Experte
Deutlich wurde dies bei den Haushaltsberatungen des Landkreises. Im Landratsamt tagte vergangenen Dienstag der Verkehrs- und ÖPNV-Ausschuss. Von dem, was einst harmlos als "Wir spucken in die Hände und reaktivieren jetzt mal eben!" anfing, ist nichts mehr geblieben. Gut beschreiben lässt sich die Lage an der Person von Frank Albert. Der ist Sachgebietsleiter Wirtschaftsförderung, Tourismus, ÖPNV und BNE. Eigentlich. Denn tatsächlich dreht sich bei ihm seit geraumer Zeit alles um die Mainschleifenbahn. 80 Prozent seiner Arbeitszeit, so seine Schätzung auf Nachfrage aus dem Gremium, gehen aktuell für die Bahn-Wiederbelebung drauf. Ein unfreiwilliger Eisenbahn-Experte. Mit Schienen hatte der Landkreis bisher jedenfalls nichts am Hut.
Dass der Mann gerade in Arbeit ersäuft, ist einer der Gründe, warum der Landkreis eine weitere Planstelle ausschreibt. Der neue Mann/die neue Frau soll den Großteil der Arbeitszeit ebenfalls in das Reaktivierungsprojekt stecken. Um die Sache irgendwie beherrschbar zu machen, holt man sich zudem von außen Fachfirmen ins Boot.
Reaktivierung der Mainschleifenbahn sprengt den Rahmen
Das Ertrinken in der Bahn-Arbeit wäre vielleicht noch gar nicht mal das Schlimmste für den Abteilungsleiter mit den vielen Aufgaben. Die Reaktivierung sprengt nicht nur seinen Rahmen. Vor allem die Monster-Bürokratie, die Monster-Kosten verursacht, hatte sich so kaum jemand vorstellen können. Der Stoff, aus dem Albträume sind. "Extrem komplex" ist deshalb ein immer wiederkehrender Begriff, wenn Frank Albert über den aktuellen Stand der Dinge berichtet. Er sei derzeit mit 15 Behörden in ständigem Kontakt. Die Mainschleifenbahn als Mammut-Aufgabe. Sogar Umwelt-Untersuchungen sind nötig – wohlgemerkt für eine bestehende Strecke.

Zur Problemlösung trägt das allerdings nicht zwingend bei. Im Gegenteil: Statt immer mehr Klarheiten gibt es immer mehr Fragezeichen – eine bedenkliche Entwicklung. Klar ist deshalb: Es muss sich einiges ändern. Was er da gerade mache, so Albert, könne "kein Dauerzustand" sein. Da funkte einer, das war wohl allen im Gremium klar, mit Nachdruck SOS. Landrätin Tamara Bischof sprang ihm zur Seite und betonte: "Das kann so nicht weiterlaufen!"
Baustelle reiht sich an Baustelle
Zumal die eigentliche Arbeit erst noch kommt: Ein Planfeststellungsverfahren für die gesamte Strecke wird es nicht geben, vielmehr sollen für jede Maßnahme einzelne Anträge gestellt werden. Die Anzahl dieser Anträge bewegt sich laut Albert im zweistelligen Bereich. Zeitgleich gibt es an den Bahnhaltepunkten viel zu erledigen: Von P&R-Parkplätzen bis hin zur Ortsumgehung für Prosselsheim, die obendrein auch noch an dem Projekt hängt, reiht sich Baustelle an Baustelle. Investiert werden muss an allen Bahnhaltepunkten in Astheim, Escherndorf, Eisenheim und Prosselsheim, um den Anforderungen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft zu entsprechen.
Eines der großen Fragezeichen sind die Besitzverhältnisse. Eigentümer der Schienenstrecke ist der Förderverein Mainschleifenbahn. Und der möchte, dass das so bleibt. Was dem Landkreis so gar nicht schmeckt, man wäre gerne selber Eigentümer. Es geht um Millionensummen, da will man auch Herr im Hause sein. Wie sich das Problem lösen lässt, steht noch in den Sternen. Eine Möglichkeit könnte ein Pachtvertrag mit Kaufoption sein. Ob sich die Eigentümer darauf einlassen, ist offen. Der Förderverein will dazu Anfang Mai eine Mitgliederversammlung einberufen. Ausgang: völlig ungewiss.
Die Frage nach den Zuschüssen
Das nächste Fragezeichen: Wird das Projekt überhaupt bezuschusst? Rein theoretisch könnte es vom Staat eine Förderung von bis zu 90 Prozent geben. Allerdings muss vorher eine Nutzen-Kosten-Analyse entsprechend positiv ausfallen. Entspricht die Analyse nicht den Erwartungen, fließt kein Cent. Das Ergebnis der Analyse wird laut Verwaltung Anfang des zweiten Quartals, also vermutlich im April, erwartet. Fließen die Fördergelder, wartet die nächste Hürde: Bis Ende 2023 müssen alle Kosten erbracht und abgerechnet sein. Wie das gehen soll, ist auch gerade eines der großen Rätsel in dieser Geschichte.

Aktuell ist das Kosten-Thema eine einzige Vermutung. Eine Grobschätzung ging zuletzt von Gesamtkosten von 20 bis 25 Millionen Euro aus. Seine Hand ins Feuer legen, dass das auch reicht, würde aktuell wohl niemand.
Wenn es ganz dumm läuft und die Förderungen ausfallen, müssten die Millionen am Ende die Beteiligten an der im vergangenen Mai extra gegründeten Mainschleifenbahn-Infrastruktur-GmbH (MIG) zahlen, also die Landkreise Kitzingen und Würzburg sowie die Anrainerkommunen Volkach, Eisenheim und Prosselsheim und der Förderverein Mainschleifenbahn. Dass das passiert, gilt allerdings als nahezu ausgeschlossen. Das Projekt wäre dann schlichtweg gescheitert.
Noch wird alles versucht, um das zu verhindern. Das Verbreiten von Optimismus fällt allerdings nicht nur bei den Haushaltsberatungen im Kitzinger Landratsamt schwer. Zumal die Ausgaben zunehmend ins Gewicht fallen: Die MIG nahm Ende 2022 ein Darlehen über 634.000 Euro auf, um im Jahr 2023 liquide zu sein.
Dafür tauchen mehr und mehr schlechte Nachrichten auf. Eine betrifft die Zeitachse: Der Startschuss für die Anbindung wurde inzwischen von Dezember 2026 auf Dezember 2027 verschoben. Der DB-Anschluss im Prosselsheimer Ortsteil Seligenstadt in Richtung Würzburg und Schweinfurt muss also ein weiteres Jahr warten. Mindestens.
Und: Wegen der strittigen Eigentumsverhältnisse werden – bis der Förderverein im Mai tagt – keine weiteren Aufträge mehr erteilt, hier läuft derzeit alles auf Sparflamme. Aus dem leichten Nieseln ist längst ein Starkregen geworden.
Franken wird (und das auch nur in Zeiten des Wahlkampfs) mit billiger CSU Propaganda, vorwiegend aus dem Mund Söders abgespeist. Solange die Bevölkerung das akzeptiert, wird sich nichts ändern.
Mit selbstfahrenden Autos werden Sie das Transportproblem absurd in Dörfern und Kleinstadt lösen können.
Sogar selbst fahrende Busse, die es auf absehbare Zeiten nicht geben wird, können Transportprobleme in Städten nicht lösen.
China und Japan setzen verstärkt auf Bahnen. Wollen Sie behaupten, dass diese Länder rückständig sind?
Busse haben wesentlich weniger Kapazität als Bahnen und nur eine halb so lange Haltbarkeit.
Der Engpass ist künftig aber eher das Fahrpersonal. Wo sollen denn doppelt so viele Fahrer herkommen wenn Busse statt Bahnen rollen sollen?
werden weiterhin in alle möglichen und mehr oder weniger sinnvollen Autobahn Projekten versenkt. Riesige Autobahnkreuze wie Fürth/ Erlangen oder Overflies, wie aktuell am Autobahnkreuz A6/A9.
Da fragt kein Verantwortlicher nach der Finanzierbarkeit.
Warum wohl, weil die Lobbyisten der Autoindustrie eben erfolgreich die maßgeblichen Politiker schmieren (können).
Vorhaben einer bestimmten Größenordnung gelingen wohl nur, wenn die hohe Politik sie beschlossen hat und dann auf Gedeih und Verderb durchzieht. Dann spielt auch weder Geld noch Zeit eine Rolle.
in Stuttgart hat die Politik die Bahn in das Projekt Stuttgart 21 gejagt, und jetzt will niemand für den - von vorneherein absehbaren - Mehraufwand bezahlen.
In München hat die Politik das Projekt S-Bahn-Stammstrecke bestellt und wundersamerweise sind (auch) dort die Kosten explodiert.
Das bedeutet, die Politik muss erstmal für München (und Stuttgart) bezahlen, und für Dunkelniederfranken bleibt keine Knete übrig (wie über "die Opposition" aus München durchsickert, ist zumindest in keinem Plan für die nähere Zukunft welche vorgesehen).
Man will offenbar alles unternehmen, das Projekt entweder bis zum St-Nimmerleinstag hinauszuzögern oder - hilfsweise - bis die anderen Beteiligten genervt das Handtuch werfen.
Aufgrund der Altersstruktur sowohl der Ehrenamtlichen als auch des Fahrzeuges steht mMn zu befürchten, dass dann im Laufe dieses Jahrzehntes auch am Wochenende Schluss ist mit Bahn und die Bahnabbauer mit ca. 30 Jahren Verspätung am Ziel sind.
Das Geld bei der Bahn reicht hinten und vorne nicht für die wichtigeren Projekte wie IT, Barrierefreiheit, Bahnhofgebäude Sanierung.
Un dann ist doch tausendfach bewiesen, dass sich bis zur Fertigstellung die Kosten zumindest verdoppeln.
Was will uns das Sagen? Ganz einfach: die Politik WILL in Wirklichkeit diese Strecke gar nicht in Betrieb nehmen, und sucht jetzt nur billigen Vorwänden, das Projekt scheitern zu lassen!
jede/r (insbesondere auch "die Wirtschaft") will halt eine warme Bude, da muss man eben ein paar Abstriche beim ÖPNV machen und weiter den Klimawandel anheizen...
Man hat zu viel Hoffnungen gemacht und keiner hat über die Prozesse nachgedacht .
Der Förderverein ist Eigentümer , der Staat und der Landkreis sollen zahlen .
Dann noch die vielen Bürokratiehürden und Stellen , wo alle ihre Meinung kund tun
und auch noch gehört werden wollen .
Jetzt braucht man noch mehr Personal , die Kosten steigen und zuletzt wird alles in den
Sand gesetzt weil keiner die Verantwortung und das Minus tragen will.